Donnerstag 23 Februar 2017, 08:18

Neues Polen auf dem Weg zu alter Stärke

Vor rund 40 Jahren war Polens Nationalmannschaft schon einmal Bestandteil der absoluten Weltklasse, als man 1972 Olympiasieger wurde und sowohl 1974 als auch 1982 jeweils Rang drei bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ belegte.

Nun befinden sich die Biało-Czerwoni (die Weiß-Roten) wieder auf dem Weg dorthin – und wer könnte das besser beurteilen als Zbigniew Boniek, der in den 70ern und 80ern einer der Schlüsselspieler jener legendären polnischen Teams war und heute als Präsident des nationalen Fussballverbands (PZPN) fungiert. "Wir haben in den letzten Jahren sehr viel erreicht und werden unseren Weg weitergehen. Wir werden unser Augenmerk auch künftig auf den Jugend- und Amateurfussball richten und versuchen, unsere Frauen-Nationalmannschaft auf das Niveau der Herren-Nationalmannschaft zu heben, die sich wirklich prächtig schlägt", erklärte der mittlerweile 60-Jährige im Oktober 2016 bei seiner Wiederwahl.

Dass sich Polens Team tatsächlich auf dem Weg zurück in die absolute Elite befindet, lässt sich auch an der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste bemerken: in der Februar-Ausgabe findet man die Elf auf dem 14. Rang – der besten Platzierung jemals seit Einführung der Weltrangliste. Durchschnittlich belegte Polen hier den 40. Platz, 2013 war man gar einmal bis auf Rang 78 abgestürzt.

Es ist kein Zufall, dass 2013 auch das Jahr ist, in dem der aktuelle Nationaltrainer Adam Nawalka das Ruder übernahm. Der Mann, der als Spieler 1978 polnischer Meister wurde und selbst an der WM in Argentinien teilnahm, installierte eine neue Mentalität in die Mannschaft. Mehr Seriosität, mehr Ernsthaftigkeit und eine äußerst gewissenhafte Planung sind sein Markenzeichen. Ein wenig überraschend ist es schon, dass es ausgerechnet Nawalka gelungen ist, die Polen zurück in Europas Spitze zu führen, denn besondere Erfolge als Vereinstrainer hatte er zum Zeitpunkt seiner Ernennung nicht vorzuweisen.

Dafür aber formte er um Superstar Robert Lewandowski, zweifelsohne ein Stürmer von Weltklasse-Format, eine äußerst unangenehm zu bespielende Mannschaft: im Tor verfügt man mit Lukasz Fabianski und Wojciech Szczesny über zwei Spieler, die sich schon als sicherer Rückhalt auszeichnen konnten. Davor hat es Nawalka geschafft, um Kamil Glik im Zentrum herum eine knallharte Defensive ins Leben zu rufen, aus der heraus die Polen mit ihren schnellen Flügelspielern Kamil Grosicki und Jakub Błaszczykowski rasch umschalten können. Im Sturm hat es sich als fundamental erwiesen, dass sich mit dem 22-jährigen Arkadiusz Milik ein Angreifer gefunden hat, der die Räume zu nutzen weiß, die sich durch die Konzentration der gegnerischen Abwehrreihen auf Lewandowski ergeben. Angeführt wird die polnische Mannschaft im zentralen Mittelfeld immer noch durch Grzegorz Krychowiak, der mit Sevilla zwei Mal in Folge die UEFA Europa League gewann, bei Paris Saint-Germain momentan aber eine schwierige Zeit durchmacht.

"Wir sind eine ganz andere Mannschaft, mit einem neuen Trainer und einer neuen Spielweise. Wir sind eine neue Generation", bestätigt auch Milik, der eine entscheidende Rolle bei der Schaffung dieser neuen polnischen Mannschaft, die an sich selbst glaubt, spielte. Im Oktober 2014 trat Polen im Warschauer Nationalstadion gegen den frischgebackenen Weltmeister Deutschland an, gegen den man zuvor noch nie hatte gewinnen können. Milik legte das 1:0 vor, am Ende triumphierten die Rot-Weißen mit 2:0. "Das ist das beste polnische Team, in dem ich je gespielt habe", bestätigte dann auch Lewandowski.

Die Erfolge stellten sich weiter ein, überraschend waren sie nicht mehr. Hinter Deutschland, aber souverän vor der Republik Irland, Schottland, Georgien und Gibraltar beendete man die Qualifikation zur EM 2016 und fuhr nach Frankreich. Dort zeigte man beim 0:0 in der Gruppenphase gegen die DFB-Elf erneut, dass man nicht einfach zu bezwingen ist, was auch der spätere Europameister Portugal erfahren musste. Im Viertelfinale, das für eine polnische Mannschaft bei EM-Turnieren ebenfalls eine Premiere war, setzten sich die Iberer letztendlich im Elfmeterschießen durch. Wer weiß schon, was mit ein wenig mehr Glück für die Osteuropäer möglich gewesen wäre?

Dass Nawalkas Team nichts von seinem Biss eingebüßt hat, kann man derzeit wieder in der Qualifikation zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ bewundern: Ungeschlagen führt man das Klassement der Gruppe E vor Montenegro, Dänemark, Rumänien, Armenien und Kasachstan an und hat die Endrunde fest im Visier, auch wenn es bis dahin noch ein weiter Weg ist.

Sollte Nawalkas Team in Russland seine Visitenkarte abgeben, könnte es bis dahin vielleicht sogar den Status eines Geheimfavoriten haben. Wie es schon einmal in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Fall war.