Donnerstag 14 November 2019, 11:28

Chiles Roja im Aufwind

  • Chile belegt in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste der Frauen Platz 37

  • 2019 war ein erfolgreiches Jahr für den chilenischen Frauenfussball

  • Wir sprachen mit Torhüterin Christiane Endler über die Dynamik dieser Sportart

In Chile ändert sich etwas, auch im Bereich des Sports. 2019 wird zweifellos als revolutionäres Jahr für den Frauenfussball in die Geschichte des Landes eingehen.

Nachdem die Roja im Juni ihr Debüt bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft gegeben hatte, erreichte die Nationalmannschaft im September mit Rang 37 ihre bislang beste Position in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste.

"Es war ein sehr wichtiges Jahr. Die Erfahrungen unserer Nationalmannschaft waren von enormer Bedeutung. In letzter Zeit haben wir in den besten Stadien der Welt gespielt. Das hat es zuvor noch nie gegeben und die Spielerinnen zeigten bemerkenswerte Leistungen", bestätigte Trainer José Letelier.

Die WM als Initialzündung

Nach der Enttäuschung über die um ein Tor verpasste Qualifikation für das Achtelfinale der WM 2019 in Frankreich konnte sich das chilenische Fussballprogramm rasch erholen und wieder an Kraft gewinnen, als im September das internationale UBER-Frauenfussballturnier gewonnen und dabei die Gastgeberinnen aus Brasilien im Elfmeterschießen besiegt wurden, die daraufhin erstmals in ihrer Geschichte nicht mehr zu den Top 10 der FIFA-Weltrangliste gehörten.

"Die Weltmeisterschaft war der Beginn einer wichtigen Entwicklung in Chile", sagte Torhüterin Christiane Endler in einem Gespräch mit der FIFA. Die Spielführerin der Roja verweist jedoch auf einen längeren und tieferen Prozess.

"In letzter Zeit hat es viele Veränderungen gegeben. Der Frauenfussball wird stärker unterstützt und in den Mittelpunkt gerückt. Nun sind wir besser sichtbar: Die Menschen kennen die Spielerinnen. Viele Vereine haben ihre Mentalität geändert und beschlossen, mehr Ausbildungsstätten für Mädchen ins Leben zu rufen", erklärte die Finalistin bei den The Best – FIFA Football Awards 2019 in der Kategorie FIFA-Welttorhüterin.

Das ist eine enorme Wertschätzung für sie, die auch die uneingeschränkte Unterstützung der Öffentlichkeit genießt, wie man zum Beispiel im ersten Spiel sehen konnte, das das Team nach der WM in Chile absolvierte. 16.370 Zuschauer trotzten im Oktober in Temuco dem Regen und dem Wind, um dem 3:0-Sieg der Roja gegen Uruguay beizuwohnen.

Im Fokus der Spitzenklubs

Das Talent der chilenischen Fussballspielerinnen ist unbestritten und immer mehr Spielerinnen werden von Vereinen großer Ligen verpflichtet. Endler, die Stammtorhüterin des französischen Spitzenvereins Paris Saint-Germain, Carla Guerrero, die bei Rayo Vallecano in der spanischen Liga unter Vertrag steht, sowie Francisca Lara und Rocío Soto, sind nur einige der Nationalspielerinnen, die ihre Brötchen im Ausland verdienen.

Die Erfahrung der Schlüsselspielerinnen in Top-Ligen wirkt sich auch positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Nationalmannschaft aus.

"Die Möglichkeit, für einen solch renommierten Verein wie PSG zu spielen, wo man immer erfolgreich sein muss, um nicht auf die Ersatzbank verbannt zu werden, hat mir dabei geholfen, mein Spiel auf ein anderes Niveau zu bringen", betont Endler. "Ich trainiere viel härter – auch außerhalb der Trainingseinheiten mit der Mannschaft. Es ist wichtig, ehrgeizig, lernwillig und perfektionistisch zu sein und immer daran zu glauben, dass man es noch besser machen kann... denn nur auf diese Weise wird man besser."

Nächste Station: Tokio

Es ist an der Zeit weiterzuarbeiten, denn – wie die Torhüterin betonte – war Frankreich nicht das Ende des Weges, sondern erst "der Beginn einer wichtigen Entwicklung für das Land". Die internationale Konkurrenz wird immer stärker und die Roja will keinesfalls den Anschluss verlieren.

Bei den jüngsten internationalen Terminen hat bereits die Arbeit im Hinblick auf die nächste Herausforderung begonnen – das Olympische Fussballturnier der Frauen Tokio 2020.

"Wir spielen im April das Playoff-Duell (gegen einen afrikanischen Vertreter, der noch nicht feststeht, Red.) und bereiten uns optimal darauf vor, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und uns einen weiteren Traum zu erfüllen – die Teilnahme an Olympischen Spielen. Das ist eine unglaubliche Erfahrung, die jeder Weltsportler gerne machen möchte", betont Endler hoffnungsvoll.

Trotz zweier Niederlagen bei einem australischen Mini-Turnier im November (1:2 und 0:1) blieb Trainer Jose Letelier alles in allem zuversichtlich: "Ich bin mit der Leistung und der Konzentration, die die Spielerinnen an den Tag gelegt haben, sehr zufrieden. Wir wissen, dass es noch Kleinigkeiten gibt, die Teil des Wachstums- und Lernprozesses sind, doch ich bin davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

Angesichts der Dynamik eines revolutionären Jahres für Chile will die chilenische Nationalmannschaft ihre eigene Messlatte höher legen und neue Kapitel zur Geschichte des Frauenfussballs hinzufügen.