Freitag 23 September 2016, 21:17

Trainerausbildung: Ein weiterer Teil des Legacy-Programms der WM

Im Rahmen des Legacy-Programms der FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 wurde vom 12. bis zum 16. September 2016 in Cali ein gemeinsam von der FIFA und dem kolumbianischen Fussballverband organisierter Lehrgang für Futsal-Trainer abgehalten.

FIFA-Ausbilder war der Brasilianer Paulo Cesar de Oliveira, besser bekannt als 'PC Olivera', der Brasilien 2008 im eigenen Land zum Titelgewinn führte. Am Seminar nahmen 38 Trainer und Trainerassistenten teil; 26 von ihnen von Vereinen der Argos-Liga Kolumbiens und zwölf aus südamerikanischen Ländern, die sich nicht für die Weltmeisterschaft qualifiziert hatten.

"Die FIFA hat insgesamt vier Futsal-Kurse abgehalten, einen im Bereich Sportmanagement, einen Basiskurs, einen für Schiedsrichter und diesen Kurs auf höchstem Niveau für Trainer", erzählte Oliveira gegenüber FIFA.com. "Neben der Weiterentwicklung des Futsals ist das Ziel, Trainer zu Multiplikatoren zu machen, die die vermittelten Inhalte dann in ihre Vereine, Städte, Regionen, Provinzen und Länder tragen."

Der Aufbau der Botschaft Ganz wichtig wäre, so Oliveira, die Art und Weise, wie die Botschaft aufgebaut ist: "Die FIFA schlägt einen systemischen Ansatz vor, denn der Aufbau der Wissensvermittlung erfolgt kollektiv. Deswegen spielen nicht nur Technik, Taktik und Didaktik eine Rolle, sondern es sind auch die Spielweise und die Geschichte jedes Landes oder jeder Region zu berücksichtigen. Diese Aspekte dürfen auf keinen Fall außer Acht gelassen werden."

Der Lehrgang umfasste vier theoretische und praktische Einheiten. "Wir haben für die sechs Phasen eines Spiels sechs Bereiche definiert: Abwehr, Umschalten in den Angriff, Offensive, Umschalten in die Defensive, Einbindung des Torhüters und Spielstrategie. Außerdem haben wir individuelle Unterteilungen je nach Position vorgenommen. Am Ende muss sich jeder Trainer für sein System entscheiden und dabei auch den Beschränkungen durch die Örtlichkeiten, die Strukturen und die Spieler Rechnung tragen."

Oliveira hält die Abhaltung eines derartigen Seminars während einer Weltmeisterschaft für äußerst befruchtend. "Wenn man dann die Gelegenheit hat, Spiele auf diesem Niveau zu sehen, kann man theoretische und praktische Fragen direkt vor Ort analysieren, aber auch Situationen erleben, die über das im Kurs Planbare hinausgehen und anschließend erörtert werden."

Ansichten eines einheimischen Trainers Geovanny Escobar stimmt ihm zu. Mit seinen 36 Jahren ist Escobar Trainer von Real Antioquia, dem letzten Meister der Argos-Liga, einem Wettbewerb mit 20 Teams, der von Tag zu Tag wichtiger wird. "Ein derartiger Lehrgang während einer Weltmeisterschaft ist eine großartige Sache. In Kolumbien legen wir großen Wert auf empirische Arbeit, weswegen wir die vermittelten Inhalte in einem Spiel wie beispielsweise Italien gegen Guatemala direkt in die Praxis umgesetzt sehen. Es gibt nichts Besseres, als all das auf seiner Netzhaut zu speichern."

Der ehemalige Flügelstürmer, der erst vor einem Jahr die Fussballschuhe an den Nagel gehängt hat, fährt fort: "Wir sind hier der Ansicht, dass unsere Arbeitsweise dem weltweiten Standard entspricht, aber das trifft nicht zu. Lehrgänge wie dieser helfen, klarere Konzepte für uns zu erstellen und Details zu beachten, die wir bislang nicht berücksichtigt haben. Es ist so, als ob man Futsal aus einer ganz anderen Perspektive sehen würde."

Ein Beispiel dafür? "Die Notwendigkeit, ein Spiel systematisch zu analysieren, um noch produktiver zu sein, so wie Spanien es macht", sagt Escobar. "Der kolumbianische Spieler macht es sich leicht, er ist bequem. Wir müssen nun bei unseren Spielern darauf Wert legen, dass sie auch Verantwortung untereinander übernehmen."

Aufgrund der großen Anzahl kolumbianischer Trainer unter den Teilnehmern setzt Escobar darauf, dass der Lehrgang "zur Weiterentwicklung des Futsal im Land beitragen wird". "Es wäre ideal, wenn unsere Spieler noch wettbewerbsfähiger würden. Es gibt hier so viele Talente, die wir als Trainer bislang nicht genutzt haben."

Auf einer anderen Ebene Der Uruguayer Jorge Seré spielte als Torhüter bei Nacional Montevideo, einem Verein, mit dem er die Copa Libertadores de América, einen Interkontinental-Pokal und die uruguayische Meisterschaft gewann. Seit 2004 ist er Futsal-Trainer und betreut gegenwärtig die Frauenauswahl seines Landes.

"Dieser Kurs hat ein höheres Niveau als das, was ich gegenwärtig im Frauen-Futsal anwenden kann", sagt der 55-jährige Trainer. "Nachdem ich die verschiedenen Konzepte verinnerlicht habe, muss ich sehen, wie ich sie auf einen Ort mit eingeschränkten Arbeitsbedingungen umsetze, an dem sie fast nicht anwendbar sind."

"Um eine Auswahl zusammenzustellen, verfüge ich über 20 Trainingseinheiten mit Spielerinnen, die vielleicht neun oder zehn Monate nicht gespielt haben. Das ist alles andere als einfach."

"Das Beeindruckende an diesem Lehrgang ist, wie er dir die Augen öffnet", fährt er fort. "Es ist wichtig, dass ein Dozent vom Kaliber eines 'PC' Wert darauf legt, dass das, was er sagt, nicht die absolute Wahrheit ist, sondern nur seine Ansichten wiedergibt. Das ist gerade für mich sehr wichtig, denn ich muss allem, was ich hier erlerne, etwas Eigenes hinzufügen."

Wegen seiner aktiven Zeit legt Seré sein Augenmerk besonders auf die Torhüter, und zwar sowohl im Kurs wie auch in den Spielen, die er in Cali gesehen hat. "Einen fliegenden Torhüter einzusetzen oder nicht, hängt von den einzelnen Spielern ab. Ich habe feststellen können, dass man in Uruguay - sowohl bei den Männern wie auch bei den Frauen - große Probleme mit Eckbällen hat. Das Gute ist, dass man gezielt an diesem Defizit arbeiten kann."

Oliveira erhält das letzte Wort. "Dieser Kurs möchte ein südamerikanisches Arbeitsmodell entwerfen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten. Um das zu entwickeln, müssen wir unsere Ideen austauschen. Dieser Austausch darf jedoch nicht im Abstand von vier Jahren stattfinden. Wir müssen unbedingt den eingeschlagenen Weg fortsetzen."