Freitag 09 Dezember 2016, 08:38

Einigkeit herstellen, das Team beruhigen und motivieren

Es waren sehr kräftezehrende Tage für Atlético Nacional. Sowohl in sportlicher als auch in mentaler Hinsicht. Viele Wettbewerbe, hartes Training, viele Spiele und vor allem viele Emotionen der intensivsten und schlimmsten Art. Wegen einer Partie, die sie noch nicht einmal bestreiten konnten: das Finale der Copa Sudamericana.

Das kolumbianische Team musste doppelte Arbeit verrichten: Die angesichts des engen Terminkalenders schwere körperliche Vorbereitung und die mentale Erholung nach dem Schock, den die Tragödie von Chapecoense darstellte, als sie praktisch auf dem Weg ins Stadion waren, um gegen sie zu spielen.

Nun aber müssen alle Beteiligten diesen ganzen Schmerz hinter sich lassen und in zusätzliche Motivation umwandeln. Sie müssen sich auf die letzte große Herausforderung des Jahres konzentrieren: die FIFA Klub-Weltmeisterschaft Japan 2016.

In diesen Situationen ist die Stimme eines Kapitäns besonders wichtig: Einigkeit herstellen, das Team beruhigen und motivieren. Alexis Henríquez Charales hat diese kraftvolle Stimme.

Schon in jungen Jahren war er in den verschiedenen Mannschaften, in denen er spielte, der Kapitän. Sein Charisma und seine Ausstrahlung machen aus ihm den geborenen Führungsspieler, der das Vertrauen seiner Teamkameraden genießt, weil er als Vorbild vorangeht.

Seine Zuverlässigkeit und sein Engagement führten auch bei Atlético Nacional, dem er seit 2012 angehört, schon bald dazu, dass er mit der Kapitänsbinde betraut wurde. "Es ist eine große Verantwortung, denn es sind die eigenen Kameraden, die mich als Kapitän auswählen. Es macht mich stolz, dass eine so große Mannschaft wie Atlético Nacional mir eine solche Gelegenheit gibt. Ich versuche einfach, mein Bestes für sie zu geben und stets zu Diensten zu sein", sagt der Innenverteidiger mit aufrichtiger Bescheidenheit zu FIFA.com.

Bescheiden äußert er sich auch zu der Tatsache, dass er der einzige Spieler ist, der die Copa Libertadores mit zwei verschiedenen kolumbianischen Mannschaften gewinnen konnte. "Ich hätte nie gedacht, dass ich zwei Mal die Libertadores gewinnen würde. Es war aber schon mein Traum, ein internationales Turnier zu gewinnen, als ich zu Nacional wechselte. Es war mein größter Wunsch", sagt der Abwehrspieler, der den begehrten Pokal 2004 mit Once Caldas schon einmal in die Höhe recken durfte. Jenes Team bestritt anschließend die letzte Auflage des Interkontinental-Pokals gegen den FC Porto im International Stadium von Yokohama.

Späte Genugtuung Nun bietet sich Henríquez die Chance, sich den Stachel zu ziehen, den jenes Spiel hinterließ, denn er wurde damals nicht berücksichtigt. "Der Trainerstab entschied, mich nicht mitzunehmen. Ich verfolgte das Spiel im Fernsehen und feuerte das Team, das eine exzellente Leistung bot, von zu Hause aus an. Es ging ins Elfmeterschießen und sie hätten beinahe gewonnen", sagt er immer noch mit einer gewissen Enttäuschung. "Der Traum aber, zu diesem Turnier zu reisen, blieb."

Zwölf Jahre später bekommt der Verteidiger eine späte Genugtuung. Und er erlebt diese Gelegenheit aus einer ganz anderen Perspektive. "Ich war damals gerade 21 Jahre alt und nur in wenigen Spielen zum Einsatz gekommen. Heute bin ich der Kapitän des Teams. Das sind zwei verschiedene Erfahrungen. Ich genoss beide, klar, aber die eine mehr als die andere", sagt er zu den beiden kontinentalen Titelgewinnen.

Atlético Nacional gibt am 14. Dezember in Osaka gegen den Sieger der Partie Mamelodi Sundowns gegen Kashima Antlers sein Debüt bei der Klub-WM. "Wir sind sehr stolz darauf und es ist ein sehr wichtiger Moment in unserer Karriere. Wir wissen, welche Verantwortung wir gegenüber Südamerika haben. Die Menschen können versichert sein, dass wir alles geben werden, um das Turnier zu gewinnen", sagt er entschlossen.

Henríquez war noch nie in Japan und besucht das Land voller Vorfreude und Neugier. Er ist dennoch voll und ganz auf seine Mission fokussiert: "Es wird für alle ein großes Fest und wir haben vor, ein gutes Turnier zu spielen und um unsere Chance zu kämpfen. Wir gehen mit dem Traum in die Partie, das Finale zu erreichen. Wir verfügen über das Können und die Spieler, um den Titel erobern zu können. Ich hoffe, dass es uns gelingt."

Nach vielen nationalen Titeln und zwei Triumphen bei der Copa Libertadores will der 1,90 Meter große Abwehrhüne noch ein wenig höher hinaus und Los Verdolagas auf einen noch nie erreichten Gipfel führen. Zu einem Erfolg, der Atlético Nacional im Finale des Interkontinental-Pokals von 1989 verwehrt blieb. Und den 2004 auch Once Caldas verpasste. Damals musste er vor dem Fernseher tatenlos zusehen. Heute ist er nicht nur dabei, sondern spielt eine Hauptrolle - und will den Verlauf der Geschichte ändern.