Freitag 02 September 2016, 09:26

Jehle: "Zum Glück spielt Villa nicht"

Im Gespräch mit Liechtensteins Peter Jehle merkt man sofort, wie sehr sich der Torhüter auf das Spiel des Jahres freut. Kommenden Montag, 5. September, trifft das kleine mitteleuropäische Fürstentum in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ auf die Fussballgroßmacht aus Spanien.

"Es ist immer ein Geschenk, wenn man gegen solche Mannschaften spielen darf", schwärmt der 34-Jährige im exklusiven Interview mit FIFA.com über die bevorstehende Aufgabe. "Wir kommen in den Genuss, gegen absolute Topstars zu spielen."

Jehle hat auf diesem Gebiet zwar schon etwas Erfahrung, dennoch kann er den Anpfiff kaum erwarten. Bereits sechs Mal trafen Liechtenstein und Spanien in ihrer Historie aufeinander, sechs Mal stand der Keeper des FC Vaduz zwischen den Pfosten des Außenseiters. "Ich durfte das schon einige Male erleben, aber ich bin weit davon entfernt, zu sagen, das sei alltäglich. Ich habe das Privileg, so etwas zu erleben."

"Die 90 Minuten sind aber nicht immer ein Genuss, das muss ich zugeben", relativiert der zweifache Schweizer Meister dann doch seine Vorfreude. Ein Blick auf die Statistik untermauert diese Aussage zusätzlich. Bei allen sechs Spielen verließ Liechtenstein den Platz als Verlierer und das Torverhältnis von 23:0 zaubert dem Torhüter sicherlich auch kein Lächeln auf das Gesicht.

Dem Idol gegenüber Für den Kapitän Liechtensteins gibt es jedoch Grund zur Hoffnung. "Ich bin froh, dass David Villa dieses Mal nicht mehr dabei ist", grinst der 116-fache Nationalspieler. In den vier Partien, in denen der Angreifer von New York City FC mitwirkte, überwand er Jehle insgesamt sechs Mal.

Neben Villa wird Liechtensteins Nummer eins noch einen weiteren Spieler vermissen: Iker Casillas. Der Weltmeister von 2010 stand ebenfalls bei bisher allen sechs Aufeinandertreffen zwischen den Pfosten. "Wir haben eigentlich immer Trikots getauscht und miteinander gesprochen. Er ist ein großes Vorbild für mich. Er ist einer der besten Torhüter, gegen den ich je gespielt habe und menschlich ein absolutes Vorbild. Er nimmt sich immer Zeit für jeden. Das durfte ich selbst schon einige Male erfahren und schätze das sehr hoch ein."

Begegnungen mit den großen Fussballnationen sind immer etwas Besonderes für Jehle - auch wenn sie selten in den wirklich großen Arenen stattfinden. "Spiele gegen Liechtenstein werden oftmals in einer kleineren Region ausgetragen, in der die Fans die Nationalmannschaft nicht so oft live zu sehen bekommen. Das merkt man dann. Beim letzten Mal in Spanien war die ganze Stadt auf den Beinen, das Stadion rappelvoll und es war wirklich ein wunderschöner Abend", erinnert sich der 1,87 Meter lange Schlussmann zurück.

Feiertag in Liechtenstein Auswärtsspiele sind zwar schön, aber das absolute Highlight ist es, wenn diese Teams und ihre Topstars nach Liechtenstein reisen. Für das ganze Land und dessen rund 36.000 Einwohner sind solche Spieltage wie Feiertage. "Wir sind ein überschaubarer Kleinstaat, in dem solche Highlights eher rar gesät sind. Das merkt man auch im Vorfeld unserer Spiele. Es kommt richtig Leben in unsere kleine Hauptstadt", beschreibt Jehle die Stimmung.

Hier zeigt sich nun der Vorteil eines kleinen Landes: Obwohl der Torhüter dann zwar schon meist im Teamhotel ist, bekommt er fast alles dieser beeindruckenden Atmosphäre mit: "Bei uns sind die Wege sehr kurz. Unser Teamhotel ist ganz in der Nähe vom Zentrum, von dort, wo sich das Leben abspielt. Teilweise hören wir am Vorabend Fangesänge, beispielsweise wenn die Schotten oder die Engländer hier waren."

Liechtenstein feiert also die WM-Qualifikation in vollen Zügen, auch wenn die Ergebnisse zumeist eher negativ waren. In den Vorausscheidungen für Südafrika 2010 und Brasilien 2014 gelang den Mitteleuropäern kein einziger Sieg. Lediglich zwei Punkte wurden verbucht.

Traumdebüt im Nationaltrikot Hoffnung, dass sich dies in Zukunft ändern könnte, schöpft Jehle aus den beeindruckenden Auftritten Islands und Wales bei der UEFA EURO 2016. Beide Teams verfügen über eine ähnlich geringe Bevölkerung, ließen die großen Teams aber staunen. "Man konnte sehen, welche Möglichkeiten eine kleine Nation haben kann, wenn sie alles richtig macht. Wenn die Strukturen im Land richtig vorbereitet werden, um Fussballer hervorzubringen. Island ist ein großes Vorbild", erklärt der Veteran und fügt an: "Die Ressourcen sind auch in Liechtenstein vorhanden, die muss man nun nur richtig einsetzen."

Jehle möchte diesen Weg mitgestalten und geht innerhalb des Teams voran. Er kann den jungen Spielern von fast 28 Jahren Nationalmannschaft berichten und war beim wohl größten Erfolg der kleinen Nation dabei. In seinem ersten Länderspiel, mit gerade einmal 16 Jahren, besiegte Liechtenstein Aserbaidschan mit 2:1 – es war der erste Sieg des Fürstentums in einem Qualifikationsspiel.

"Das kommt mir jetzt noch wie im Film vor. Im ersten Spiel den ersten Quali-Sieg zu erreichen. An diesem Tag ist uns vieles gelungen. Leider kam danach die ein oder andere Niederlage dazu", meint er lachend.

Gegen Spanien wird es schwer, einen weiteren Sieg in die Geschichtsbücher Liechtensteins einzutragen, angesprochen auf sein Wunschergebnis, nimmt Jehle aber kein Blatt vor den Mund: "Wunschergebnis ist als Torhüter immer, wenn man zu Null spielt. Mit diesem Ziel gehe ich auf den Platz, egal gegen welchen Gegner es geht", zeigt sich der Routinier selbstbewusst und in jedem Wort schwingt die Vorfreude auf den Knaller gegen Spanien mit!