Donnerstag 29 August 2019, 07:00

WM-Abwesenheit kein Hindernis für Hegerberg

  • Ada Hegerberg ist die einzige Nominierte, die bei der WM 2019 in Frankreich nicht dabei war

  • Sie hat ihre Abwesenheit mit beachtlichen Leistungen auf individueller und Vereinsebene ausgeglichen

  • Die Norwegerin belegte 2018 den dritten Platz

Im Frauenfussball ist es zur Tradition geworden, dass individuelle Auszeichnungen in den Jahren der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ an die Spielerinnen gehen, die beim Turnier geglänzt haben – eigentlich auch logisch. Bei der WM 2015 erhielt Carli Lloyd den Goldenen Ball und wurde im Anschluss FIFA-Weltfussballerin des Jahres. Gleiches gilt für Homare Sawa, Marta und Birgit Prinz, die 2011, 2007 bzw. 2003 ebenfalls den Goldenen Ball erhielten und darüber hinaus noch den Goldenen Schuh.

Dieses Jahr könnte es jedoch eine Ausnahme von dieser Regel geben, denn Ada Hegerberg darf sich durchaus Chancen auf die prestigeträchtige Auszeichnung ausrechnen, obwohl sie bei der WM 2019 in Frankreich nur eine Zuschauerrolle hatte. Die 23-jährige Norwegerin zählt zweifellos zu den besten Spielerinnen und Torjägerinnen der Welt und ist darüber hinaus eine der bekanntesten Akteurinnen des Frauenfussballs mit einer höheren Medienpräsenz als die meisten ihrer Kolleginnen. Sie ist eine Gigantin des Frauenfussballs und kann außerdem auf eine herausragende Saison zurückblicken.

Im Geiste dabei

Nach einer enttäuschenden UEFA EURO der Frauen 2017 – sowohl für Norwegen als auch für Hegerberg persönlich – beschloss sie, sich aus der Nationalmannschaft zurückzuziehen und war nicht dabei, als die Gresshoppene sich dieses Jahr in Frankreich mit den besten Teams der Welt maßen. Unter der Führung von Caroline Graham Hansen, die sich in absoluter Topform präsentierte und mit einer Nominierung für die Auszeichnung The Best – FIFA-Weltfussballerin 2019 belohnt wurde, spielten die Skandinavierinnen ein starkes Turnier und zogen ins Viertelfinale ein. Dort mussten sie sich gegen das englische Team mit Starspielerin Lucy Bronze geschlagen geben.

Hegerbergs Abwesenheit sorgte allerdings dafür, dass die norwegischen Fans sich eine Frage stellten, die auf der Hand lag: Wie weit hätte das Team wohl kommen können, wenn sie dabei gewesen wäre? Die Antwort werden wir nie erfahren, obwohl die Stürmerin keine Gelegenheit ausließ, ihren ehemaligen Teamkameradinnen den Rücken zu stärken, vor allem in ihrer Rolle als Expertin im französischen Fernsehen.

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Schuss – Tor

Frage: Was hat Hegerberg mit Fussball-Legenden wie Gerd Müller (Deutschland), Sándor Kocsis (Ungarn), Just Fontaine (Frankreich), Gunnar Nordahl (Schweden) und Leonidas da Silva (Brasilien) gemein? Antwort: Sie alle haben mehr Länderspieltore als Einsätze auf dem Konto. Tatsächlich kann Hegerberg sogar in ihrer gesamten Karriere durchschnittlich mehr als ein Tor pro Spiel verbuchen, nicht nur auf Länderspielebene. Insgesamt erzielte sie 261 Treffer in nur 254 Spielen.

Ihre Torgefährlichkeit stellte sie in der Saison 2018/19 erneut eindrucksvoll unter Beweis. Für Olympique Lyon, wo sie sich die Angriffspflichten mit weiteren Routiniers ihrer Zunft teilt, und zwar mit so großen Namen wie Eugénie Le Sommer, Delphine Cascarino, Dzsenifer Marozsán, Shanice van de Sanden, Amandine Henry und Wendie Renard, erzielte sie in der französischen Liga 20 Tore in 20 Spielen. Als Zugabe markierte sie auch noch sieben Treffer in neun Spielen der UEFA Champions League der Frauen und zwei in drei Spielen des französischen Pokalwettbewerbs.

Vom Double zum Triple

In der Saison 2017/18 legte Hegerberg die Messlatte hoch, als sie sich das Double aus französischer Liga und Champions League sicherte und auf europäischem Parkett einen 15-Tore-Rekord landete. In der Folge belegte sie im Rennen um die Auszeichnung The Best – FIFA-Weltfussballerin 2018 am Ende den dritten Platz und wurde mit dem ersten Ballon d'Or in der Geschichte des Frauenfussballs ausgezeichnet.

In der folgenden Saison stand sie nun vor der Herausforderung, es noch besser machen zu wollen. Tatsächlich ist es ihr gelungen, den sie verhalf Olympique Lyon zum Triple als der französische Spitzenklub ein weiteres Mal die Liga und die Champions League und darüber hinaus noch den Coupe de France gewann. Nachdem sie bereits in der vorherigen Saison mit ihrem Torrekord auf europäischer Ebene in die Geschichte eingegangen war, konnte sie in dieser Saison einen weiteren Meilenstein verbuchen. Im Finale der Champions League 2019 gegen den FC Barcelona gelang ihr nämlich ein Hattrick. Die Norwegerin ist erst die zweite Spielerin, die im Finale des Turniers drei Treffer erzielen konnte. Vor ihr gelang dies nur der deutschen Stürmerin Inka Grings, und zwar 2009 für den MSV Duisburg.

Neuland?

Wie eingangs bereits erwähnt, wird Hegerberg mit der Tradition brechen müssen, wenn sie die Auszeichnung The Best – FIFA-Weltfussballerin in einem Jahr gewinnen will, in dem sie nicht auf der Weltbühne vertreten war. Darüber hinaus stand jede einzelne Spielerin, die in den Jahren 2003, 2007, 2011 und 2015 den Sprung unter die ersten Drei schaffte, in dem entsprechenden Jahr bei der WM auf dem Platz.

2003 setzte sich Birgit Prinz gegen die legendäre Mia Hamm und Hannah Ljungberg durch. Vier Jahre später hatte Marta die Nase vorn vor Prinz und Cristiane. 2011 erhielt Homare Sawa die Auszeichnung und verwies Marta und Abby Wambach auf die Plätze 2 und 3. Und 2015 kletterte schließlich Carly Lloyd vor Célia Šašic und Aya Miyama aufs Podest.

Selbst ein Podestplatz wäre für Hegerberg 2019 daher bereits ein großer Erfolg. Doch schließlich haben wir es hier mit einer Spielerin zu tun, die es gewohnt ist, unwahrscheinliche Dinge zu erreichen.

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