Freitag 12 Juni 2020, 10:18

Galapagos-Inseln: Ein Paradies für den Nachbarschaftsfussball

  • Die Nachbarschaftsligen im Zentrum der Aufmerksamkeit

  • Frauen- und Jugendfussball im Aufwind

  • Drei Protagonisten zeugen von der Fussballleidenschaft

Die Galapagos-Inseln sind ein zu Ecuador gehöriges Archipel, das in 1.000 Kilometern Entfernung vom Festland mitten im Pazifischen Ozean liegt und vor allem für seine Naturschönheit bekannt ist.

Die Inseln haben Charles Darwin dazu inspiriert, die Evolutionstheorie zu entwickeln, gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe und spielen als zweitgrößtes Meeresreservat des Planeten eine Schlüsselrolle beim Schutz vieler Arten.

Inmitten der Szenerie aus beeindruckender Natur und Geschichte spielt der Nachbarschaftsfussball in Galapagos eine wichtige Rolle.

"Der Fussball ist die beliebteste Sportart und wird hier bereits seit langer Zeit als Freizeitsport praktiziert", erklärt Danilo Cadena, Präsident der Liga Barrial Islas Encantadas de Santa Cruz im Gespräch mit FIFA.com.

Santa Cruz, San Cristóbal und Isabela sind die Hauptinseln. Nach ihnen sind auch die drei Kantone benannt, in die diese ecuadorianische Provinz unterteilt ist, die jährlich 200.000 Touristen empfängt.

"Die Bezirke, Gemeinden und Gremien haben ihre Mannschaften aufgestellt und an den Wochenenden Turniere auf den Fussballplätzen aus festgestampfter Erde und Schotter organisiert. Aber dabei blieb es dann auch", so Cadena weiter.

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"2007 wurde die Liga ins Leben gerufen, deren Präsident ich bin, und der Nachbarschaftssport wurde Jugendfussball getrennt. Ebenso ist man in San Cristóbal und Isabela verfahren, und der Wettbewerb wurde formeller."

"Insgesamt nehmen etwa 60 Männer und 24 Frauenteams teil. Bei den Männern gibt es die Altersklassen Senior (bis 40 Jahre), Máster (zwischen 40 und 50) und Súper Máster (über 50). Bei den Frauen gibt es keine Altersbeschränkung", erklärt Cadena.

"Die Spielfelder haben sich verbessert. Es gibt inzwischen auch Kunst- und Naturrasenplätze mit Flutlicht. Zwar sind es reine Amateurligen, aber einige Spieler erhalten Verpflegungspauschalen, insbesondere wenn es sich um Verstärkungen vom Festland handelt", fügt Cadena hinzu.

"Das Provinzturnier wird reihum von den Kantonen veranstaltet, und der Gastgeber stellt jeweils zwei Teams. Der Sieger repräsentiert die Galapagos-Inseln auf dem Festland bei der nationalen Meisterschaft der Nachbarschaftsligen (Nacional de Ligas Barriales). Manchmal wird das Team auch durch Spieler aus anderen Kantonen verstärkt. Die Sache wird sehr ernst genommen."

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WM-Teilnehmerin aus Galapagos

Andrea Pesantes hat die Leidenschaft für den Nachbarschaftsfussball auf ein neues Niveau gehoben. Die 32-Jährige ist nämlich die einzige Person von den Galapagos-Inseln, die sich in einem ecuadorianischen Nationalteam durchsetzen konnte. Sie gehörte 2015 bei der ersten Teilnahme des Landes an einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ zum Aufgebot Ecuadors.

"Als Kind bin ich immer mit meinen Eltern auf den Fussballplatz gegangen. Wir haben uns mit Begeisterung die Spiele des Männerfussballs angeschaut", erinnert sie sich im Gespräch mit FIFA.com.

So wuchs ihre Liebe zum Fussball. "Mit sechs habe ich schon mit den Jungs aus der Nachbarschaft gespielt. Wir suchten uns immer einen Gegner, mit dem wir um die Limonade spielen konnten. Wir spielten in Fünferteams auf der Straße, die Tore waren Steine und weil ich nicht gerne Schuhe trug, kam ich mit Verletzungen an den Füßen zurück."

Die Stürmerin hat den Übergang von den "ersten Kurzturnieren für Frauen zu den heutigen Nachbarschaftsturnieren" miterlebt, bei denen den Frauen "mehr Raum eingeräumt und mehr Respekt entgegengebracht wird".

Pesantes, die 2019 mit Deportivo Cuenca die ecuadorianische Meisterschaft gewann, nahm vor sechs Jahren zum letzten Mal an einer Nachbarschaftsliga teil. Dann ließen ihre anderen Verpflichtungen die Teilnahme nicht mehr zu.

"Talente gibt es genug, und vielleicht würden mehr Frauen aus Galapagos meinen Weg einschlagen, aber dort sehen sie den Fussball entweder nicht als berufliche Möglichkeit oder müssen die Inseln wie ich verlassen, um ihr Glück zu versuchen", erklärt sie.

Daher hätte ich gern meine eigene Fussballschule, um Jungen und Mädchen auszubilden, die es schaffen können. Ich weiß, wie viel Opferbereitschaft und Disziplin dafür erforderlich sind. Selbst wenn es nicht klappt, können sie den Fussball nutzen, um Stipendien für ein Auslandsstudium zu erhalten."

Denise Pesantes of Ecuador blocks a cross in front of Homare Sawa of Japan

Fussballschule auf den Galapagos-Inseln

Darío Meza zog 2007 aus Guayaquil auf die Galapagos-Inseln, um in den Nachbarschaftsligen etwas Geld zu verdienen, und er hat diesen Schritt nicht bereut. Die Zeit dort hat ihm sogar geholfen sich in der ecuadorianischen Futsal-Nationalmannschaft durchzusetzen, deren Kapitän er später werden sollte.

Auf Santa Cruz hat er seine wahre Berufung gefunden: Unterricht und Coaching bei Atlético Galapagos, dem ersten auf der Insel gegründeten Klub. "Ich habe am Instituto Superior de la Federación den Trainerkurs absolviert und dann den Verein trainiert. Drei Jahre später hat er auch an den Nachbarschaftsmeisterschaften teilgenommen", erzählt er FIFA.com.

Zurück in Guayaquil trainierte Meza für drei Jahre die Futsal-Auswahl. Heute spielen viele der Spieler, denen er geholfen hat, für verschiedene Vereine. Jedes Mal, wenn er zu Besuch kommt, schaut er sich Spiele der Nachbarschaftsligen an. "Talent ist da, aber kein professioneller Ehrgeiz. Für die Menschen auf den Galapagos-Inseln ist der Fussball ein Zeitvertreib. Trotzdem sind die Spiele gut, hart umkämpft und man spürt die Leidenschaft und Liebe zum Fussball."

Dies ist ein Artikel unserer neuen Serie 'Das globale Spiel' über Fussball weit abseits des Rampenlichts. In der kommenden Woche geht die Reise nach Sint Maarten.

Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Alessandro Sanchez und Danilo Cadena Hinweis: Besonderer Dank geht an Nancy Cellán und Italo Barrera für die Zusammenarbeit bei diesem Artikel