Montag 21 Oktober 2019, 07:05

Kaká: "River ist im Vorteil"

  • Der ehemalige brasilianische Spitzenspieler spricht über das Halbfinale der Copa Libertadores

  • Der Sieger nimmt an der FIFA Klub-Weltmeisterschaft Katar 2019 teil

  • Kaká gewann die Klub-WM 2007

Diese Woche finden die Halbfinal-Rückspiele der Copa Libertadores statt, und danach steht dann das große und mit Spannung erwartete Finale an, in dem der südamerikanische Teilnehmer der FIFA Klub-Weltmeisterschaft Katar 2019 ermittelt wird.

Der ehemalige Mittelfeldspieler kennt sich mit dem aktuellen Fussballgeschehen bestens aus. Er verrät uns seine Favoriten, analysiert die wachsenden Rivalität und die klaffende Lücke zwischen Südamerika und Europa und wirft einen Blick voraus auf das Turnier in Katar.

Halbfinale🏟️ Stadion📆 WannHinspiel
Boca Juniors-River PlateLa BomboneraDienstag, 22. Oktober - 21:30 OrtszeitRiver 2-0 Boca
Flamengo-GremioMaracanáMittwoch, 23. Oktober - 21:30 OrtszeitGremio 1-1 Flamengo

In Südamerika wird bald der Kontinentalmeister ermittelt. Beide Halbfinals sind hart umkämpft, und die Stunde der Wahrheit naht. Verfolgen Sie diese Duelle? Wir sehen hier einen ganz großen Entscheidungskampf! Auch wer kein Fan der beteiligten Teams ist, möchte diese Partien unbedingt sehen. Ich bin mit einem Bruder und einigen Freunden nach Rio de Janeiro gereist, weil sich hier die einzigartige Gelegenheit bietet, Flamengo gegen Gremio spielen zu sehen. Die Copa Libertadores ist ein Sprungbrett zur Klub-WM, ein unglaubliches Turnier, und in Brasilien träumt jeder von klein auf davon, es einmal zu gewinnen.

Gibt es für Sie nach dem 1:1 in Porto Alegre einen Favoriten? Flamengo hat gerade eine richtig gute Phase, aber Grêmio hat in der Copa Libertadores in den letzten drei Jahren sehr gute Arbeit geleistet. Renato Gaúcho (Anm. d. Red.: der Trainer von Grêmio) ist hervorragend und weiß genau, wie er an diese Turnierstadien herangehen muss. Flamengo hat einen neuen Trainer, den Portugiesen Jorge Jesús, der ebenfalls gute Arbeit geleistet hat. Der Klub führt die brasilianische Meisterschaft an. Dieses Halbfinale wird unglaublich werden. Ich weiß nicht, wer am Ende ins Finale einziehen wird, aber es wird ein super Spiel werden, ein großes Spektakel.

Und wie bewerten Sie das zweite Halbfinale zwischen CA River Plate und den Boca Juniors? Ich habe das Hinspiel gesehen, und River hat einen sehr guten Auftritt hingelegt. Jetzt, im Stadion von Boca, werden wir auch eine unterhaltsame Partie sehen. Ich wollte eigentlich hinfahren, aber es hat terminlich nicht geklappt. Boca gegen River in La Bombonera spielen zu sehen, ist eines der beeindruckendsten Erlebnisse, die der Fussball zu bieten hat. Was das Spiel selbst betrifft, glaube ich, dass River einen klaren Vorteil hat, weil der Klub mit einem Vorsprung in die Partie geht.

Glauben Sie, dass der Sieger der Copa Libertadores dem FC Liverpool in einem hypothetischen Finale in Katar die Stirn bieten könnte? Alle vier haben das Potenzial, es mit Liverpool aufzunehmen, aber die Engländer spielen hervorragenden Fussball. Sie haben die Champions League verdient gewonnen und sind den südamerikanischen Teams einen Schritt voraus. Das wäre ein super Spiel, auch wenn Liverpool in der Favoritenrolle ist.

Die Südamerikaner sind besessen von der Klub-WM. Sie haben diesen Titel bereits gewonnen, wenn auch mit einem europäischen Team. Was war das damals für ein Gefühl? Die Klub-WM ist sehr wichtig für die südamerikanischen Fans und Klubs. Vom damaligen Spiel zwischen AC Mailand und den Boca Juniors (Anm. d. Red.: das Finale der Auflage von 2007 in Japan) habe ich vor allem das Ende der Partie in Erinnerung behalten, als wir feiern und die Trophäe in die Höhe recken konnten. Ich hatte 2003 schon im Interkontinental-Pokal gegen Boca gespielt und verloren, aber 2007 habe ich dann den Titel geholt.

Als ich den Pokal in die Höhe gereckt habe, musste ich an 1992 und 1993 zurückdenken, als São Paulo sich zum Champion gekrönt hat. Ich glaube, dass ich irgendwie auch diesen Moment gefeiert habe. Ich hatte immer davon geträumt, eines Tages so weit zu kommen, und ich habe es geschafft. Deshalb nimmt dieser Sieg im Jahr 2007 in meiner Erinnerung einen besonderen Platz ein.

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In den letzten zehn Jahren hat nur ein brasilianischer Klub, nämlich Corinthians São Paulo, den Titel gewonnen. Wie erklären Sie sich den großen Abstand zum europäischen Fussball? Es ist unglaublich, welche Kluft sich zwischen europäischen und südamerikanischen Klubs aufgetan hat. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Alle Fussballer träumen davon, in Europa zu spielen, wo es die besten Wettbewerbe und die besten Klubs der Welt gibt. Es ist normal, dass die Spieler, die in Südamerika bleiben, nicht die absoluten Spitzenspieler sind, denn die emigrieren nach Europa. Aber wir können erkennen, wie wir uns vorbereiten müssen. Wir müssen die Besten so lange wie möglich im Land behalten, um den Europäern in Wettbewerben wie diesem die Stirn bieten zu können.

Welche Botschaft würden Sie vor diesem Hintergrund den Fans in Katar mit auf den Weg geben, die sich schon auf dieses Turnier freuen? Ich würde ihnen raten, ins Stadion zu gehen, denn das ist ein einzigartiges Erlebnis. Die Klub-WM ist für die Spieler etwas ganz Besonderes. Wir alle wollen dieses Turnier einmal in unserer Karriere gewinnen. Hinzu kommen noch die verschiedenen Spielweisen: Südamerikaner und Europäer spielen ganz unterschiedlich, und auch die Vorbereitung ist eine andere. Dadurch ist dieses Turnier wirklich besonders. Ich persönlich verfolge es gern, selbst wenn ich weit von dem Land entfernt bin, in dem es ausgetragen wird.