Sonntag 16 August 2020, 06:54

Kilifi Uele: Der Maestro des pazifischen Fussballs

  • Kilifi Uele hat vier Jahrzehnte auf höchstem Niveau in Ozeanien gespielt

  • Sein Länderspieldebüt feierte er noch vor Tongas erster Teilnahme an der WM-Qualifikation

  • Er ist einer der ältesten Länderspiel-Torschützen in der Fussballgeschichte

Wahrscheinlich ginge es schneller, nur jene Punkte aufzuzählen, die Kilifi Uele in seiner vier Jahrzehnte umspannenden Karriere nicht erreicht hat. Denn seine Erfolge scheinen fast endlos. Der heutige Technische Direktor des Fussballverbandes von Tonga (TFA) war Kapitän der Nationalmannschaft, Trainer und vieles mehr. Sein Name genießt weit über den pazifischen Archipel hinaus einen guten Ruf.

Obwohl er mittlerweile 45 Jahre alt ist, war er noch im Januar 2020 auf internationaler Ebene als Spieler aktiv: Für den Meister seines Landes, den FC Veitongo, stand er in der OFC Champions League auf dem Rasen. Durch diesen Einsatz erstreckt sich Ueles Elite-Karriere auf schier unglaubliche vier Jahrzehnte.

Doch damit nicht genug: Uele zählt außerdem zu den ältesten Spielern, die je in einem Länderspiel getroffen haben. Im Jahr 2017 erzielte er als 43-Jähriger im Spiel gegen Neukaledonien ein Tor. Wenn im nächsten Jahr in Ozeanien die Qualifikationsspiele für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ beginnen, wird Uele nach eigener Auskunft jedoch nicht mehr auf dem Platz dabei sein.

Die lange Spielerkarriere von Kilifi Uele begann 1993. Damals waren zahlreiche internationale Stars von heute noch gar nicht geboren. Bereits als 17-Jähriger feierte Uele sein Länderspieldebüt für Tonga – noch bevor sein Land anlässlich der WM 1998 in Frankreich erstmals an der Qualifikation für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ teilnahm.

Kilifi Uele war Kapitän seines Landes, als Tonga einer damals übermächtigen australischen Auswahl mit 0:22 unterlag. Die Tongaer dürften froh darüber gewesen sein, dass dieser unrühmliche Rekord nur wenige Tage Bestand hatte – bis zum historischen 31:0-Erfolg Australiens gegen das Team von Amerikanisch-Samoa. Trotz der deftigen Niederlage bezeichnet Uele sein erstes Spiel gegen eine Profi-Mannschaft als "großes Highlight".

Uele gehörte immer noch zur Nationalmannschaft, als diese in einer denkwürdigen Woche im August 2015 um ein Ticket für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ kämpfte. Unglaublich, aber wahr: Das letzte WM-Qualifikationsspiel, das Tonga auf heimischem Rasen austrug, hatte 16 Jahre zuvor im Jahr 1999 stattgefunden. Natürlich war Uele bei beiden Ereignissen dabei.

"Es ist etwas ganz Besonderes, mein Land vertreten zu dürfen, speziell in diesem Alter", sagt Uele gegenüber FIFA.com. "Ich weiß, dass meine Fitness nicht auf dem allerhöchsten Niveau war, um in der WM-Qualifikation mitzuhalten. Doch der Trainer hat mich in die Nationalmannschaft berufen, damit ich meine Erfahrung einbringen konnte."

Ueles Aufstieg durch die verschiedenen Funktionen seines Heimatverbandes setzte sich fort, als er im Alter von gerade einmal 30 Jahren zum Technischen Direktor des TFA ernannt wurde. Diese Position bekleidet er mittlerweile seit 2005.

Tonga ist seit jeher eine Rugby-Nation. Nichtsdestotrotz gewinnt der Fussball laut Uele vor allem auf Grassroots-Ebene immer mehr an Bedeutung. Darüber hinaus leistet der TFA sein Möglichstes, um mit den begrenzten Ressourcen den Fussball in Tonga weiterzuentwickeln.

"Wir haben die Kapazitäten und das Potenzial, um uns auf internationaler Ebene zu messen", so Uele weiter. "Es ist alles eine Frage der Strukturen und der Organisation. Dabei geht es vor allem um Entwicklungs- und Ausbildungsprogramme. Wir benötigen einen kontinuierlichen und nachhaltigen Entwicklungsansatz, müssen diesen aber auch konsequent umsetzen. Aktuell kommen manche Spieler direkt von der Schule ins Nationalteam, ohne je mit einem gut ausgebildeten Coach gearbeitet zu haben."

"Ich bin überzeugt, dass Kinder schon in jungen Jahren mit dem Fussball beginnen sollten. Doch sie müssen das Spiel lieben oder zumindest eine Leidenschaft dafür entwickeln. Wenn wir Spieler mit hohem Leistungsvermögen hervorbringen wollen, müssen wir außerdem in die Trainer-Ausbildung investieren. Denn gute Coaches sind ebenfalls wichtig."

Eine weitere Priorität des TFA ist es, den Frauenfussball auf dem Archipel voranzubringen. Außerdem soll das Spiel über die Hauptinsel Tongatapu hinaus entwickelt werden. Mit dem Bau eines neuen Technischen Zentrums auf Vava'u, der zweitgrößten Insel des Archipels, wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass Fussball dort die am schnellsten wachsende Sportart ist.

"Wir haben eine Initiative ins Leben gerufen, um uns mit allen Inseln zu vernetzen. Wir möchten, dass wir über den Fussball mit ganz Tonga in Verbindung stehen. Das ist Teil unserer Strategie. Man weiß schließlich nie, ob die besten Spieler nicht von einer der äußeren Inseln kommen."

"Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist der Frauenfussball. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die FIFA Frauen-WM 2023™ in unserer Region stattfinden wird. Vielleicht ergeben sich dadurch vielversprechende Möglichkeiten. In jedem Fall unterstützen sowohl unser Präsident als auch unser Exekutivkomitee den Frauenfussball."

"Für mich gehen all diese Initiativen mit dem persönlichen Ziel der beruflichen Weiterentwickelung einher. Deshalb empfinde ich es als große Bereicherung, an derartigen Programmen beteiligt zu sein. Einer der Gründe, warum ich im Fussball arbeite, ist es, die Menschen in meinem Land zu fördern und ein fussballerisches Vermächtnis in Tonga aufzubauen."