Donnerstag 29 August 2019, 07:41

De Boer: "Matthijs und Frenkie waren immer etwas Besonderes"

  • Frenkie de Jong und Matthijs de Ligt sind als The Best - FIFA-Weltfussballer nominiert

  • Ronald de Boer kennt beide noch aus dem Nachwuchsleistungszentrum von Ajax Amsterdam

  • Die niederländische Legende spricht bei FIFA.com über die Qualitäten, die beide Spieler auszeichnen

Wenn es um eine Einschätzung von Frenkie de Jong und Matthijs de Ligt geht, ist wohl kaum jemand so berufen wie Ronald de Boer.

Das liegt auch daran, dass die Ajax-Legende viel mit beiden Spielern gemein hat. Auch de Boer gehörte einst zu einer umjubelten Generation, die die UEFA Champions League aufmischte und der lahmenden niederländischen Nationalmannschaft wieder Beine machte. Und wie de Jong wechselte auch de Boer zum FC Barcelona.

De Boer kann sich aber nicht nur wegen solcher Gemeinsamkeiten mit den beiden heute für die Auszeichnung als The Best - FIFA-Weltfussballer Nominierten identifizieren. Vor allen Dingen hat er ihre Entwicklung verfolgt und maßgeblich gestaltet.

In seiner Funktion als Assistenztrainer bei Ajax A1 – der ersten Mannschaft der berühmten Amsterdamer Nachwuchsakademie – erlebte er den kometenhaften Aufstieg des Duos zu weltweit begehrten Fussballstars, für deren Wechsel viel Geld ausgegeben wird, hautnah. Nun ist es durchaus keine Seltenheit, dass bei Ajax Talente ihren Durchbruch schaffen, aber bei de Ligt und de Jong hat es den Anschein, als hätten sie immer herausgeragt.

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"Matthijs und Frenkie waren immer etwas Besonderes", erzählt de Boer bei FIFA.com. "Matthijs' Reife konnte man schon sehen, als er noch 17 war und in der zweiten Mannschaft gespielt hat.

Frenkie spielte in dieser zweiten Mannschaft von Ajax im Mittelfeld zusammen mit Donny van de Beek und Abdelhak Nouri. Die Zuschauer kamen, allein um dieses Mittelfeld zu sehen. Manche sagten, sie hatten an der zweiten Mannschaft mehr Freude als an der ersten. Das technische Niveau war einfach unfassbar, und Frenkie war der Dreh- und Angelpunkt all dessen."

"Technik", betont de Boer weiter, "ist bei Ajax immer ganz wichtig. Wir setzen voraus, dass all unsere Spieler eine erstklassige Technik haben – auch die Verteidiger. Sowohl de Ligt als auch de Jong erfüllen diese Voraussetzung selbstverständlich und haben obendrein noch weitere Qualitäten, die sie als Ajax-Spieler auszeichnen. Übersicht, Beidfüßigkeit, Intelligenz; sie wollen immer agieren statt reagieren. Das haben sie gemeinsam und das macht sie besonders."

De Boer ist also ausgesprochen angetan von de Ligt und de Jong. Aber dass beide – mit 19 bzw. 21 Jahren – in der vergangenen Saison die UEFA Champions League und Nations League im Sturm erobern würden, hat auch er nicht vorhergesehen.

"Ob ich überrascht war, wie gut sie gespielt haben? Ehrlich gesagt ja. Aber ich denke, die Jungs haben sich selbst überrascht", sagt er. "Ich halte große Stücke auf sie, weil sie neben Talent auch die richtige Einstellung mitbringen. Aber war zu erwarten, dass sie mit Ajax derart in der Champions League auftrumpfen oder so früh schon die Nationalmannschaft verstärken? Für mich wäre das zu viel des Guten gewesen."

Doch Tatsache ist, de Boer konnte buchstäblich zusehen, wie das Duo im Saisonverlauf zulegte. "Sie wurden immer besser", befindet er. Das steigende Selbstbewusstsein mit jedem bestandenen Härtetest zu sehen, erinnerte de Boer an die Zeit, als er selbst – zusammen mit seinem Bruder Frank, Patrick Kluivert, Edgar Davids, Clarence Seedorf und anderen – die Fussballwelt mit dem Gewinn der UEFA Champions League verblüffte.

"1995 hatten wir auch nur zwei erfahrene Spieler: Frank Rijkaard und Danny Blind. Und jedes Mal, wenn wir gegen eine große Mannschaft antreten mussten, dachten wir: 'Wow, was für ein toller Gegner!'", so de Boer. "Dann haben wir gegen diese Mannschaft gespielt, gewonnen und daraus den Schluss gezogen: 'Okay, sie sind toll, aber vielleicht sind wir noch toller.' Diese Überzeugung habe ich vergangene Spielzeit bei de Ligt und de Jong und anderen wachsen sehen, und das war fantastisch."

Als klar wurde, dass Ajax' jüngste Aushängeschilder Europas Topklubs auf den Plan gerufen hatten und nicht mehr zu halten sein würden, legte de Boer ihnen einen ganz bestimmten Wechsel ans Herz. Er machte sich öffentlich für einen Transfer von Amsterdam nach Barcelona stark. Die ähnliche Spielweise würde die Eingewöhnung einfacher machen, erklärte er.

De Jong beherzigte diesen Rat bekanntlich, während de Ligt einen Wechsel zu Juventus Turin bevorzugte – und zum Saisonauftakt in der Serie A am Wochenende prompt nur auf der Bank saß. Befürchtet de Boer also einen Karriereknick des jungen Innenverteidigers in Italien?

"Um de Ligt mache ich mir überhaupt keine Sorgen", stellt de Boer sogleich klar. "In meinen Augen ist er ein Spieler, der sich in jeder Mannschaft und in jedem System zurechtfindet. Er ist noch jung und er wird Fehler machen, aber er hat enorm viel Qualität. Auch wenn er sich am Anfang vielleicht noch schwer tut – das war in seinen ersten Monaten bei Ajax genauso. Für Juve ist er eine tolle Neuverpflichtung. Da gehe ich jede Wette ein."

Man nimmt de Boer ab, dass er sich dieser angebotenen Wette sehr sicher ist. Ab jetzt folgt die Fussballwelt der Karriere von de Ligt und de Jong mit derselben Spannung wie einst der von Kluivert, Seedorf und den de Boers.

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