Sonntag 30 August 2020, 07:00

Mit Blockbildung zum Erfolg

  • Fünf französische Nationalspieler gewannen vergangenen Sonntag die Champions League

  • Gruppen ausländischer Nationalspieler prägten oft die erfolgreichen Zeiten von Vereinen

  • Bei Arsenal, dem AC Mailand und PSG hat man mit dieser Form der Blockbildung gute Erfahrungen

Vor genau einer Woche gewann der FC Bayern München zum sechsten Mal in seiner Geschichte die europäische Königsklasse. Beim deutschen Rekordmeister und Gewinner des Triples aus Meisterschaft, Pokal und Champions League spielen Fussballer verschiedenster Nationen: Polen, Österreich, Spanien, Brasilien, Kroatien, Kanada – und natürlich stehen auch neun Deutsche im Kader. Ins Auge sticht jedoch vor allem eine "Kolonie" aus Franzosen. Aber es gab auch schon vor Bayern München viele große Mannschaften, die auf Blockbildung ausländischer Nationalspieler setzten. Ein Überblick.

Die Franzosen von Bayern München 2020

Als Tanguy Kouassi am 1. Juli einen Vertrag beim FC Bayern München unterschrieb, sah mancher Fan darin wohl eine weitere Vergrößerung der französischen "Kolonie" beim deutschen Rekordmeister. Tatsächlich ist der Verteidiger der sechste Franzose in Diensten des Münchener Klubs. Dort trifft er auf Michaël Cuisance (seit 2019 im Verein), Benjamin Pavard (2019), Lucas Hernandez (2019), Corentin Tolisso (2017) und Kingsley Coman (2015). Die vier Letztgenannten sind allesamt französische Nationalspieler, und Pavard, Hernandez und Tolisso gewannen zusammen sogar die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018™. Ein bestimmtes Kontingent ausländischer Spieler in den eigenen Reihen zu haben, die sich aus dem Effeff kennen und bei der Nationalmannschaft zusammen Großes erlebt haben, ist für einen Verein immer von Vorteil. Just Champions-League-Sieger Bayern München konnte in dieser Saison aber eigentlich kein Kapital daraus schlagen. Seine französischen Spieler waren häufig verletzt. Und doch geht der größte Titel dieser Spielzeit maßgeblich auch auf das Konto eines der bayerischen Bleus: Kingsley Coman schoss im Endspiel der Champions League 2019/2020 das einzige Tor. Ausgebildet wurde Coman ausgerechnet bei Finalgegner Paris Saint-Germain. Mehr noch: PSG ist auch der Jugendverein von ... Tanguy Kouassi.

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Die Brasilianer von Paris Saint-Germain 2017

Paris Saint-Germain verbindet seit jeher viel mit brasilianischen Spielern. In den 90er-Jahren etwa prägten Rai, Ricardo und Valdo in der französischen Hauptstadt eine Erfolgsära. Später schwang sich ein gewisser Ronaldinho bei PSG zu ersten Höhenflügen auf, ehe er zum FC Barcelona wechselte und dort seine größte Zeit hatte. Kein Wunder also, dass die Franzosen auch weiterhin in Brasilien nach Verstärkung fahndeten. 2017 standen dann fünf Spieler vom Zuckerhut bei Paris Saint-Germain unter Vertrag. Und was für welche: Mannschaftskapitän Thiago Silva, einer der besten Verteidiger der Welt, Olympiasieger Marquinhos, der 2016 und 2019 zudem die Copa América gewann, Daniel Alves, der Fussballer mit den meisten Titeln überhaupt, Lucas Moura, der 229 Partien im Pariser Trikot bestritt, sowie der frisch vom FC Barcelona gekommene Champions-League-Gewinner Neymar. Zusammen kommen diese Fünf auf 22 französische Meistertitel mit Paris Saint-Germain. Dank seiner starken Brasilianer holte PSG 2017/2018 das Triple aus Meisterschaft, französischem Pokal und Ligapokal.

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Die Belgier von Tottenham 2015

2015 war das große Jahr des belgischen Fussballs. Nach zwölf Jahren hatten die Diables Rougesim Sommer zuvor endlich wieder an einer Endrunde der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ teilgenommen – und das mit einer jungen Mannschaft, die ihren Zenit noch deutlich vor sich hatte. Wenig überraschend setzten angesichts dessen mehrere Vereine auf belgische Spieler. Das gilt insbesondere für Tottenham Hotspur, wo 2015 gleich vier Rote Teufel unter Vertrag standen. Nacer Chadli, Mousa Dembelé, Toby Alderweireld und Jan Vertonghen galten als Lieblingsschüler von Trainer Mauricio Pochettino. Über Jahre prägten sie den Londoner Klub. Mit Ausnahme von Nacer Chadli bestritten alle über 200 Spiele für die Spurs, die Innenverteidiger Alderweireld/Vertonghen im vergangenen Jahr sogar das Finale der UEFA Champions League.

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Die Brasilianer von Olympique Lyon 2007

Während der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™ spielten bei Brasilien drei Akteure von Olympique Lyon: Cris, Juninho und Fred. In der Seleçao war nicht allen dreien der gleiche Erfolg beschieden, aber in Lyon prägten sie zusammen die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte. Anfang des Jahrtausends gewann Olympique sieben Mal in Folge die französische Meisterschaft, ein Mal den französischen Pokal, ein Mal den Ligapokal und erreichte dazu vier Mal das Viertelfinale der UEFA Champions League. Juninho war bei allen Erfolgen dabei und wurde so zur Vereinslegende, Fred wurde zwei Mal französischer Torschützenkönig und Cris hielt als umsichtiger Abwehrchef jahrelang die Defensive zusammen. Zu diesen drei brasilianischen Nationalspielern gesellten sich noch Claudio Caçapa, der Kapitän der Gones in den Jahren 2004 bis 2007, sowie der defensive Mittelfeldspieler Fabio Santos, der zwei Jahre für Lyon spielte.

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Die Franzosen von Arsenal 2004

Sicherlich die bekannteste "Fussballkolonie" der Geschichte. Nachdem der Franzose Arsène Wenger 1996 die Gunners übernommen hatte, lotste er sogleich mehrere seiner Landsleute nach London: Rémi Garde, Patrick Vieira, Gilles Grimandi und Emmanuel Petit. Damit begann die bis heute spürbare französische Prägung von Arsenal. Ihren Höhepunkt fand sie in der Saison 2003/04. Im Kader standen Jérémie Aliadière, Gaël Clichy, Pascal Cygan, Thierry Henry, Robert Pirès, Patrick Vieira und Sylvain Wiltord, also drei Welt- und vier Europameister (Wiltord war zur EURO 2000 zu den Bleus gestoßen). Diese glorreichen Sieben bestritten insgesamt 1.652 Partien für Arsenal (wobei davon auf Aliadière und Cygan jeweils weniger als 100 entfielen) und erzielten dabei 402 Tore. Für die Gunnerswar es eine der erfolgreichsten Perioden in ihrer Geschichte. In der fraglichen Saison gewannen sie die Meisterschaft, ohne in der Premier League ein einziges Spiel zu verlieren. Dieser Umstand ist in Erinnerung geblieben und machte einige der erwähnten Bleus zu Vereinslegenden.

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Die Niederländer des FC Barcelona 2000

Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Frankreich 1998™ blieben die Niederlande in der regulären Spielzeit ungeschlagen. Das Halbfinale gegen Brasilien verloren sie erst im Elfmeterschießen. Zwei Jahre später die Wiederholung bei der UEFA EURO 2000: Wieder die Vorschlussrunde, wieder das Aus im Elfmeterschießen, nur dass diesmal Italien der Gegner war. Im damaligen Oranje-Kader standen Michael Reiziger, Frank de Boer, Phillip Cocu, Boudewijn Zenden, Marc Overmars und Patrick Kluivert. Was hatten all diese Fussballer gemein, außer der Tatsache, dass sie erfolgreiche Nationalspieler der Niederlande waren? Sie alle spielten in Fortführung einer langen Tradition in der Saison 2000/01 für den FC Barcelona. Vor ihnen hatten schon Größen wie Johan Cruyff, Ronald Koeman und Ronald de Boer die Katalanen beehrt. In der fraglichen Spielzeit stimmte die Chemie allerdings nicht unbedingt. Barça wurde in der Meisterschaft lediglich Vierter.

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Die Niederländer des AC Mailand 1989

Ein weiteres legendäres niederländisches Trio: Frank Rijkaard, Ruud Gullit und Marco van Basten. Zahlenmäßig kommen diese Drei natürlich (wegen der damals noch bestehenden Beschränkung für ausländische Spieler) nicht an die vorgenannten Niederländer heran, wohl aber, was Ehrungen und Erfolge angeht. 1988 verhalfen sie zunächst den Niederlanden zum Gewinn der Europameisterschaft, ihrem bis heute einzigen internationalen Titel. Danach prägten sie sechs überaus erfolgreiche Jahre beim AC Mailand. Zusammen bescherte das Trio den Mailänder Fans zwei Mal den Europapokal (1989 und 1990), zwei Mal die italienische Meisterschaft (1992 und 1993) sowie zwei Mal den Interkontinental-Pokal. Rijkaard, Gullit und van Basten waren zweifellos ein magisches Dreieck der Fussballgeschichte.

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