Mittwoch 04 September 2019, 09:16

Giggs: Es macht mir große Freude, junge Spieler zu trainieren

  • Wales steht in der Qualifikation für die UEFA EURO 2020 vor großen Herausforderungen

  • Ryan Giggs blickt auf die bevorstehenden Hürden für sein junges Team

  • "Ich habe Vertrauen in unsere Talente"

Ryan Giggs bearbeite als leichtfüßiger Flügelspieler im Dress von Manchester United und Wales zwei Jahrzehnte lang die Außenbahnen. Der Wechsel zur Trainerperspektive bedeutete für ihn somit nur eine Verlagerung um ein paar Meter auf die andere Seite der Linie. Nachdem er zunächst bei Manchester United ins kalte Wasser geworfen wurde, sitzt er nun als Nationaltrainer seines Landes fest im Sattel.

In seiner gesamten Karriere trug er ausschließlich die beiden genannten Trikots - abgesehen von zwei Wochen bei den Olympischen Spielen, als er Kapitän des Teams von Großbritannien war. Insofern passt es gut, dass dies bislang auch seine einzigen Trainerstellen sind. Er ist eigentlich noch ein Neuling auf der Bank und nach 18 Monaten als Trainer von Wales steht er mit seinem Team nun vor den bislang schwersten Herausforderungen.

Giggs' junges Team liegt im Rennen um die Qualifikation für die UEFA EURO 2020 nach Niederlagen gegen Ungarn und Kroatien zurück, nachdem das Team bei der EM-Endrunde 2016 begeistern konnte. Wir haben uns mit ihm zusammengesetzt und über die bevorstehenden Herausforderungen, die Integration einer neuen Spielergeneration und die Nominierung eines seiner ehemaligen Teamkameraden bei den The Best FIFA Football Awards zu sprechen.

Sie sind nun seit 18 Monaten Nationaltrainer von Wales. Haben Sie sich das Nationalteam unter Ryan Giggs so vorgestellt? Ich bin ziemlich zufrieden mit der Entwicklung der jungen Spieler, die enorme Fortschritte machen und sich gut integrieren. Ich wünsche mir allerdings etwas mehr Konstanz. Ich wünsche mir, dass ich rund 25, 26 Spieler habe, aus denen ich mein Team zusammenstelle. Sie alle kennen die Positionen auf dem Feld und wissen, was sie zu tun haben. Ein ständiges Problem im internationalen Fussball besteht darin, dass man bis rund eine Woche vor dem Spiel nie genau weiß, welche Spieler man eigentlich zur Verfügung hat.

Daran wird sich wohl auch so schnell nichts ändern. Es wäre toll, wenn es eine solche Konstanz gäbe, aber das ist wohl nur sehr schwer zu erreichen. Insgesamt bin ich mit den Spielern, die wir haben, sehr zufrieden. Wir haben eine gute Balance zwischen erfahrenen und jungen Spielern im Kader. Ich freue mich auf die bevorstehenden Spiele im September, Oktober und November.

Leider musste Aaron Ramsey sich aus dem Kader zurückziehen. Doch es dürfte Sie gefreut haben, dass Gareth Bale nach einigen Monaten der Ungewissheit einen so guten Saisonstart hingelegt hat… Ich habe die Situation aus der Ferne beobachtet und stand während des Sommers mit Gareth in Kontakt. Details waren mir allerdings nicht bekannt. Man wusste nicht, wie es weitergehen würde. Daher ist es toll, dass er in den letzten Vorbereitungsspielen eingesetzt wurde und auch an den ersten drei Spieltagen von Anfang an dabei war. Das ist nicht nur gut für Gareth sondern auch für mich. Er kommt mit frischer Spielerfahrung zu uns. Das ist für mich ein echter Bonus.

[Bale ist Rechtsfuß, doch mit Linksfuß Daniel James von Manchester United haben Sie einen Spieler zur Verfügung, der perfekt für die linke Außenbahn geeignet ist. Darüber sind sie bestimmt nicht traurig… [lacht] Nein, ganz und gar nicht. Ich habe sehr viele Freunde, die Fans von Manchester United sind. Als James zu uns kam, wurde ich von allen Seiten gefragt, wie er denn so sei. Er ist ein sehr interessanter Spieler, ein vielversprechender Akteur, der allerdings auch noch viel zu lernen hat. Wie bei vielen jungen Flügelspielern werden sich seine Abschlüsse und seine letzten Bälle noch verbessern und er wird auch torgefährlicher werden. Doch er kann jetzt schon mit und ohne Ball vielen Gegnern etwas vormachen und auch gefährlich hinter die Abwehr laufen. Zudem ist er ein toller Kerl. Er ist sehr fokussiert, will stets der Beste sein. Aus Sicht eines Anhängers von Manchester United freue ich mich sehr, ihn bei dem Klub zu sehen.

Bei Manchester United geht jetzt Ole Gunnar Solskjaer als Trainer in seine erste volle Saison. Genau wie Sie scheint auch er großes Vertrauen in die Jugend zu haben - wie Ihr langjähriger Trainer Sir Alex Ferguson. Es macht einfach sehr großen Spaß, mit jungen Spielern zu arbeiten, denn man kann quasi bei jeder Trainingseinheit beobachten, wie sie sich verbessern. Und sie sind voller Enthusiasmus. Sie stehen gerade erst am Anfang ihrer Karriere, sie sind erfolgshungrig und wollen sich beweisen. Sie rufen einem ins Gedächtnis, worum es beim Fussball geht. Natürlich machen sie auch Fehler und es fehlt ihnen manchmal an Erfahrung. Aber wie sollten sie Erfahrung sammeln, wenn man ihnen keine Chancen gibt?

Die Qualifikation für die UEFA EURO 2020 begann eigentlich perfekt, aber dann kassierten Sie zwei Niederlagen und jetzt wird es schwierig. Es war hart für uns, denn beide Spiele hätten so oder so ausgehen können. Leider haben wir beide verloren. Aber es hängt nur an Kleinigkeiten. Wir sind nah dran. Ich habe Vertrauen in das Talent unserer Spieler. Jetzt geht es darum, gegen Aserbaidschan wieder Fahrt aufzunehmen. Wir werden das Spiel nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Ungarn zeigt sich derzeit sehr stark während Kroatien eindeutig der Gruppenfavorit ist. Wie sehen Sie die Situation in der Gruppe, in der Sie nach nur einem Sieg in drei Spielen Boden gutmachen müssen? Wir haben nun erst einmal Heimvorteil. Die nächsten drei Spiele sind alle Heimspiele. Dann allerdings kommen wieder zwei schwere Auswärtsspiele, in der Slowakei und dann in Aserbaidschan, was wegen der großen Entfernung und der Reisestrapazen belastend ist. Es ist eine sehr ausgeglichene Gruppe. Alle Teams haben bereits verloren und jeder kann jeden schlagen. Gut für uns ist, dass sich die anderen Teams gegenseitig weitere Punkte abnehmen werden.

Ihr alter Teamkamerad Phil Neville steht bei der Wahl zum The Best – FIFA-Welttrainer – Frauen in der Endauswahl. Insgesamt hat sich der Frauenfussball ja enorm entwickelt. Phil und sein Team im Sommer zu beobachten, hat riesigen Spaß gemacht. Er hat seine Sache sehr gut gemacht. Er war schon immer darauf fixiert, später Trainer zu werden. Ich weiß, dass ihm diese Arbeit sehr viel Spaß macht. Ich wünsche ihm nur das Beste, denn er ist ein prima Kerl, der alles getan hat, um als Trainer einer der Besten zu werden.

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