Abdelnaser und der geplatzte Traum

Es hätte so schön werden können. Ein Sieg gegen Russland und Ägypten wäre nach dem Auftaktsieg gegen Kuba bereits mit einem Bein im Achtelfinale der FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 gestanden. Torhüter Gamal Abdelnaser betrat demnach voller Vorfreude und Selbstvertrauen das Parkett in Medellin.

Mit den Fingern zeigte der 23-Jährige noch schnell ein Herzchen in die Kamera, aufstellen für die Hymne und los geht es. Doch dann kam die kalte Dusche. Nach zwölf Sekunden musste Ägyptens Nummer eins den Ball erstmals aus dem Tor holen, nach 62 Sekunden bereits zum zweiten Mal. "Wir hatten heute einfach nur Pech", meinte er tief niedergeschlagen im Anschluss am Mikrofon von FIFA.com. "Heute wollte uns gar nichts gelingen. Wir hatten Stoppfehler, spielten Fehlpässe und man muss einfach zugeben: Russland war sehr stark."

Das einzig Gute an diesen Gegentoren: es war noch sehr viel Zeit auf der Uhr. Hat Abdelnaser denn nach diesem frühen Rückstand überhaupt noch daran gedacht, dass sie die Partie noch gewinnen können? "Ehrlich gesagt nicht", gab er ganz unverblümt zu. Aber aufgeben wollten die Pharaonen noch nicht. "Der Trainer sagte uns in der Halbzeit, wir müssen die ersten 20 Minuten einfach vergessen und das Spiel von vorne beginnen." Doch leider hatten die Russen den gleichen Gedanken und trafen erneut mit dem ersten Schuss.

Somit war der Traum, den der Schlussmann und sein Team vor dieser Partie hatten, schnell ausgeträumt. Für seine Geschwister, seine Eltern und seine Verlobte, die in der Heimat gebannt vor dem Fernseher saßen, wollte er diesen Erfolg unbedingt erreichen.

Trost der Geliebten Diesen allen galt auch das Herz vor dem Spiel. Abdelnaser hat drei Schwestern und einen Bruder – allesamt älter als er. Von seiner Familie und vor allem von seiner Verlobten braucht er nun unbedingt tröstende Worte. Was wird er seiner Geliebten nach so einem Spiel am Telefon sagen?

"Ich liebe dich", meint er mit zitternder Stimme und mehr wird der 1,76 Meter große Schlussmann wohl auch nicht herausbringen. Er war komplett niedergeschlagen, schließlich musste er alles von hinterster Position beobachten. Mit einigen guten Paraden sorgte er letztendlich dafür, dass es beim 6:1 blieb. "Ich habe die ganze Zeit versucht mit meinen Mitspielern zu sprechen und sie zu führen, aber heute wollte einfach nichts klappen", resignierte er.

Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Abdelnaser nur noch zurück ins Hotel wollte, um zum Hörer zu greifen. Ebenso wie alle seine Teamkameraden, die bereits im Bus saßen. Die Ägypter wollten das Coliseo Ivan de Bedout so schnell wie möglich verlassen und diese Niederlage vergessen. Auf dem Rückweg sollte der Keeper jedoch vielleicht noch einmal an die Worte seines Trainers in der Halbzeitpause denken und diese für das abschließende Gruppenspiel gegen Thailand berücksichtigen: es geht alles von vorne los.

Denn mit einem Sieg gegen die Asiaten, kann alles wieder so schön werden, wie er es sich heute schon ausgemalt hatte.