Freitag 30 August 2019, 13:19

Sabella: "Gallardo, Gareca und Pochettino haben es verdient"

  • FIFA.com sprach mit Alejandro Sabella über das argentinische Trio

  • Der ehemalige Nationaltrainer hat mit allen dreien Berührungspunkte

  • Sabella: "Als Argentinier bin ich sehr stolz auf sie"

Unter den zehn Nominierten für die Auszeichnung The Best – FIFA-Welttrainer – Männer 2019 sind drei Argentinier. Das hat es seit Bestehen der Auszeichnung noch nie gegeben.

Im Einzelnen handelt es sich um Mauricio Pochettino, der bei vier Auflagen bereits zum dritten Mal nominiert ist, sowie um die Debütanten Marcelo Gallardo und Ricardo Gareca.

FIFA.com hat Alejandro Sabella eingeladen, über das Erfolgstrio zu sprechen. Er selbst war 2014 für die Auszeichnung zum FIFA-Welttrainer nominiert, nachdem er mit Argentinien ins Finale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien eingezogen war.

"Für jemanden, der Argentinier ist und selbst Spieler und Trainer war, ist das ein großer Stolz. Und sie haben es wirklich verdient", meint Sabella, der mit allen dreien Berührungspunkte hat.

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Gallardo: wie "Magic Johnson" bei den Lakers

Sabella kennt El Muñeco gut, denn er hat ihm 1991 im Alter von 15 Jahren zum Debüt bei CA River Plate verholfen.

"Direkt nachdem ich das Amt bei River übernommen hatte, wies man mich auf einen gewissen Gallardo hin, der in der U-14 spielte. Aber ich habe den Verantwortlichen gesagt, er sei noch zu jung. Ich habe ihn mir erst Ende des Jahres angesehen, am letzten Spieltag seiner Liga. Gleich bei seiner ersten Ballberührung wurde mir bewusst, dass er etwas Besonderes war. Er spielte, als wäre er bereits 30!"

"Marcelo war für mich das, was Magic Johnson für die Lakers war: ein Spielmacher, ein Spielgestalter", so Sabella weiter. "Deshalb habe ich einmal gesagt: 'Wenn Sie etwas über den Fussball wissen möchten, müssen Sie nur in Gallardos Kopf schauen. Dort finden Sie ein illustriertes Handbuch.'

Sabella hat damals noch nicht voraussehen können, dass einmal ein guter Trainer aus Gallardo werden würde, doch rückblickend verfügte er bereits in jungen Jahren über alle erforderlichen Eigenschaften. "Er war ein Zehner mit Spielintelligenz, und die sind in der Regel gute Trainer. Er hatte schon immer die Übersicht, für die er heute so gelobt wird."

Darüber hinaus hatte er auf dem Platz eine Stimme und Führungsqualitäten, Fähigkeiten, die ihm auch bei seinen Schützlingen zugutekommen. Das stellte er in der entscheidenden Phase der Copa Libertadores 2018 insbesondere im Halbfinale gegen Grêmio Porto Alegre und im Finale gegen die Boca Juniors unter Beweis.

"Deshalb schafft er es, dass sie ihre mentale Stärke und Motivation aufrechterhalten, konzentriert und mit gleicher Intensität weiterspielen und ihr inneres Feuer nicht erlischt. Das ist schwer zu erreichen."

Außerdem zollt er dem Trainer von River Plate Anerkennung für seine "Fähigkeit, neu anzusetzen, immer einen Plan B und Plan C zu haben. Und dafür, dass er von sich selbst viel fordert, um später auch von den Spielern viel fordern zu können."

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Gareca: Respekt vor Kenntnissen

Sabella und Gareca waren zunächst Teamkameraden in der Nationalmannschaft. "Ich kann nicht sagen, dass ich mir damals schon gedacht habe, dass er einmal Trainer wird, aber es gab schon Hinweise darauf."

"Zum einen war da der Respekt, den er sich mit seiner Persönlichkeit und Präsenz verschafft hat. Zum anderen war er ein Neuner mit taktischer Intelligenz, der es verstand, zur rechten Zeit in die freien Räume vorzustoßen. Da deutet auch auf einen angehenden Trainer hin."

Seiner Meinung nach geht Gareca auch beim Konzipieren seiner Teams von dieser Position aus. "Auch als Trainer hat er nie aufgehört, sich als Mittelstürmer zu fühlen und das gegnerische Tor vor Augen zu haben. Seine Mannschaften überzeugen mit guter Ballbehandlung und viel Zug zum Tor."

Davon konnte Sabella sich 2010 überzeugen, als beide bereits bei rivalisierenden Klubs tätig waren. Damals belegte Gareca mit Vélez Sarsfield den zweiten Platz hinter Sabellas Estudiantes, und zwar mit der zweithöchsten Punktzahl, die ein Zweitplatzierter seit Bestehen der argentinischen Kurzturniere je hatte.

"Durch dieses Team von Vélez hat unser Erfolg noch an Bedeutung gewonnen. Damals habe ich noch mehr Respekt vor ihm bekommen – als Person und aufgrund seiner Fussballkenntnis."

Sabella bewundert darüber hinaus, wie es Gareca gelungen ist, "sich auf die Rolle des Nationaltrainers einzustellen, die sich erheblich von der eines Vereinstrainers unterscheidet, ohne dabei seine Linie zu verlieren."

Außerdem hebt er Garecas Führungsstärke hervor, mit der es ihm gelungen sei, die peruanischen Spieler zu überzeugen, ihre Leistung zu steigern und eine Hierarchie zu schaffen.

Als Beispiel nennt er die Copa América 2019, bei der Peru in der Gruppenphase 1:6 gegen Brasilien unterlag und dann doch noch ins Finale einzog, wo man den Brasilianern diesmal das Leben schwer machte.

"Es wurde deutlich, dass die Mannschaft in technischer und taktischer Hinsicht viel gelernt hatte, aber auch, dass er es versteht, das Selbstbewusstsein der Spieler zu stärken. Er hat sie besser gemacht."

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Pochettino: ein Baumeister mit einer unglaublichen Vision

Sabella hat Pochettino nie trainiert und ihm auch nie auf dem Platz gegenübergestanden. Doch als einer der ersten Argentinier, die Ende der 1970er Jahre in England gespielt haben, weiß er, was es bedeutet, dort Erfolg zu haben.

"Er ist erfolgreich, obwohl er keine Titel gewinnt, und das überrascht mich nicht: Als Trainer der Nationalmannschaft habe ich ihn besucht, als er Trainer bei Espanyol Barcelona war, und ich hatte einen hervorragenden Eindruck."

"Ich bin eigentlich eher zurückhaltend, aber ich habe sechs Stunden über Fussball geredet. Er ging ganz in seiner Arbeit auf, war unglaublich akribisch und gewissenhaft und hatte eine offene Denkweise.“

Er betont: "Er hat bei dem Klub angefangen, bei dem er zuletzt gespielt hat. Das zeugt von einer starken Persönlichkeit, Führungsstärke, Kenntnissen und Professionalität. Das sollte man nicht vergessen."

Es überrascht ihn nicht, dass sein Sprungbrett in England Southampton war, ein Klub, bei dem die Ausbildung von Talenten groß geschrieben wird.

"Pochettino hat die Fähigkeit, anderen etwas beizubringen, geduldig zu sein. Durch seine Arbeit mit dem Nachwuchs dort und bei Tottenham hat er durchaus einen kleinen Anteil am derzeitigen Erfolg des englischen Fussballs."

Darüber hinaus hebt er seinen guten Draht zu den Spielern hervor. "Du schaffst es nicht, zwei Spielserien zu drehen, wie es ihm in der Champions League gegen Manchester City und Ajax Amsterdam gelungen ist, wenn du die Spieler nicht wirklich mitreißt."

Laut Sabella ist Pochettino "ein Baumeister mit einer unglaublichen Vision, der es mit seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit schafft, andere anzustecken."

"Was er bei Tottenham geleistet hat, ist vergleichbar mit der Leistung Simeones bei Atlético Madrid. Er hat die Flamme des Klubs wieder entfacht, es wie ein Manager verstanden, die Ressourcen zu verwalten, und einen Erfolgskreislauf geschaffen."