Freitag 10 Juni 2016, 11:30

Papua-Neuguinea will historischen Erfolg

Papua-Neuguinea trennen möglicherweise nur noch 90 Minuten von einem Erfolg, der noch vor gar nicht allzu langer Zeit völlig undenkbar gewesen wäre – nämlich dem Gewinn des OFC Nationen-Pokals und damit eines Startplatzes beim FIFA Konföderationen-Pokal Russland 2017. Das Finale in der Hauptstadt Port Moresby wird das wichtigste Fussballspiel in der Geschichte des Landes, in dem traditionell stets Rugby die Sportart Nummer eins war.

Zwischen Papua-Neuguinea und der Sensation steht das Team von Neuseeland, das den Titel zurückerobern will, nachdem die Mannschaft beim Turnier 2012 sensationell im Halbfinale ausgeschieden war. Viele sehen die Neuseeländer als Favoriten. Schließlich sind die All Whites vierfacher Titelträger und regelmäßig bei FIFA-Turnieren dabei – allen voran bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010™, wo sie starke Leistungen zeigten und am Ende ohne Niederlage ausschieden.

Die Bilanz Papua-Neuguineas auf der internationalen Bühne ist im Gegensatz dazu äußerst bescheiden. Das Land hat erst drei Mal an der WM-Qualifikation teilgenommen. Beim OFC Nationen-Pokal hatte Papua-Neuguinea nie zuvor das Halbfinale erreicht, geschweige denn das Finale. Ein Sieg der Heimmannschaft wäre somit ein unglaubliches Fussballmärchen, das sogar den völlig überraschenden Triumph Haitis vor vier Jahren in den Schatten stellen würde.

Der unmögliche Traum Papua-Neuguineas Trainer Flemming Serritslev sieht sein Team indes keineswegs als Außenseiter. "Es mag ein bisschen anmaßend klingen, doch wir erwarten ein sehr ausgeglichenes Duell", sagte der Däne gegenüber FIFA.com. "Das galt auch schon für das Halbfinale gegen die Salomon-Inseln. Auch da habe ich den Spielern gesagt, dass es ein schweres, aber ausgeglichenes Spiel werden würde und es letztlich darum ginge, wer die besseren Nerven habe und die Initiative übernimmt. Natürlich wird Neuseeland ein schwerer Gegner, aber das waren Neukaledonien, Tahiti und die Salomon-Inseln auch."

Papua-Neuguinea hatte in Gruppe A Platz eins belegt und sich dann mit einer starken Leistung und einem verdienten 2:1-Sieg gegen die stärker eingeschätzten Salomon-Inseln den Einzug ins Finale gesichert. Im Gegensatz dazu war Neuseeland gegen Neukaledonien über weite Strecken das schwächere Team und gewann am Ende nur durch einen Zufallstreffer mit 1:0.

Der erfahrene dänische Coach hat es geschafft, seinen Schützlingen ein gesundes Selbstvertrauen zu vermitteln. "An diesem Aspekt (dem Selbstvertrauen) habe ich von Anfang an gearbeitet, so Serritslev. "Man konnte sehen, dass die Spieler eine ganze Menge auf dem Kasten haben, doch sie litten unter Selbstzweifeln. Jetzt zweifeln sie aber nicht mehr an sich selbst, denn sie haben ja gesehen, dass sie auch auf diesem Niveau Erfolge holen können."

Zudem, so Serritslev, stehen seine Schützlinge nicht unter Erfolgsdruck durch hohe Erwartungen. "Wir genießen die großartige Unterstützung. Allerdings gebührt auch den Spielern dafür ein großes Lob, denn sie haben dem Publikum vom ersten Moment an gezeigt, dass sie das Land stolz machen wollen. Wenn deutlich wird, dass man kämpft und sein Bestes gibt, dann gibt es auch Unterstützung.

"Nicht selten ist es doch so, dass die Spieler bei allzu hohen Erwartungen des Heimpublikums regelrecht gehemmt aufspielen und nervös werden. Aber diese Gruppe hat vor dem eigenen Publikum keinerlei Anzeichen von Nervosität erkennen lassen."

Letzte Hürde für die Kiwis Für Papua-Neuguinea wäre ein Erfolg im Sir John Guise Stadium eine unglaubliche Sensation. Doch auch für Neuseeland ist es eine richtungsweisende Partie. Seit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010™ haben die Kiwis durchwachsene Resultate geholt. Auf das Scheitern beim OFC Nationen-Pokal 2012 folgte im Rahmen der WM-Qualifikation für Brasilien 2014 im Interkontinental-Playoff eine schwere Schlappe gegen Mexiko, die zum Rücktritt des langjährigen Trainers Ricki Herbert führte.

Der neue Trainer Anthony Hudson hat in den zwei Jahren seiner Amtszeit bis zum OFC Nationen-Pokal lediglich sechs Spiele mit seinem Team bestritten. Mit dem Sieg am Mittwoch gegen Neukaledonien, gegen das man 2012 scheiterte, haben sich die RAll Whites zumindest teilweise revanchiert.

"Zum ersten Mal seit meinem Amtsantritt haben wir die Mannschaft für einen etwas längeren Zeitraum beisammen", so Hudson im Gespräch mit FIFA.com. "Der größte Vorteil besteht darin, dass wir jetzt direkt nach den Spielen an bestimmten Aspekten aus den Spielen arbeiten können. Ich denke, dass wir uns von Spiel zu Spiel etwas gesteigert haben. Die Arbeit ist unglaublich schwierig, wenn man die Spieler nach einem Spiel fünf, sechs Monate lang überhaupt nicht sieht. Wenn das Team dann endlich wieder zusammenkommt, muss man jedes Mal fast wieder bei Null anfangen. Wir verbessern von Spiel zu Spiel die Feinabstimmung im Team und optimieren unsere Spielweise."

Neuseeland muss allerdings ohne seinen Kapitän Chris Wood auskommen, der aus privaten Gründen nicht zur Verfügung steht. Auch Mittelfeldspieler Prelevic und Verteidiger Themi Tzimopoulos werden im Finale nicht dabei sein.

"Vor diesem Turnier waren wir alle begeistert von der Möglichkeit, uns für den Konföderationen-Pokal zu qualifizieren und haben ständig davon geträumt", so Hudson. "Jetzt müssen wir alle Disziplin zeigen und die Sache unter Dach und Fach bringen. Die viele harte Arbeit und die wochenlange Vorbereitung müssen jetzt zum Abschluss gebracht werden. Es geht um den Sieg."

Der bislang größte fussballerische Erfolg von Papua-Neuguinea war der 1:0-Sieg gegen Neuseeland bei der ersten Teilnahme an einer WM-Qualifikation 1997. Bis heute ist dies der einzige Sieg gegen die Kiwis. Und sollte knapp 20 Jahre später ein neuerlicher Sieg gelingen, so wäre dies ein sensationeller Wendepunkt für den Fussball in Papua-Neuguinea, wo in wenigen Monaten auch die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft angepfiffen wird.