Sonntag 10 Mai 2020, 10:32

Ramadan unter besonderen Vorzeichen

  • Der Fastenmonat bietet muslimischen Fussballern in diesem Jahr ein ganz besondere Erfahrung

  • Der Ramadan fällt in die fussballerische Auszeit wegen COVID-19

  • Die Spieler können ihren religiösen Pflichten nachkommen und Bedürftige unterstützen

Im islamischen Fastenmonat Ramadan stellt sich oft die Frage, ob es für Sportler im Allgemeinen und für Fussballer im Besonderen möglich ist, den gesamten Tag ohne Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme zu verbringen, ohne dass sich dies auf ihre Leistungsfähigkeit und körperliche Fitness auswirkt.

Dieses Jahr allerdings stellt die andauernde COVID-19-Pandemie für muslimische Fussballer in gewisser Weise einen Silberstreif am Horizont dar. Denn weil der Fussball derzeit nahezu weltweit ruht, müssen sie nicht trainieren oder spielen, ohne wegen des Fastengebots tagsüber trinken oder essen zu dürfen. Sie können in diesem Jahr im Fastenmonat ihre religiösen Pflichten erfüllen und viel wertvolle Zeit mit ihren Familien und Angehörigen verbringen.

Eine neue Situation

In diesem Jahr eröffnet der Fastenmonat Ramadan zahlreichen muslimischen Spielern ganz neue Erfahrungen. So sagt der algerische Nationalspieler Islam Slimani gegenüber FIFA.com: "Für muslimische Spieler ist das eigentlich eine gute Sache. Früher habe ich im Ramadan trotz des Trainings und der Spiele gefastet, denn für mich ist der Ramadan wie für alle Moslems ein geheiligter Monat."

Slimani, der von Leicester City an den Ligue 1-Klub AS Monaco ausgeliehen ist und schon in Portugal und der Türkei spielte, fügte hinzu: "Einige Spieler konnten das Fastengebot während des Ramadans nicht einhalten. Doch in diesem Jahr stecken wir nicht in diesem Dilemma."

Youssef Mohamad, Ex-Kapitän des 1. FC Köln und ehemaliger libanesischer Nationalspieler, sprach von einer großartigen Gelegenheit für muslimische Spieler, in diesem Jahr die spirituelle Seite des Ramadan ohne sportlichen Druck durch Training und Spiele zu erleben.

"Dass die fussballerischen Aktivitäten derzeit ruhen, hat für muslimische Spieler Vorteile", so der Libanese. "Nun können sie während des heiligen Monats fasten, ohne sich beim Training und in den Spielen verausgaben zu müssen. In diesem Jahr können sie die besondere Atmosphäre des Ramadan viel intensiver erfahren."

Der frühere Verteidiger, der von den Fans den liebevollen Spitznamen *Dodo* bekam, spielte auch drei Jahre für den SC Freiburg und erinnert sich noch gut an die Herausforderungen durch den Ramadan in dieser Zeit: "Während meiner Zeit in Europa war das Fasten ziemlich hart, weil die Fastenzeit besonders lang war. Anfänglich wer es sehr schwer für mich, trotz des Drucks durch die Spiele zu fasten. Später wurde es dann dank eines Ernährungsspezialisten beim FC Köln etwas besser."

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Hilfe für andere Menschen

"Die Quarantäne wegen des Coronavirus ist eine bedrückende Angelegenheit, aber für muslimische Spieler hat sie zumindest auch eine gute Seite", so der französische Spieler Wilfried Moimbé gegenüber FIFA.com. "In den letzten Jahren lag der Ramadan zu einer recht schwierigen Zeit, nämlich während der Vorbereitungen auf die neue Saison, wenn das Training besonders lang und anstrengend ist. Oftmals gibt es dann zwei oder sogar drei Trainingseinheiten am Tag. In solchen Zeiten ist es nicht leicht, das Fasten durchzuhalten. Wir müssen Wasser trinken, um etwas Energie zu tanken."

"Das Fasten zu Hause gibt mir in diesem Jahr die Gelegenheit, wertvolle Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern zu verbringen und im heiligen Monat Bedürftigen zu helfen. Dazu hatten wir in der Vergangenheit meist keine Gelegenheit", so der 31-jährige Linksverteidiger weiter.

Der Fussballverband von Bangladesh nutzt die Unterbrechung des Spielbetriebs im Ramadan in diesem Jahr, um Menschen im Land zu helfen, die durch die COVID-19-Pandemie besonders betroffen sind. Der Verband stellt Lebensmittelpakete für das abendliche Fastenbrechen (*iftar*) bereit und verteilt sie täglich vor dem Gebäude in Dhaka an mehr als 300 Menschen.

"Der BFF stellt täglich solche iftar-Pakete zusammen und verteilt sie an besonders Bedürftige, also Waisen, Arbeitslose und andere Menschen in Not", so Ahsan Ahmed Amit, der Presse- und Kommunikationsmanager des Verbands.

"Unter der Leitung von BFF-Präsident Kazi Salahuddin und der Leiterin der Abteilung für Frauenfussball Mahfuza Akter Kiron haben wir einen Plan entwickelt, den Menschen im Fastenmonat und bis zum Ende der Quarantäne zu helfen. Zahlreiche aktuelle und frühere Nationalspieler sowie Klubs beteiligen sich an der Hilfe für Bedürftige und der Verteilung von Lebensmitteln und untermauern damit die wichtige Rolle, die der Fussball in unserer Gesellschaft spielt."