Donnerstag 29 September 2016, 07:40

Kasperczak: "In Afrika gibt es keine schwachen Gegner"

Die am 24. Juni dieses Jahres von FIFA.com übertragene Auslosung der Afrika-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018™ ergab brisante Duelle zwischen früheren WM-Teilnehmern, insbesondere zwischen denen, die 2010 in Südafrika 2010 und 2014 in Brasilien mit von der Partie waren. Bei den Mannschaften, die sich dieses Mal für Russland 2018 qualifizieren, wird die Freude über das WM-Ticket nicht weniger groß sein.

Tunesiens aktueller Nationalcoach, der erfahrene Henryk Kasperczak, trat sein erstes Amt als Nationaltrainer auf afrikanischem Boden 1993 in der Elfenbeinküste an. Was jüngste Auslosung für die WM-Qualifikation der Afrika-Zone anbelangt, so trifft zumindest die Feststellung zu, dass diese in seinen Augen keine Enttäuschung gebracht hat. Mit FIFA.com sprach der Franzose mit polnischen Wurzeln über die Chancen der 20 Nationalteams, sich bei der in zehn Tagen beginnenden letzten Phase der Afrika-Qualifikation das Ticket für Russland 2018 zu sichern. "Wir alle wissen, dass es in Afrika keine schwachen Gegner gibt. Was soll man also über die 20 Nationalmannschaften, die den Sprung in die letzte Runde der afrikanischen WM-Qualifikation für Russland 2018 geschafft haben, noch groß sagen? Ab jetzt kämpfen die Besten des Kontinents um fünf WM-Tickets, auch wenn ein oder zwei namhafte Nationen fehlen."

Auch die Qualifikationsgruppen sind für Kasperczak alle als schwierig einzustufen. "Wenn ich mir die anderen Gruppen anschaue, erkenne ich einige, in denen es sehr ausgeglichen werden dürfte. Denn wie ich schon sagte, es gibt keine schwachen Mannschaften, die man einfach ignorieren könnte. Jedes einzelne Spiel ist wichtig, und jeder Punktgewinn wird von entscheidender Bedeutung sein. In Afrika kann es immer auch zu Überraschungen kommen. Daher gilt es, jede Begegnung mit höchster Konzentration und Entschlossenheit anzugehen, um die notwendigen Siege einzufahren."

Heimspiele gewinnen Angesichts seiner in Afrika gesammelten Erfahrungen vertritt Kasperczak die Auffassung, dass dieser Kontinent einige sehr spezifische Merkmale aufweist, vor allem in folgender Hinsicht: "In Afrika ist es sehr schwer, Erfolg zu haben. Ich persönlich gehöre nicht zu denen, die behaupten, dass die Entscheidung in Qualifikationsrunden bei Auswärtsspielen fällt. Meiner Meinung nach ist es zwar wichtig für die Qualifikation, auch Auswärtspunkte zu sammeln. Noch wichtiger ist jedoch, die Spiele vor heimischem Publikum zu gewinnen. Eine Mannschaft, die drei Heimspiele für sich entscheidet und auswärts ein Mal die volle Punktzahl holt, hat zwölf Zähler auf dem Konto. Damit ist sie zu 99 Prozent qualifiziert."

Bei der Analyse der Auslosung stimmt Kasperczak mit den meisten Beobachtern überein. "Wenn ich Algerien, Nigeria, Kamerun und Sambia in einer Gruppe sehe, kann man schon von einer sehr starken Qualifikationsgruppe sprechen. Das Gleiche gilt für die Gruppe mit der Elfenbeinküste, Marokko, Gabun und Mali. Die anderen Gruppen sind ebenfalls stark besetzt, vor allem die mit Senegal, Südafrika, Burkina Faso und Kap Verde, ebenso wie die letzte Gruppe mit Ägypten, Ghana, Kongo und Uganda. Auf diesem Niveau sind alle Begegnungen extrem schwierig, zumal es keinen ausgemachten Favoriten gibt."

Ziel ist die Rückkehr auf die große Bühne des Weltfussballs Nach der Auslosung vom 24. Juni stand Kasperczak die Freude förmlich ins Gesicht geschrieben. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Denn sein Team wurde der Gruppe mit Libyen, der DR Kongo und Guinea zugelost. Dadurch umgeht Tunesien einige Großkaliber wie Nigeria, Kamerun, Ägypten oder Marokko. "Ich glaube, dass die anderen Gruppen etwas stärker besetzt sind als unsere. Wenn wir in Gruppe B, C, D oder E spielen müssten, stünde uns eine schwierigere Aufgabe bevor. Bei dieser Konstellation ist allerdings alles möglich. Libyen, die DR Kongo und Guinea sind immer für eine Überraschung gut. Und einen Favoriten für den Gruppensieg sehe ich nicht. Unser Ziel bleibt die Qualifikation für die nächste FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™."

Ein Vorteil für die Tunesier könnte die Tatsache sein, dass Libyen aufgrund der aktuellen politischen Lage im Land seine Heimspiele fernab seines Territoriums und seiner heimischen Zuschauer austragen muss. Dazu der tunesische Nationaltrainer: "Ich glaube nicht, dass der Umstand, in Kairo spielen zu müssen, den Libyern größere Probleme bereitet. Denn sie sind es gewohnt, im Ausland zu spielen. Sie werden alles aus sich herausholen, um die Enttäuschungen der Vergangenheit nicht erneut erleben zu müssen. Allerdings besteht unsere Gruppe nicht nur aus Libyen. In Conakry und in der DR Kongo zu spielen ist auch nicht einfach."

Seit Deutschland 2006 konnten sich die Adler von Karthago nicht mehr für eine WM-Endrunde qualifizieren, sodass sie sowohl 2010 in Südafrika als auch 2014 in Brasilien fehlten. Kein Wunder also, dass derzeit ganz Tunesien auf eine Qualifikation für Russland 2018 hofft. Dessen ist sich auch Kasperczak bewusst. "Tunesien hat sich lange nicht für die WM qualifiziert. Jetzt bietet sich unserer Mannschaft eine gute Gelegenheit, endlich wieder im Rampenlicht des Weltfussballs zu stehen."

"Wir sind in letzter Zeit stärker geworden", so Kasperczak zum Abschluss unseres Gesprächs. "Und wir sind inzwischen eine richtige Mannschaft. Außer der Auswärtsniederlage im WM-Qualifikationsspiel gegen Liberia hat Tunesien das Team aus Mauretanien ausgeschaltet. Nun hoffen wir, in dieser Gruppe etwas Positives erreichen zu können."