Dienstag 30 April 2019, 07:00

Stepinski: "Beobachten und von den Besten lernen"

  • Polen zog überraschend ins Finale des Algarve Cups 2019 ein

  • Größter Aufsteiger in der aktuellen Ausgabe der Frauenweltrangliste

  • "Beobachten und von den Besten lernen"

Das Jahr 2019 hätte für Milosz Stepinski und seine Mannschaft kaum besser anfangen können. Beim Algarve Cup 2019 zog die polnische Frauen-Nationalmannschaft ins Finale ein und sprang dadurch in der aktuellen Ausgabe der FIFA/Coca-Cola-Frauenweltrangliste um sechs Plätzen nach oben (von 34 auf 28) .

"Es war eher eine Überraschung, dass wir das Finale erreichten. Alle Teams haben sich auf den Angriff fokussiert. Wir waren in der Verteidigung sehr gut organisiert und im Umschalten effizient, vielleicht deshalb“, so Nationaltrainer Stepinski im Gespräch mit FIFA.com. "Wir arbeiten an unserer neuen Strategie - hauptsächlich den Übergangsphasen zwischen Verteidigung und Offensive. Wir arbeiten sehr hart daran, weil wir nicht so gut sind. Wir können mit Norwegen oder Spanien nicht auf offenem Feld kämpfen, da sie einfach die besseren Spielerinnen haben, so einfach ist das. Wir müssen eine Strategie finden, die die Offensivkraft des Gegners unterbindet und unsere Kraft effizienter macht.“

Eine Strategie, die aufzugehen scheint. An der Algarve setzten sich die Polinnen gegen die in der Rangliste deutlich höher platzierten Teams Spanien (13.) und die Niederlande (8.) durch. Mit 3:0 beziehungsweise 1:0 wurden die Kontrahentinnen in die Kabinen geschickt.

"In unser kurzen Frauenfussballgeschichte hatten wir keine Chance, gegen so starke Mannschaften wie Spanien und vor allem den Europameister Niederlande zu gewinnen. Aber, da bin ich ganz ehrlich, wir waren in beiden Spielen nicht die bessere Mannschaft - wir waren der Außenseiter. Wir waren gut organisiert, hatten aber nicht viel Ballbesitz, vielleicht 20 bis 25 Prozent. Unsere Devise lautet: Wir brauchen keinen Ball, um das Spiel zu kontrollieren. Ich habe meinen Spielerinnen gesagt, dass es besser ist, während des Spiels auf dem Feld zu leiden, als später in der Umkleidekabine - und sie waren damit einverstanden und sind ohne Ball gerannt.“

Am 27. Juni 1981 bestritt die Frauennationalmannschaft Polens ihr erstes Länderspiel und war bisher noch bei keinem großen Turnier dabei. In der Qualifikation für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019™ musste das Ensemble von Stepinski den Schottinnen und Schweizerinnen den Vortritt lassen und landete am Ende auf Platz drei.

"Ich habe nur wenige internationale Spielerinnen wie zum Beispiel Katarzyna Kiedrzynek [PSG] oder Katarzyna Daleszczyk [Sassuolo]. Die meisten von ihnen spielen in der polnischen Liga, die, ehrlich gesagt, verglichen mit Norwegen, Spanien oder den Niederlanden, auf einem schlechteren Niveau ist", gibt der 44-Jährige zu bedenken. "Vor wenigen Tagen hatten wir im Polnischen Fussballverband [Polski Związek Piłki Nożnej] einen großartigen Gipfel mit unserem Präsidenten Zbigniew Boniek, um über unsere Bedenken hinsichtlich des Frauenfussballs in Polen zu sprechen. Tatsächlich tut der Verband viel, um die Nationalmannschaften zu verbessern. Das Niveau, mit dem wir ausbilden und bei den Nationalmannschaften arbeiten, ist hoch. Es besteht jedoch immer noch eine große Kluft zwischen dem, was wir mit den Nationalmannschaften machen, und dem, was in den Vereinen gemacht wird. Und meiner Meinung nach wird diese Kluft immer größer.“

Dass diese Kluft kleiner werden muss, ist in den Augen von Stepinski das oberste Ziel. Denn nur so kann der Frauenfussball in seinem Heimatland weiter nach vorne gebracht werden. Da er selbst nur 15 oder 16 Tage im Jahr mit den Spielerinnen verbringt und auf rund 20 bis 25 Trainingseinheiten im Jahr kommt, muss ein Großteil der Arbeit in den Klubs geleistet werden. Nur so kann eine solide Basis geschaffen werden. "Die Idee ist, unsere Liga neu zu organisieren. Vielleicht mit weniger Mannschaften, da wir nicht so viele Fussballerinnen in unserem Land haben. Vielleicht 20.000? Es werden immer mehr, aber es ist immer noch eine kleine Anzahl im Vergleich zu den 38 Millionen Einwohnern, die wir in Polen haben. Wir kennen diese Probleme und es ist nicht leicht, einen Weg zu finden, diese zu lösen."

Auch wenn Polen erneut dazu verdammt ist, die Frauen-WM als Zuschauer zu verfolgen, wird sich Stepinski diese Chance nicht entgehen lassen. Die Besten der Besten auf dem Platz zu sehen, heißt für ihn: Trends entdecken und erfahren, welche neuen taktischen, technischen Lösungen es im Frauenfussball gibt. "Wenn Du den richtigen Weg einschlagen willst, dann musst du die Besten beobachten und von ihnen lernen." Und wer weiß? Vielleicht lernen andere Teams irgendwann auch von ihm und seiner Elf.

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