Montag 05 Dezember 2016, 08:38

Lucas und Nacho auf den Spuren von Raúl

Keiner von beiden hat das berühmte "Aguanís"-Tor von Raúl live miterlebt. Es war ein normaler Schultag und weder Lucas Vázquez noch Nacho Fernández hatten frei. Dennoch erinnern sich beide sehr gut daran.

  1. Dezember 1998. In der 83. Minute stand es im Nationalstadion von Tokio 1:1 zwischen Real Madrid und Vasco da Gama. Die Königlichen strebten gegen die Brasilianer 38 Jahre nach dem Triumph gegen Peñarol den zweiten Titel beim Interkontinental-Pokal an. In diesem Moment erreichte Raúl ein langer Ball von Clarence Seedorf. Mit zwei kurzen Haken ließ er zwei Verteidiger ins Leere rutschen und schob alleine vor dem Torwart mühelos ein. Schon als Kind hatte er auf diese Weise zahllose Tore für die Nachwuchsteams von Real geschossen. Die Eltern seiner Teamkameraden tauften es "Aguanís"-Tor.

Vázquez war damals sieben Jahre alt, Fernández acht. Keiner der späteren Junioren von Real hätte sich damals träumen lassen, dass er 18 Jahre später nach Japan reisen würde, um beim Nachfolgewettbewerb des Interkontinental-Pokals, der FIFA Klub-Weltmeisterschaft, der Vereinslegende mit der Nummer sieben nachzueifern.

Im Vorfeld des Turniers, in dem die beste Vereinsmannschaft der Welt gekürt wird, sprach das Duo mit FIFA.com über die Erinnerungen an jenen Tag und über die bevorstehende Herausforderung.

"Natürlich habe ich das Finale als Aufzeichnung gesehen", beginnt Fernández. "Ich erinnere mich vor allem an das Tor von Raúl, es wurde ja wirklich endlos wiederholt. Sicher hat es die ganze Welt gesehen." Vázquez kramt in seiner Erinnerung, um das Trick-Dribbling des Stürmers Revue passieren zu lassen: "Er macht so eine Art 'cola de vaca' - ich erinnere mich, dass ich morgens nach dem Aufstehen als erstes geschaut habe, ob Madrid gewonnen hatte."

Der Außenstürmer macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den damaligen Torschützen. "In Madrid haben großartige Fussballer gespielt, aber mein Idol von klein auf war immer Raúl. Wegen seiner Bedeutung für den Klub und weil er ein so guter Spieler war." Später sollten Luis Figo und Cristiano Ronaldo kommen, mit Letztgenanntem teilt er heute die Kabine. "Auch er war mein Vorbild, als er bei Madrid unterschrieb."

Aufgrund seiner Position achtete Fernández naturgemäß mehr auf die Verteidiger. Im Team von '98 gab es für ihn eine klare Nummer eins: "Fernando Hierro gehört zu den Spielern, die mir immer sehr gefallen haben." Auf Hierro folgten Fabio Cannavaro und der heutige Kapitän Sergio Ramos, von dem er jeden Tag etwas zu lernen versucht: "Ich habe ihn immer beobachtet."

Durchhaltevermögen zahlt sich aus Die beiden Akteure sind wie Raúl von Kindesbeinen an "Madridistas" und haben es nicht leicht gehabt, sich in der ersten Mannschaft einen Platz zu verschaffen. Aber sie haben nie aufgegeben und immer daran geglaubt. Vázquez wechselte 2014 zu Espanyol, um mehr Spielpraxis zu sammeln, doch er kehrte schon bald zurück. Fernández blieb beim Verein und wartete auf seine Chance, die nun gekommen ist. "Ich fühle mich gut und bin in guter Verfassung. Ich habe viele Spiele hintereinander gemacht, das habe ich gebraucht. Natürlich ist die Konkurrenz sehr groß und ich kämpfe schon seit vielen Jahren um einen Stammplatz. Ich versuche, in jedem Training und in jedem Spiel darum zu kämpfen."

Als Vázquez 2015 nach Madrid zurückkehrte, hätten ihm wenige zugetraut, sich neben Karim Benzema, Gareth Bale und Cristiano Ronaldo durchzusetzen. Aber der Flügelspieler verdiente sich immer mehr Spielminuten und avancierte im Finale der Champions League in Mailand zu einem entscheidenden Akteur, als er im Elfmeterschießen zum Titelgewinn den ersten Versuch verwandelte. "Es ist ein sehr schönes Jahr mit vielen Emotionen. Ein bisschen verrückt, nicht wahr?", sagt er lachend. "Ich bin sehr zufrieden, denn es ist seit Kindestagen mein Ziel gewesen. Für mich wird ein Traum wahr."

Ein Traum, in dem er ein neues Kapitel aufschlägt: Seine erste Teilnahme an der FIFA Klub-Weltmeisterschaft. 2014 musste er sich das Turnier im Fernsehen anschauen. "Ich spielte für Espanyol, habe es aber verfolgt. Ich sah das Halbfinale und das Finale." Für Fernández ist es das zweite Mal, der Innenverteidiger war in Marokko dabei. Obwohl er nicht zum Einsatz kam, hat er gute Erinnerungen daran: "Es war das erste Mal, dass wir bei diesem Turnier dabei sein durften. Die Leute sagen, dass es leicht sei, aber es ist sehr schwer, denn zuerst musst du die Champions League gewinnen. Es war eine sehr schöne Erfahrung mit dem bestmöglichen Ende. Ich hoffe, wir können das wiederholen", sagt er mit einem breiten Grinsen.

Auch Vázquez ist entschlossen, das Jahr mit einem weiteren Titelgewinn abzurunden. Er will auf dem Trikot das Emblem tragen, das den besten Klub der Welt auszeichnet. "Ein Wappen für den besten Klub der Welt tragen zu können, ist eine zusätzliche Motivation. Wo auch immer du hingehst, wissen die Menschen, dass du ein Champion bist", sagt er.

Um dies zu erreichen, werden sie zwei Hürden überwinden müssen. Die erste im Halbfinale am 15. Dezember, in dem sie es mit dem Sieger der Partie zwischen dem Asienmeister aus Korea Republik, Jeonbuk, und dem mexikanischen CONCACAF-Meister Club América zu tun bekommen. Im Falle eines Sieges bestreiten sie drei Tage später das Finale. "Wir sind Real Madrid und wollen diesen Titel unbedingt", warnt Vázquez.

Japan, das Land, in dem Raúl triumphierte, erwartet nun die beiden Nachwuchsstars von Real.