Montag 20 Juni 2016, 23:22

Tite neuer Trainer von Brasilien

Adenor Leonardo Bachi, besser bekannt als Tite, ist der neue Trainer der brasilianischen Nationalmannschaft. Dies wurde vom brasilianischen Fussballverband (CBF) am Montag, 20. Juni, anlässlich einer Pressekonferenz unter dem Vorsitz des Verbandspräsidenten Marco Polo del Nero offiziell bestätigt.

"Man hat mich gebeten, Nationaltrainer zu werden, und ich denke, ich kann an dieser Stelle den besten Beitrag leisten, indem ich die Worte in die Tat umsetze, von denen ich mich während meines ganzen Lebens und meiner gesamten Karriere leiten lassen habe: Transparenz, Demokratisierung, Vortrefflichkeit und Modernität Wir möchten, dass die Seleção wächst, sich entwickelt… Das ist eine sehr große Verantwortung", so Tite, kurz nachdem Del Nero ihm ein gelbgrünes Nationaltrikot überreicht hatte.

Gerüchte über seinen Amtsantritt kursierten bereits seit dem 14. Juni, gleich nachdem der CBF das Arbeitsverhältnis mit Dunga für beendet erklärt hatte. Am Freitag fehlte dann nur noch die offizielle Bestätigung durch den CBF, denn selbst die Mutter des neuen Trainers hatte bereits ihre Begeisterung über die Nominierung des Sohnes zum Ausdruck gebracht.

Der 56-jährige Tite beendet seine Tätigkeit für Corinthians São Paulo, nachdem er mit dem Klub 2015 zum zweiten Mal den brasilianischen Meistertitel gewonnen hatte. Nun erlebt er nach eigenen Angaben "den besten Augenblick seiner Karriere". Gemeinsam mit ihm verlassen zwei seiner Mitarbeiter, nämlich sein Sohn Matheus Bachi und Cléber Xavier den Klub, sowie der sportliche Leiter Eduardo Gaspar, der neuer Koordinator der Nationalmannschaft wird.

Russland oberste Priorität Auf den Schultern Tites lastet nun die Verantwortung, die brasilianische Nationalmannschaft wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Das Team enttäuschte nicht nur bei der Copa Amércia Centenario, sondern rangiert in der Südamerika-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ lediglich auf dem sechsten Platz. Damit wäre Brasilien weder direkt für die WM noch für die Playoff-Runde qualifiziert.

"Unser Ziel ist die Qualifikation für die WM, und natürlich ist es erreichbar. Darauf arbeiten wir hin. Allerdings müssen wir akzeptieren, dass das Risiko besteht, dieses Ziel nicht zu erreichen. Wenn wir das nicht täten, würden wir die Augen vor der Realität verschließen. Aber wir werden Umstellungen vornehmen und hoffen auf eine Leistungssteigerung, damit die Mannschaft es schafft", betonte er.

Aus diesem Grund wird Tite sich nicht um die Auswahl kümmern, die beim Olympischen Fussballturnier Rio de Janeiro 2016 antritt, obwohl auch Neymar zum Kader gehört. Diese Aufgabe übernimmt Rogério Micale, der zuvor für die U-20-Auswahl verantwortlich war.

"Ich sage ganz deutlich, dass die WM-Qualifikation und die nächsten beiden Qualifikationsspiele absolute Priorität haben. Das ist unser Ziel. Ich muss mich so schnell wie möglich mit der Situation vertraut machen. Außerdem gibt es Leute, die bereits seit anderthalb Jahren mit dieser Auswahl arbeiten."

Werdegang eines Pragmatikers** **Tite war zu seiner aktiven Zeit ein intelligenter defensiver Mittelfeldspieler, der seine Profikarriere 1989 nach elf Spielzeiten beendete. Nur ein Jahr später startete er seine Trainerlaufbahn bei Grêmio Atlético Guarany.

Tite ist für seine Geradlinigkeit, seine strikte Berufsethik und seinen schnörkellosen Umgang mit den Spielern bekannt. Sein Name war auch in der Vergangenheit schon häufig im Zusammenhang mit dem Posten gefallen, doch er hatte sich immer geweigert, Gespräche mit der brasilianischen Führung aufzunehmen, solange ein Kollege im Amt war.

Tite ist Verfechter einer praktischen, effektiven Spielweise und baut seine Teams in der Regel von hinten nach vorn auf. Dennoch hat er das schöne Spiel nie außer Acht gelassen und Beziehungen zu Trainern unterschiedlicher Spielphilosophien aufgebaut. Unter anderem hat er sich vor Ort eingehend mit der Trainingsarbeit von Carlos Bianchi bei den Boca Juniors, Arsène Wenger beim FC Arsenal und Carlo Ancelotti bei Real Madrid beschäftigt.

Seine einzige Erfahrung außerhalb Brasiliens waren zwei kurze Zwischenspiele als Trainer von Al Ain (2007) und Al-Wahda (2010) in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Erfolgsgeheimnisse Seine durchschlagendsten Erfolge feierte Tite am Ruder von Corinthians, wo er 2010 eine problembehaftete Mannschaft übernahm und mit ihr 2011 die hart umkämpfte brasilianische Meisterschaft gewann.

"Wenn Sie eine Mannschaft haben, in der die Spieler in erster Linie an sich selbst denken, dann ist das der erste Schritt zum Misserfolg. Aber wenn man viel Wert auf Mannschaftsdienlichkeit legt, heißt das nicht, dass die einzelnen Spieler nicht in Erscheinung treten. Sie haben verstanden, dass sie mit solidarischen Auftritten eine siegreiche Mannschaft auf die Beine stellen können, in der jeder die Chance hat, zu glänzen.", erklärte Tite damals nach dem Titelgewinn gegenüber FIFA.com.

Das war der Beginn einer glanzvollen Zeit für das Team aus São Paulo, das 2012 unbesiegt die Copa Libertadores gewann und sich im Finale der FIFA Klub-Weltmeisterschaft gegen den mächtigen FC Chelsea durchsetzte.

"Was ich an unserem Team am besten finde, ist, dass wir uns nie zufrieden geben. Das ist natürlich zu 90 Prozent das Verdienst von Tite. Er kann sehr gut mit Spielern umgehen. Wir gehen immer mit viel Ehrgeiz an die Sache heran", erklärte der Außenverteidiger Fábio Santos damals im Vorfeld der Klub-Weltmeisterschaft im Gespräch mit FIFA.com.

Nach einer Auszeit, die er nutzte, um sich in Argentinien, Spanien und England beruflich weiterzubilden, kehrte er 2015 zum dritten Mal zu Corinthians zurück und holte mit dem Team erneut den Meistertitel. Jetzt verlässt er den Klub, um die größte Herausforderung seiner Trainerlaufbahn anzunehmen: Er will der Seleção ihre Identität zurückgeben und sie wieder auf die Siegerstraße führen.