Helgoland - da gibt es eine Menge Dinge, die man sofort mit der Nordseeinsel assoziieren würde: Raue Winde, roten Sandstein, die Lange Anna, Tagesausflüge zu Stränden voller Robben oder eine einzigartige Vogelwelt. Fussball dagegen fiele einem sicher nicht als erstes ein. Vermutlich auch nicht als zweites oder drittes. Gibt es auf Helgoland überhaupt Fussball?
Aber natürlich! Weltweit schafft es der Ball an die entlegensten Orte und da ist es kein Wunder, dass er in einem fussballbegeisterten Land wie Deutschland eben auch auf Helgoland rollt. Und das sogar ganz klassisch – eingebettet in einen typischen, deutschen Mehrspartenverein, den VfL Fosite Helgoland, gegründet im 19. Jahrhundert, der rund 500 Mitglieder hat. Eine sehr beachtliche Zahl, bei etwa 1.500 Inselbewohnern.
Fakten Helgoland
ca. 1300-1500 Bewohner
ca. 50 km vom Festland Schleswig-Holsteins entfernt
besteht aus Hauptinsel und Nebeninsel "Düne", die früher verbunden waren
Tourismus und Windenergie heute Haupteinnahmequellen
Über 430 (!) Vogelarten sind dort ebenso zu beobachten wie zahlreiche Robben
Nahe dem Nordstrand der Insel, unweit der Jugendherberge gelegen, findet sich der Fussballplatz Helgolands – sicher einer der am schönsten gelegenen in der Republik. Der Kunstrasen benötigt aufgrund des rauen Klimas besondere Pflege, er steht Besuchern der Insel genauso offen wie den Bewohnern, so dass dort regelmäßig der Ball rollt. Rund um die Insel wird normalerweise auch der Helgoland-Marathon gelaufen, 5 Runden á 8,4 Kilometern, die jeden Winkel der Insel ausnutzen.
Zwar gehört Fosite ganz normal dem Deutschen Fussball-Bund an und könnte theoretisch auch am Spielbetrieb teilnehmen, die Insellage aber macht das unmöglich, denn bis zum Festland ist eine gut zweistündige Schifffahrt nötig, die meisten Spiele wären für die Helgoländer oder ihre Gäste dann sogar mit einer Übernachtung verbunden. Zuviel Aufwand für Amateure.
"Wir beschränken uns also darauf, Freundschaftsspiele auszutragen", sagt Fosites Vorsitzender Oke Zastrow gegenüber FIFA.com. "Generell ist es ein arges Problem, seit einigen Jahren überhaupt Mannschaften zu stellen. Wir spielen oft gemischt, haben auch Frauen im Team, das Alter reicht von 18 bis 40 oder sogar deutlich darüber."
Geschichte Helgolands
in einer Seeschlacht vor Helgoland wurde der Pirat Klaus Störtebeker gefangengenommen
Helgoland war lange Unterschlupf für Seebräuber
gehörte ab 1714 zunächst zu Dänemark
war für weite Teile des 19. Jahrhunderts eine britische Kronkolonie
1890 an das Deutsche Reich übertragen
diente in beiden Weltkriegen als Flottenstützpunkt
Das Problem mit wenigen Spielern kennen auch viele Dorfvereine, die eine Einwohnerzahl wie Helgoland haben. Es hält die Inselbewohner aber nicht ab, trotzdem dem Ball hinterherzujagen. "Die Erwachsenen trainieren unregelmäßig nach Absprache, ein Mal die Woche per Handy. Dann gibt es noch zwei Jugendgruppen, eine für jüngere und eine für ältere Kinder und Jugendliche. Die trainieren regelmäßig freitags", so Zastrow.
Freundschaftsspiele gibt es bei den Erwachsenen rund zehn im Jahr. "Früher haben wir sogar mal Pokalspiele auf Helgoland gehabt, aber dass wir aufgrund des Windes auf unserem Platz quasi unbesiegbar seien, das ist ein Mythos, der da ein bisschen gesponnen wurde", führt der Vorsitzende aus. "Wir weisen für Freundschaftsspiele darauf hin, dass wir nicht die Stärksten sind, das ist für die Festlandsmannschaften aber auch OK."
Es gibt in normalen Zeiten immer mal wieder Anfragen für Trainingslager, selbst Kubas Nationalmannschaft zeigte einmal Interesse, auch wenn das letztendlich nicht zustande kam. Um 1970 herum spielte allerdings Vize-Weltmeister Uwe Seeler mit dem großen HSV auf dem damaligen Aschenplatz von Helgoland – daran erinnert man sich bei Fosite heute noch gerne.
Aktuell ist Helgoland sogar frei von Corona – strenge Einreise- und Quarantäneregeln machen es möglich. "In dieser verrückten Zeit ist es ein richtiges Privileg, hier zu leben. Es fühlt sich so an, als wären wir auf einer Burg. Ich habe schon das Gefühl, dass die ganze Pandemie ein bisschen an uns vorbeizieht", sagt Bürgermeister Jörg Singer in der Zeit. Und so bleibt festzuhalten, dass der Fussball auf der Insel gepunktet hat, während die Pandemie das derzeit nicht kann. Möge es so bleiben!