Donnerstag 31 August 2023, 17:45

Pierluigi Collina lobt Umsetzung der Spielregeln durch Schiedsrichter

Schon seit einiger Zeit haben Fans, Spieler, Trainer, Klubs, Ausrichter und die Medien den Mangel an effektiver Spielzeit bei Fussballspielen als Problem erkannt, dass es zu lösen galt. Man hielt es für nicht akzeptabel, dass es bei Fussballspiele weniger als 50 Minuten effektive Spielzeit gab, wie wir es oft erlebt haben.

Die FIFA und das International Football Association Board (IFAB) wurden aufgefordert, sich mit diesem Problem zu beschäftigen. Es wurden mehrere mögliche Lösungen vorgeschlagen, darunter auch die Möglichkeit, die Uhr anzuhalten.

Nach einem Beratungsprozess mit Vertretern aller Konföderationen einschliesslich der UEFA empfahl das IFAB, dass die Schiedsrichter die Nachspielzeit genauer ermitteln und damit die in den Fussball-Spielregeln (Regel 3, Satz 7) festgelegten Kriterien umsetzen sollen.

Bei dieser Anweisung geht es nicht darum, die Spielzeit zu verlängern, sondern die Zeit zu kompensieren, in der die Spieler nicht spielen, und zwar nur unter bestimmten Umständen.

Schon seit Längerem kompensierten Schiedsrichter die verlorene Zeit bei Verletzungen beziehungsweise Auswechslungen durch eine Nachspielzeit von einer Minute beziehungsweise 30 Sekunden. Seit der Einführung der Video-Schiedsrichter wird auch die Zeit für VAR-Eingriffe kompensiert. Oftmals jedoch entsprachen diese Zeitspannen nicht der tatsächlich verlorenen Zeit.

Wenn es in einem Spiel keine aussergewöhnlichen Unterbrechungen gibt, und es somit normal abläuft, gibt es keinen Grund, mehr Nachspielzeit zu gewähren. Abstösse, Eckbälle und Einwürfe sind Teil des Spiels und die Zeit dafür muss nicht kompensiert werden.

Daher beeinträchtigt diese Empfehlung nicht das Wohlergehen der Spieler, sondern kompensiert lediglich die vertane Zeit.

Ich bin sicher, dass die allermeisten Interessengruppen dem zustimmen. Die Reaktionen der Teams und der Zuschauer bei der FIFA Fussball-WM 2022 und der FIFA Frauen-WM 2023 waren sehr positiv. Eine Umfrage des Welt-Liga-Forums (WLF) ergab, dass 90 Prozent der Mitglieder den Kriterien zustimmen, die seit der FIFA Fussball-WM 2022 umgesetzt werden.

Die entsprechenden Anweisungen an die Schiedsrichter in Katar führten im Durchschnitt zu einer Gesamt-Nachspielzeit von 10'30", also nicht viel mehr als die 8', die in vielen Ligen schon üblich sind.

Ich möchte den Schiedsrichtern ausdrücklich ein Lob aussprechen, denn sie haben die Empfehlungen des IFAB korrekt umgesetzt, und zwar auch bei UEFA-Wettbewerben.

Es ist interessant, dass die durchschnittliche Nachspielzeit bei den kürzlich ausgetragenen Playoff-Spielen in der Champions League 10', in der Europa League 9'12" und in der Conference League 10'08" betrug.

Dies entspricht genau dem, was wir überall auf der Welt beobachten.

Ich verstehe, dass jede Reform der Spielregeln oder auch nur deren Auslegung, wie es hier der Fall ist, von manchem mit Skepsis betrachtet wird. Doch wie bei der Einführung des Video-Schiedsrichters gilt auch hier: Wenn die Massnahmen dem Fussball dienen, werden sie letztendlich akzeptiert.

Pierluigi Collina, Vorsitzender der FIFA-Schiedsrichterkommission