Freitag 08 April 2016, 08:07

Grzegorz Lato, Torjäger einer Ausnahmegeneration

  • Polens Fussballlegende feiert 70. Geburtstag

  • Lato wurde bester Torschütze der WM 1974

  • "Habe meine Spuren in der Geschichte des Weltfussballs hinterlassen"

Grzegorz Lato, mit sieben Treffern bester Torschütze bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ in Deutschland 1974, wird immer als einer jener Spieler in Erinnerung bleiben, die den polnischen Fussball nachhaltig geprägt haben. Am 8. April 2020 feiert der ehemalige Angreifer seinen 70. Geburtstag.

Unter der Ägide des populären Kazimierz Gorski reiste Polen, das alles andere als ein Favorit auf den Titelgewinn war, zur Weltmeisterschaft nach Deutschland. In den Reihen der polnischen Nationalmannschaft standen talentierte Einzelspieler wie Kazimierz Deyna (genannt "der General"), Andrzej Szarmach, Henryk Kasperczak, Robert Gadocha und nicht zu vergessen Grzegorz Lato.

In der schwierigen Gruppe 4 setzten die Polen durch einen 3:2-Erfolg in der ersten Partie gegen die Argentinier ein erstes Ausrufezeichen. Lato erzielte seine ersten beiden Turniertreffer - den ersten bereits nach sieben Spielminuten. Nach dieser ersten Hürde traf Polen auf die "Schießbude" des Wettbewerbs: gegen Haiti gelang ein 7:0-Sieg, zu dem Lato zwei weitere Tore beisteuerte.

Der Torjäger von Stal Mielec sollte aber erst in der zweiten Finalrunde die entscheidenden Treffer erzielen. Sowohl in der Partie gegen Schweden (1:0) als auch in der folgenden Begegnung gegen Jugoslawien (2:1) war er für seine Mannschaft erfolgreich. Zwar konnte er sich im Halbfinale, in der "Wasserschlacht" von Frankfurt, bei der 0:1-Niederlage gegen Deutschland nicht entscheidend in Szene setzen. Im Spiel um Platz 3 gegen Brasilien erzielte er aber erneut den Siegtreffer zum 1:0.

Nach dem sechsten Platz beim FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Argentinien 1978™, wo er sich in den Partien gegen Tunesien und Brasilien in die Torschützenliste eintragen konnte, holte er beim FIFA Weltpokal™ 1982 in Spanien erneut die Bronzemedaille und beförderte in der Begegnung gegen Peru zum letzten Mal den Ball ins gegnerische Tor.

Im April 1984 zog sich Lato nach der Partie gegen Belgien, seinem 104. Länderspieleinsatz, offiziell aus dem internationalen Fussball zurück. Den nachkommenden Generationen hinterließ er mit 45 Toren (was einem Schnitt von 0,43 Treffern pro Begegnung entspricht) einen bis dato unerreichten Rekord.

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Perfektes Zusammenspiel mit Kasperczak

Lato ist ein herausragendes Beispiel für den sozialen Aufstieg dank des Fussballs. Geboren wurde er am 8. April 1950 in Malbork, einer kleinen Stadt im Norden Polens in der Nähe von Gdansk. Seine Familie zog jedoch schon bald nach Mielec. Lato betont immer wieder, dass der Fussball ihm schon in jungem Alter große Freude bereitete und schnell in den Mittelpunkt seines Lebens rückte. Im Alter von zwölf Jahren besuchte er zusammen mit seinem Bruder Ryszard die Talentschmiede von Stal Mielec, einem Klub, dem er den Großteil seiner Karriere treu blieb. 1973 und 1976 holte er mit Stal Mielec den polnischen Meistertitel, 1977 und 1981 wurde er jeweils zum besten polnischen Spieler gewählt. Es war eine wahre Liebesgeschichte zwischen Verein und Spieler.

Seine Glanzzeit erreichte Lato allerdings erst 1971, als der begnadete Spielmacher Henryk Kasperczak zur Mannschaft stieß. Das Zusammenspiel zwischen den beiden sollte in den kommenden Jahren sowohl auf Vereinsebene als auch in der Nationalmannschaft das Nonplusultra sein. Lato feierte im November 1971 in einer in Hamburg ausgetragenen Begegnung gegen die Bundesrepublik Deutschland (0:0) sein Länderspieldebüt.

Wenige Monate später stand er im Kader der polnischen Olympiaauswahl, die vom legendären Kazimierz Gorski betreut wurde. Zur allgemeinen Überraschung sicherte sich Polen durch einen 2:1-Finalsieg gegen Ungarn die Goldmedaille. Dies war der Anfang einer großen Karriere. Erst 1980 bekam Lato allerdings die Ausreiseerlaubnis, um sich für drei Jahre dem belgischen Klub Lokeren anzuschließen. Anschließend wechselte er nach Lateinamerika zu Atalanta Mexico City, einem Verein, mit dem er 1983 die mexikanische Liga gewann. Seine Karriere beendete er bei Polonia Hamilton in Toronto (Kanada).

"Ich denke, dass ich meine Spuren in der Geschichte des Weltfussballs hinterlassen habe. Ich habe 100 Länderspiele für Polen bestritten, bei Olympischen Spielen die Goldmedaille gewonnen sowie an drei WM-Endrunden teilgenommen. Ich habe also jede Menge Erinnerungen an die Vergangenheit, auf die ich sehr stolz bin", so Lato vor einigen Jahren im FIFA.com-Interview.

In Polen hat er noch immer nichts von seiner Popularität eingebüßt. Zwischen 2008 und 2012 war er Präsident des Polnischen Fussballverbandes (PZPN), darüber hinaus saß er vier Jahre lang (2001 bis 2005) für die sozialdemokratische Partei SLD im polnischen Senat.

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