Sonntag 31 Juli 2016, 16:51

Swithenby und Swords – die ersten U.S.-Kapitäne

1885 gab es erstmals ein internationales Fussballspiel außerhalb der britischen Inseln. Am 28. November empfing eine amerikanische Mannschaft in Kearny (New Jersey) ein Team aus Kanada. Die Gäste gewannen die Partie in der Fussball-Hochburg, die noch heute zahlreiche Talente hervorbringt, dank eines Treffers von Alex Gibson mit 1:0.

Es handelte sich zwar tatsächlich um ein Spiel zwischen den Mannschaften zweier Länder, doch mit heutigen Länderspielen hatte die damalige Partie nicht allzu viel gemein. Das Spiel wurde von der Clark Thread Company ausgerichtet und finanziert, einem Textilunternehmen in der Umgebung von New York City. Die Firma gehörte zu den frühesten Förderern des Fussballspiels und unterhielt sogar eine eigene Mannschaft mit der Bezeichnung ONT. Dieses Kürzel stand für Our New Thread, ein neues Produkt, das das Unternehmen im ausgehenden 19. Jahrhundert sehr intensiv vermarktete.

Fünf der elf U.S.-amerikanischen Spieler stammten aus dem Team von ONT. Auch die anderen sechs kamen allesamt von Klubs und Teams im Umkreis weniger Meilen. Das Team aus Kanada wiederum wurde größtenteils von Spielern aus Hochschulteams im Westen Ontarios gebildet. Einer der Spieler von ONT war Jack Swithenby. Er trug vor 131 Jahren erstmals eine amerikanische Kapitänsbinde. An seiner Seite spielte auch sein Bruder Joe, der ebenfalls aus dem Kader von ONT stammte. Es gibt allerdings kaum weitere Informationen darüber, inwieweit Swithenby über seine Rolle als Kapitän in dieser Partie hinaus am internationalen Fussball beteiligt war. Ein Jahr später trug er jedenfalls noch einmal die Kapitänsbinde, als sich die USA mit einem 3:0-Sieg gegen den nördlichen Nachbarn revanchierten.

Nach dem "Länderspiel" von 1885 sollte es noch 28 Jahre dauern, bis die damalige United States Football Assocation (USFA) – heute United States Soccer Federation (USSF) – 1913 offizieller Mitgliedsverband der FIFA wurde. Die damalige Partie zwischen den zwei Teams aus den USA und Kanada gilt daher heute nicht mehr als offizielles Länderspiel. Nach den offiziellen Aufzeichnungen der USSF fand dieses erst 1916 im Rahmen einer Reise durch Skandinavien statt.

Swords als Kapitän in Schweden Im Sommer 1916 stellte der Verband USFA ein "gesamtamerikanisches Fussballteam" für eine Reise nach Norwegen und Schweden zusammen, das dort insgesamt sechs Spiele bestreiten sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren alle drei Länder noch neutral und nicht in den I. Weltkrieg verwickelt.

Am 15. August bestritt die U.S.-Auswahl in Stockholm eine Partie gegen eine Auswahlmannschaft der schwedischen Hauptstadt. Fünf Tage später folgte dann das erste "offizielle" Länderspiel gegen die schwedische Nationalmannschaft. Vor 17.000 Zuschauern, darunter auch der schwedische König Gustav V., setzten sich die Amerikaner mit 3:2 durch. Die spannende Partie wurde in den Medien als "großer Triumph für den amerikanischen Fussball" bezeichnet.

Es gibt allerdings unterschiedliche Berichte über den Verlauf der Partie. Sicher ist, dass die Schweden an eine Spielweise wie die der Amerikaner nicht gewöhnt waren: "Keines ihrer bisherigen 37 Länderspiele hat die Schweden offenbar auf den überwältigenden Siegeswillen der Amerikaner vorbereitet, die selbst um Einwürfe kämpften, mit einer sehr defensiven Spielweise ihre Führung verteidigten und immer wieder mit lauten Rufen den Ball von ihren Mitspielern forderten. Das enorm schnelle Spiel der USA überforderte die Schweden, die an eine deutlich weniger hektische und passbetonte Spielweise gewöhnt waren."

Tommy Swords, der aus Fall River (Massachusetts) stammte, führte während der Reise durch Skandinavien das Team der Stars and Stripes als Kapitän. Manchen Berichten zufolge erzielte er bei dem 3:2-Sieg sogar persönlich das erste Länderspieltor für die USA. Andere Berichte hingegen nennen den Verteidiger Dick Spaulding als ersten Torschützen der USA. Unabhängig von den erzielten Toren gebührt Swords allerdings in jedem Fall der Ruhm des ersten echten Kapitäns in der Geschichte der U.S.-amerikanischen Nationalmannschaft –  zumindest, wenn man nicht die Nachfahren von Swithenby fragt…

Zwei Jahre vor seinem Tod wurde der Mittelfeldspieler 1951 in die National Soccer Hall of Fame, die Ruhmeshalle des U.S.-amerikanischen Fussballs, aufgenommen – obgleich er nach den sechs Spielen in Skandinavien nie wieder das Trikot seines Landes trug.