Mittwoch 04 Mai 2016, 08:14

Ben Nabouhane: Wenn schon kein Held, dann wenigstens Vorbild

Die Ruhmeshalle der griechischen Mythologie ist voll von Helden mit klangvollen Namen. Es handelt sich um Gestalten, die dank ihres Muts und ihrer bemerkenswerten Taten den Lauf der Geschichte beeinflusst haben. Sie wurden zu Legenden, die im kollektiven Gedächtnis verankert blieben. Herakles, Theseus, Achilles oder Odysseus könnten nun Gesellschaft bekommen. In Gestalt des Stürmers von Levadiakos, El Fardou Ben Nabouhane.

Wie aus dem Nichts schoss sich der komorische Angreifer in der vergangenen Saison der griechischen Meisterschaft bis auf den zweiten Platz der Torschützenliste. In dieser Spielzeit kehrte er nach einer langen Verletzungspause gerade rechtzeitig zurück, um seiner Nationalmannschaft einen Erfolg zu sichern, dem sie seit 2007 und ihrer ersten Teilnahme an der Qualifikation für ein großes internationales Turnier hinterherläuft.

"Nein, ich sehe mich nicht als Held", amüsiert sich der Star aus dem kleinen Inselstaat im indischen Ozean. "Ein Held rettet Leben. Ich bin ein menschliches Wesen, ganz normal. Ich spiele nur Fussball. Wenn ich den Menschen durch meinen Beruf Freude machen kann, umso besser", sagt der Torjäger bescheiden, der den Komoren mit seinem Siegtreffer zum 1:0 in der Qualifikationspartie zur CAF Afrikameisterschaft gegen Botsuana den ersten Pflichtspielsieg ihrer Geschichte bescherte.

Sintflutartige Regenfälle boten den Rahmen dieser Partie am 24. März gegen die Zebras. Die Niederschläge waren so stark, dass sich der kenianische Schiedsrichter Ducan Lengani gezwungen sah, die Partie in der zweiten Halbzeit für eine Viertelstunde zu unterbrechen. Bis zu dem Moment hatte das Wetter die Angreifer nicht gerade inspiriert. Die Anzeigetafel zeigte keine Tore an. Doch der Himmel über der Insel Ngazidja, wo die Begegnung stattfand, riss für einen Moment auf, so dass die 22 Akteure auf den Platz zurückkehrten. Kurz darauf trug Ben Nabouhane mit einem Flachschuss die Sonne auch in die Herzen der Anhänger.

"Dieses Tor ist gleichzeitig auch für mich sehr wichtig, da ich eine lange Verletzungspause hinter mir hatte. Für mein Land zu treffen, lag mir sehr am Herzen. Die Komoren sind eine kleine Fussballnation. Es ist ein schönes Land, aber arm. Ich hoffe, dass mein Tor den Komorern ein wenig Freude bereitet hat. Und dass auf diesen Erfolg noch viele andere folgen", sagt der Stürmer hoffnungsfroh. Als erster komorischer Spieler, der 2007 in Le Havre einen Profivertrag unterschrieb, nahm er ohnehin schon einen Platz in der Fussballgeschichte seines Landes ein.

Wie Payet "Den Ehrgeiz, mit dem Fussball meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, habe ich sehr früh entwickelt, schon als Kind. Ich ging immer zu den Spielen meines Vaters, der in Mayotte als Amateur spielte. Er war mein Vorbild! Als ich um die zehn, elf Jahre alt war, schickten mich meine Eltern zu meiner Großmutter auf die Insel Réunion, damit ich auf die besten Schulen gehen konnte, aber der Fussball behielt die Oberhand. Ich trat dem Verein JS Saint-Pierroise bei und durchlief alle Altersklassen. Dieser Klub hat eine Partnerschaft mit Le Havre. Und wie Dimitri Payet, Guillaume Hoarau oder Florent Sinama Pongolle vor mir führte mich mein Weg bis in die Normandie. Dort begann meine Profikarriere", berichtet der Angreifer.

Leider bekam Ben Nabouhane nur selten die Gelegenheit, sein Können im Trikot des nordfranzösischen Traditionsklubs zu zeigen. 2011 verließ er im Alter von 22 Jahren die Hafenstadt, um beim unterklassigen OC Vannes anzuheuern. Dort bekam er genügend Spielzeit, so dass der griechische Verein PAE Veria auf ihn aufmerksam wurde. 25 Tore und zwei Spielzeiten später war er zu einem der Stars der griechischen Meisterschaft avanciert. "Das war der Auslöser. Ich hatte einfach eine Luftveränderung gebraucht. In Frankreich stagnierte ich, obwohl ich zugebe, dass ich dort alles gelernt habe. In Griechenland begann ich zu treffen und mein Selbstvertrauen wurde immer größer", analysiert er.

Der Spitzenklub Olympiakos beschloss, sich am Ende der Saison 2015 die Dienste des Komorers zu sichern. Doch in der Vorbereitung erlitt Ben Nabouhane einen Kreuzbandriss. "Die Saison war natürlich weniger glanzvoll und etwas kürzer für mich", sagt der Stürmer mit ironischem Unterton. "Um wieder auf die Beine zu kommen, wurde ich im Januar an APO Levadiakos ausgeliehen. Dort habe ich genau das gefunden, was ich gesucht habe. Das Gefühl ist wieder zurückgekehrt, ich habe die Freude am Spielen und am Toreschießen wiedergefunden. Das reicht mir, um glücklich zu sein."

Nebenbei macht er damit auch seine Kinder froh: "Ich habe zwei kleine Jungs, die fussballverrückt sind. Sie lieben es, ihren Papa im Fernsehen zu sehen. Sie verfolgen alle Spiele von mir und sind sehr stolz auf mich. Also muss ich darauf achten, ihren Erwartungen zu entsprechen", sagt Ben Nabouhane zum Abschluss. Wenn er schon kein Held sein will, dann wenigstens ein Vorbild.