Mittwoch 07 Oktober 2020, 23:28

Abdou und die Komoren wollen weitere Überraschungen landen

  • Amir Abdou ist Nationaltrainer der Komoren

  • Unter ihm ist das Team in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste in sechs Jahren um 65 Plätze geklettert

  • Abdou und sein Team hoffen, dass der Aufwärtstrend anhält

Als der Fussballverband der Komoren im Januar 2014 Amir Abdou zum neuen Nationaltrainer ernannte, war dies für viele eine Überraschung. Ein schwächelndes Team einem gerade einmal 43-jährigen Coach ohne echte Erfahrung zu überlassen, schien eine sehr mutige Entscheidung.

Sechs Jahre später ist klar, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Denn unter dem kaum bekannten Trainer hat sich das Team in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste von Platz 198 auf Platz 133 verbessert und mit enormen Fortschritten immer wieder für Erstaunen gesorgt.

"Ich sehe, wie weit wir es schon gebracht haben, doch es überrascht mich nicht. Das alles ist das Resultat harter Arbeit", so Abdou im Gespräch mit FIFA.com. "Wir sind stolz auf das bisher Erreichte und haben nicht vor, uns jetzt auszuruhen. Es gibt noch viel Raum für weitere Verbesserungen."

Aus dem Nichts

Die Geschichte begann, als der Fussballverband sich an Abdou wandte, der damals Trainer von Entente Golfech-Saint-Paul d'Espis war, einem Team in der sechsten französischen Liga. Der 1972 in Marseille geborene Abdou hat komorische Vorfahren. Anfänglich wurde ihm eine Stelle als Assistenztrainer von Henri Stambouli angeboten Doch als Stambouli ablehnte, machte der Verband Abdou kurzerhand zum Cheftrainer – eine Entscheidung, die man nicht bereute.

"Es waren mehrere Anwärter im Rennen, doch nach einigen Gesprächen hat man sich für mich entschieden", so der offenbar hochzufriedene Abdou mit einem Lächeln. "Meine positive Grundeinstellung, mein Wunsch, es richtig anzugehen und mein Organisationssinn haben den Verband offenbar überzeugt. Ich bin sehr stolz, Nationaltrainer meines Landes zu sein.

"Vor allem die Leidenschaft, die unser Team erzeugen kann, macht mich glücklich", fügte er hinzu. "Es geht einfach um mehr. Hinter einem Nationalteam steht nicht nur eine Stadt oder eine Region, sondern ein ganzes Land, das Volk einer ganzen Nation. Das verändert alles. Natürlich hat auch der Klubfussball eine sehr große Bedeutung, doch das Adrenalin ist im internationalen Fussball einfach auf einem anderen Level."

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Aufsehenerregende Ergebnisse

Seit dem Amtsantritt Abdous hat sich das Blatt für die Komoren gewendet. Im ersten Spiel unter dem neuen Trainer holte das Team ein 1:1 gegen Burkina Faso, das damals kurz vor dem Sprung in die Top 50 der Weltrangliste stand. Seitdem gab es immer wieder aufsehenerregende Resultate, darunter ein 1:1-Remis gegen Gabun und ein 0:0 gegen Ghana. Für einen Platz beim CAF Afrikanischen Nationen-Pokal oder gar bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ reichte es allerdings noch nicht.

In den Qualifikationsspielen für die Afrikameisterschaft 2021 gab es weitere gute Resultate, unter anderem den ersten Auswärtssieg in einem Pflichtspiel (1:0 in Togo) und ein torloses Unentschieden gegen Ägypten.

"Wenn ich ein Spiel besonders herausheben sollte, wäre es das Unentschieden gegen Ghana 2015, in der Qualifikation für Russland 2018", so Abdou. "Wir hätten eigentlich den Sieg verdient gehabt und die Menschen auf den Komoren haben auch so gefeiert, als hätten wir gesiegt. Das ist eine fantastische Erinnerung und ein echter Meilenstein für uns."

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Eine Gewichtsklasse höher

Nach Stars sucht man in der Kaderliste der Komoren vergeblich. Die meisten Spieler sind in den unterklassigen Ligen verschiedener europäischer Länder aktiv. Der einzige Akteur mit Erfahrung in einem Klubwettbewerb auf europäischer Ebene ist der Stürmer El Fardou Ben Nabouhane, der für den serbischen Klub Crvena Zvezda spielt. Doch der Trainer ist trotz der fehlenden Erfahrung seiner Schützlinge auf höherem Niveau unbesorgt.

"Man braucht nicht unbedingt herausragende Spieler", so Abdou, der auf Kassim Aballah (Al Raed FC), Nadjim Abdou (Martigues), Fouad Bachirou (Nottingham Forest), Youssouf M'Changama (Grenoble) und Ben Nabouhane als Rückgrat seines Teams setzt. "Wenn man eine gesunde, hart arbeitende Gruppe von Spielern hat und sich nicht um Probleme mit aufgeblasenen Egos kümmern muss, dann kann man Ergebnisse holen wie ein echtes Dream Team."

"Wenn man sich unsere Leistungen anschaut, haben wir (mit Ausnahme einer 0:3-Niederlage gegen Kamerun in der Qualifikation für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal 2019) gegen jeden Gegner immer alles gegeben", so der Trainer. "Wir haben zwar einige Spiele verloren, doch wir haben es all unseren Gegnern sehr schwer gemacht. Wir spielen gemäß unserer Stärken: Disziplin, Organisation und fantastischer Teamgeist."

Kommt noch mehr?

In der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ schieden die Komoren bereits in der Vorrunde gegen Togo aus. Nun hat das Team einen Platz beim CAF Afrikanischen Nationen-Pokal 2021 ins Visier genommen. Noch vor wenigen Jahren wäre dieses Ziel vermessen gewesen, doch nun scheint es durchaus erreichbar, nicht nur weil die Komoren derzeit ihre Qualifikationsgruppe für die kontinentale Endrunde anführen.

"Das ist mein dritter Qualifikationswettbewerb und wir werden von Mal zu Mal besser", so der Coach. "Beim ersten Mal haben wir drei Punkte geholt, beim zweiten Mal fünf und nun peilen wir die Qualifikation an. Wir wollen unsere Chance nutzen. Ich sage nicht, dass die Gegner jetzt Angst vor uns haben, aber Respekt haben sie ganz sicher. Und wie unsere Resultate gegen Togo und Ägypten zeigen, haben wir guten Grund zur Hoffnung."