Samstag 20 Februar 2021, 09:49

Litmanen: "Ich habe eigentlich nie meinen Rücktritt erklärt!"

  • Jari Litmanen feiert am heutigen 20. Februar seinen 50. Geburtstag

  • Der Finne genießt in seiner Heimat Legendenstatus

  • "Ich bin immer noch aktiver Fussballer - zumindest im Kopf!"

"Ich habe die Grenzen dessen, was als finnischer Spieler möglich war, erweitert", sagte Jari Litmanen 2015 anlässlich der Veröffentlichung seiner Autobiografie "Litmanen 10" , gegenüber FIFA.com. Gut fünf Jahre später kann man mit Sicherheit sagen, dass er in dieser Hinsicht einzigartig bleibt.

Man muss allerdings auch zugeben, dass d"Der Professor", wie sein Spitzname lautete, die Latte enorm hoch gelegt hat. In seiner 25-jährigen Karriere, in der er für einige der größten europäischen Klubs auflief, darunter Ajax Amsterdam, FC Barcelona und FC Liverpool, gewann der finnische Spielmacher eine ganze Reihe von Trophäen und erzielte und bereitete zahlreiche Tore vor. Dabei wurde er in seinem Heimatland zur Legende.

Dieser Status wurde 2010 zementiert, als zu seinen Ehren eine Statue errichtet wurde. Sie steht in der Stadt Lathi, wo die Legende begann. Anlässlich seines 50. Geburtstags am 20. Februar sprach Litmanen mit FIFA.com über seine bewegte Karriere und über Finnlands Erfolg in der Qualifikation für die UEFA EURO 2020.

Jari, welche Spieler waren die Helden Ihrer Kindheit?

Ich war ein Fan des FC Liverpool und mein erstes Idol war Kevin Keegan. Nach seinem Weggang von den Reds nahm Kenny Dalglish seinen Platz in meinem Herzen ein. Abgesehen von Liverpool war Diego Maradona mein großes Vorbild. Er war in den 1980er Jahren eine Quelle der Inspiration für mich.

Welchen Kindheitstraum hatten Sie?

In den 1960er und 1970er Jahren war der Fussball in Finnland noch nicht professionalisiert. Mein Vater war aktiver Spieler. Von sieben Uhr morgens bis drei Uhr nachmittags arbeitete er in einer Fabrik, dann ging er zum Training und am Wochenende bestritt er Spiele. Er hat mich zum Fussball gebracht. Allerdings habe ich neben Fussball auch noch Eishockey gespielt, bis ich 14 war. Dann aber habe ich mich voll und ganz dem runden Leder verschrieben. Ich habe immer davon geträumt, als Ausländer bei einem europäischen Spitzenklub zu spielen.

Es muss also ein großer Moment für Sie gewesen sein, als Sie 1992 Ihren Klub MyPa 47 in Richtung Ajax Amsterdam verließen…

Ich hatte auch schon bei anderen europäischen Klubs kurze Erfahrungen gesammelt, insbesondere bei PSV Eindhoven und beim FC Barcelona. Roy Hodgson lud mich ebenfalls zu seinem damaligen schweizerischen Klub Neuchatel Xamax ein. Und ich hatte mir auch die Anlagen von Malmö FF und IFK Göteborg angesehen. Die Überraschung war also nicht ganz so groß. Ich war definitiv bereit für diesen großen Schritt.

Auf welchem Niveau befand sich Ajax Amsterdam damals?

Ganz einfache Antwort: Herausragend. Ich erinnere mich noch, wie beeindruckt ich von der spielerischen Qualität dieser jungen Spielertruppe war. Ajax hatte gerade erst den UEFA-Pokal gewonnen. Viele unserer ehemaligen Gegner haben bestätigt, dass wir damals technisch und taktisch überlegen waren. Und auch viele Trainer haben gesagt, dass wir das Team waren, das sie am liebsten beobachteten.

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Sie belegen einen überaus wichtigen Platz in der Geschichte des finnischen Fußballs. Man hat sogar eine Statue zu Ihren Ehren errichtet. Ist Ihnen bewusst, welch großen Einfluss Sie auf den finnischen Fussball hatten?

Ich fühle mich jedenfalls sehr geehrt. Es ist eine große Freude, sich solch großen Respekt seiner Landsleute zu verdienen. Die Statue ist für mich etwas wirklich sehr Besonderes. Sie wurde in der Stadt aufgestellt, wo für mich alles angefangen hat.

Bedauern Sie, dass Sie nie an einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ teilnehmen konnten?

Das war natürlich immer das höchste Ziel, aber wir waren damals einfach nicht stark genug. Ich habe mich damit abgefunden, dass eben nicht alle Gipfel erklommen werden können. Einige meiner Teamkameraden bei Ajax waren bei der FIFA Fussball-WM 1994™ dabei. Vier Jahre später haben die Niederlande in Frankreich sogar das Halbfinale erreicht, sind aber gegen Brasilien im Elfmeterschießen ausgeschieden. Da ich bei Ajax die meisten Elfmeter geschossen habe, hätte ich dem niederländischen Team wohl zumindest nützlich sein können!

Finnland hat kürzlich mit der erfolgreichen Qualifikation für die UEFA EURO Fussballgeschichte geschrieben. Sie sind sicher begeistert...

Auf jeden Fall! Die Mannschaft hat sich diesen Erfolg redlich verdient. Sie hat während der gesamten Qualifikation sehr gut gespielt und wurde belohnt.

Was zeichnet diese Mannschaft Ihrer Meinung nach besonders aus?

Dieses Team bildet eine echte Einheit, Spieler und Stab, und ich denke, das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Denken Sie, dass immer noch eine Lücke zwischen Finnland und den europäischen Spitzenteams klafft?

Ich denke, dass unser Team den Rückstand bei der individuellen Klasse noch nicht aufgeholt hat. Andererseits zeigen Spiele wie der kürzliche 2:0-Sieg im Freundschaftsspiel gegen Frankreich, dass die Gegner ihr Niveau definitiv steigern müssen, wenn sie gegen Finnland in Topform spielen.

Sie feiern heute Ihren 50. Geburtstag. Sind Sie heute so zufrieden wie in Ihrer Zeit als aktiver Fussballer?

Ich habe eigentlich nie meinen Rücktritt erklärt! Daher bin ich also immer noch aktiver Fussballer - zumindest im Kopf! (lacht). Natürlich haben sich einige Dinge in meinem Leben geändert, insbesondere im familiären Bereich, denn ich habe jetzt zwei Söhne großzuziehen! Mein fünfzigstes Lebensjahr war allerdings nicht das angenehmste, da ich mich im März mit COVID-19 infiziert habe und mich bis heute noch nicht vollständig von der Erkrankung erholt habe.

Was fehlt Ihnen aus Ihrem "vorherigen Leben" am meisten?

Das Spiel selbst ist interessant. Mir hat das Training und die Vorbereitung auf die Spiele immer viel Spaß gemacht. Auch die Reisen zu den Spielen habe ich genossen, um neue Orte zu entdecken, auch wenn man meist nur das Hotel, das Stadion und den Flughafen zu sehen bekommt.

Man hat Ihnen den Spitznamen "der Professor" gegeben, weil Sie eine bestimmte Fähigkeit haben, Spiele zu analysieren. Viele Leute dachten, Sie würden Trainer werden. Warum haben Sie diese Berufswahl nicht getroffen, nachdem Sie Ihre Stiefel an den Nagel gehängt hatten?

Im Grunde habe ich diese Entscheidung für meine Familie getroffen. Ich habe von meinem 15. bis 40. Lebensjahr ernsthaft Fussball gespielt, insgesamt 25 Jahre. Das ist eine ganze Menge! Das Trainerwesen ist interessant und bleibt eine Option. Aber ich bin mir bewusst, dass es ein Job ist, der viele Opfer erfordert. Und ich war auf einem sehr hohen Niveau aktiv. Daher ist es schwer vorstellbar, nun auf einem niedrigeren Niveau zu arbeiten.

Wer sind Ihrer Meinung nach heute die drei besten Spieler der Welt?

Es ist sehr schwierig, nur drei zu nennen... aber ich würde sagen, Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Robert Lewandowski. Sie zeigen seit vielen Jahren die Fähigkeit, Spiele für Verein und Land zu gewinnen. Es ist unglaublich, wozu sie fähig sind.

Welcher heutige Spieler erinnert am stärksten an Ihre damalige Spielweise?

Die Antwort auf diese Frage überlasse ich lieber anderen!