Donnerstag 19 November 2020, 07:09

Vier Inseln, ein Traum - die Komoren

  • In unserer Serie "Das globale Spiel" nehmen wir den Fussball auf den Komoren unter die Lupe

  • Die Inselgruppe ist nah an einer ersten Qualifikation für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal

  • Überraschung? Nicht wirklich, glaubt Kapitän Nadjim Abdou

Es gibt Erfolge, die kostbarer sind als andere. Der 2:1-Sieg, den die Komoren am 15. November gegen Kenia eingefahren haben, ist unbezahlbar. Danach belegt das Team nämlich in Gruppe G der Qualifikation für die nächste Auflage des CAF Afrikanischen Nationen-Pokals punktgleich mit Tabellenführer Ägypten den zweiten Platz. Die Komoren haben noch nie am Nationen-Pokal oder einem anderen großen Turnier teilgenommen, doch jetzt ist der Traum zum Greifen nah.

"Uns ist bewusst, dass es langsam gut aussieht. Wir werden ruhig und konzentriert bleiben, denn jetzt gilt es, den einen Punkt zu holen, der uns noch fehlt", erklärt Kapitän Nadjim Abdou am Mikrofon von FIFA.com. "Trotzdem können wir nicht bestreiten, dass wir uns [über diesen Erfolg] freuen. Wir haben einen großen Schritt in Richtung Ziel gemacht, und das müssen wir auch genießen."

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Das ist verständlich. Für das Archipel mit 800.000 Einwohnern, das sich vor der Ostküste Afrikas im Indischen Ozean befindet, wäre die Qualifikation wirklich eine Heldentat. Noch vor sechs Jahren waren die Insulaner in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste irgendwo rund um den 200. Platz angesiedelt. Eine Teilnahme am Nationen-Pokal war damals absolut unvorstellbar. Jetzt sieht das ganz anders aus.

"Ich wurde 2010 zum ersten Mal in die Nationalmannschaft berufen. Damals war das Ziel, unser Land so gut wie möglich zu repräsentieren, und damit hatte es sich im Großen und Ganzen auch", erklärt Abdou. "Später haben wir dann mit unseren Waffen gekämpft, unsere Werte eingebracht und im Laufe der Jahre gelernt, das Beste aus uns herauszuholen. Unser Trainer Amir Abdou hat dem Team seinen Stempel aufgedrückt und unserem Spiel eine Identität gegeben. Heute sind wir ein ausgereiftes Team. Daher ist es für mich keine Überraschung, dass wir jetzt auf diesem Niveau spielen. Wir ernten nur die Früchte dessen, was wir gesät haben."

Hätten Sie's gewusst?

Amir Abdou war Trainer eines Teams der sechsten französischen Liga, nämlich Entente Golfech-Saint-Paul d'Espis, als der Fussballverband der Komoren ihn kontaktierte.

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In der Einheit liegt die Kraft

Hinter diesem vielversprechenden Nationalteam steht ein ehrgeiziger Fussballverband, der der FIFA erst 2005 beigetreten ist und viel Vorarbeit geleistet hat. Die erste Aufgabe war es, ein Land zu einen, das manchmal diplomatisch, auf jeden Fall aber geographisch geteilt ist, da es aus vier Inseln besteht: Anjouan, Mohéli, Grande Comore und Mayotte. Diese Mission ist auf jeden Fall geglückt.

Im aktuellen Nationalteam gibt es keine echten Stars. Außerdem haben alle Spieler die doppelte Staatsbürgerschaft, die meisten von ihnen wurden als Kinder komorischer Eltern in Frankreich geboren und sind in Ligen außerhalb der Komoren aktiv. Doch in diesem Team herrscht großer Zusammenhalt, und das ist zweifellos eines der Erfolgsgeheimnisse.

"Die Nationalmannschaft ist ein perfektes Spiegelbild unseres Landes. Sie beweist, dass die Kraft in der Einheit liegt. Sie setzt sich aus Spielern von allen vier Inseln zusammen. Alle Farben unserer Flagge sind in ihr vertreten. Das schweißt zusammen", fügt der 36-jährige Mittelfeldspieler hinzu. "Wenn das Nationalteam spielt, kommt das Leben auf dem Archipel zum Stillstand. Papas, Mamas, Großmütter und Großväter, Kinder... einfach alle stehen hinter der Nationalmannschaft und erwarten, dass wir sie so gut wie möglich repräsentieren. Kurz: Es gibt vielleicht vier Inseln, aber nur ein Nationalteam!"

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Die Reise zu den Komoren ist lang, aber sie lohnt sich. Das Land ist zwar arm, doch die Komoraner haben viel zu geben. Sie sind unglaublich gastfreundlich und auf menschlicher Ebene wahnsinnig reich. Machen Sie sich auf den Weg! Sie werden es nicht b...
Nadjim Abdou

Der Fussball ist auf den vier Inseln die Sportart Nummer eins. Auf jeder Insel wird eine Meisterschaft ausgetragen, auch wenn der Meister der Komoren in einem Finalturnier ermittelt wird, an dem nur die Meister von drei Inseln teilnehmen, nämlich Grande Comore, Mohéli und Anjouan. Doch wenn es um das Nationalteam geht, gibt es keinerlei Konkurrenzdenken.

"Die Komoren sind ein kleines Land mit einer riesigen Fussballbegeisterung. Ich wage noch gar nicht, mir vorzustellen, welche Freude bei einer Qualifikation für den Nationen-Pokal auf dem gesamten Archipel ausbrechen würde. Das wäre der Wahnsinn", meint Nadjim Abdou und kommt zu folgendem Schluss: "Die Qualifikation für den Nationen-Pokal wäre ein riesiges Geschenk für unsere Brüder, für diese Menschen, die nur darauf warten. Wir spielen für sie!"

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