Montag 21 Oktober 2019, 07:00

Alisson Becker: "Habe immer davon geträumt, gegen Boca zu spielen"

  • Er wurde als The Best – FIFA-Welttorhüter 2019 ausgezeichnet

  • Letztes Jahr kassierte er mit Liverpool in 51 Liga- und Champions-League-Spielen nur 27 Tore

  • Im Dezember bestreitet er mit den Reds die Klub-WM

Aufgrund einer Wadenverletzung musste Alisson Becker zu Saisonbeginn mehr als zwei Monate lang pausieren. Doch jetzt ist er zurück. Am Sonntag stand er in der Partie gegen Manchester United im Old Trafford wieder zwischen den Pfosten und erreichte mit seinem Team ein 1:1.

Der brasilianische Schlussmann bestreitet erst seine zweite Saison in den Reihen des FC Liverpool, und eine Leistungssteigerung scheint kaum noch möglich zu sein. Er überzeugte bei den Reds von Beginn an mit tadellosen Auftritten und gewann mit dem Team die UEFA Champions League 2019. Das Sahnehäubchen auf dem Kuchen war der Gewinn der Copa América mit Brasilien.

Trotz all dieser Erfolge ist der Torwart, der gerade 27 Jahre alt geworden ist, bereit für neue Herausforderungen. Im Exklusiv-Interview mit FIFA.com spricht Alisson über die Premier League, die FIFA Klub-Weltmeisterschaft und weitere Themen.

Alisson, Sie haben kürzlich die Auszeichnung The Best – FIFA-Welttorhüter 2019 erhalten. Wie hat sich das angefühlt? Die wichtigsten Ziele, die ich mir im Fussball gesteckt habe, lagen immer auf kollektiver Ebene. Aber wenn ich meinem Klub helfe, Titel zu gewinnen, öffnet das natürlich auch die Tür für individuelle Auszeichnungen – und die The Best-Auszeichnung ist eine große Ehre für mich.

Mit Ederson und Marc-André ter Stegen hatten Sie zwei starke Rivalen. Welche Tugenden haben die beiden, die Sie selbst gern hätten? Das sind hervorragende Torhüter, die alle Anforderungen erfüllen. Edersons weite Abschläge sind einfach unglaublich. Das könnte sich auch gern. Von ter Stegen hätte ich gern die Explosivität. Ihm gelingen super Glanzparaden, weil er so viel Kraft in den Beinen hat. Ich glaube, das sind ihre größten Stärken.

Sie haben immer gesagt, dass Sie Ihrem Trainer Jürgen Klopp sehr dankbar für die hervorragende Saison sind. Wie würden Sie ihn beschreiben? Er ist ein sehr authentischer Trainer, der genauso ist, wie er nach außen hin wirkt. Er weiß, wann er die Spieler motivieren und wann er etwas härter durchgreifen muss. Er ist ein sehr guter Motivator. Sein Jubel hilft einem auch, die Anspannung abzubauen. Nach unserem Sieg gegen Everton ist er zum Beispiel auf den Platz gerannt und hat mich umarmt. Das war ein unglaublicher Moment.

Ihr Wechsel von AS Rom gab Anlass zu Kontroversen. Sie wurden damit zum teuersten Torwart der Welt! Standen Sie dadurch unter noch stärker unter Druck? Beim Fussball stehst du immer unter Druck. Damit musst du leben. Tatsächlich war ich nur zwei Wochen lang der teuerste Torwart der Welt. Aber ich wusste natürlich, dass die Transfersumme sehr hoch war und über das Normale hinausging. Dadurch waren die Erwartungen von außen sehr hoch, aber ich selbst habe mir nicht mehr abverlangt als sonst auch, und das ist ohnehin viel, ganz unabhängig von der Transfersumme. Für mich geht es immer darum, alles zu geben, um dem Team zu helfen.

Wie schaffen Sie es, das hohe Niveau zu halten? Gibt es ein Erfolgsrezept? Einmal abgesehen von den technischen und physischen Anforderungen – und in diesen Bereichen bin ich meiner Meinung nach auf einem hohen Niveau angekommen – kommt es für mich vor allem auf den mentalen Aspekt an. Für einen Torhüter ist es fundamental, während des ganzen Spiels konzentriert zu bleiben. Du kannst nicht eine Minute abschalten, weil das fatale Folgen haben kann. Deshalb arbeite ich vor allem an meiner Konzentration.

Und auf praktischer Ebene? Wie versuchen Sie, sich zu verbessern? Ich schaue mir sehr gern Tore aus allen Ligen an. Und dann analysiere ich, was ich in der entsprechenden Situation anders gemacht hätte. Ich schaue mir auch gern Paraden an. Ich war immer ein guter Beobachter. Ich versuche, aus den Fehlern und guten Leistungen anderer Spieler zu lernen.

Im Dezember bestreiten Sie mit dem FC Liverpool die FIFA Klub-Weltmeisterschaft. Freuen Sie sich schon auf das Turnier? Ich freue mich sehr darauf. Internacional Porto Alegre, der Klub, bei dem ich ausgebildet wurde, hat das Turnier 2006 in einem fantastischen Ambiente gewonnen. Das war gemeinsam mit der Copa Libertadores der höchste Titel, den der Klub in seiner Geschichte gewonnen hat. Seitdem zählt die Teilnahme an diesem Turnier zu meinen Zielen, und jetzt habe ich das Glück, dabei sein zu können.

Der südamerikanische Teilnehmer an diesem Turnier wird gerade ermittelt. Diese Woche stehen die Halbfinal-Rückspiele der Copa Libertadores an. Die Boca Juniors, CA River Plate, Grêmio Porto Alegre und Flamengo Rio de Janeiro sind noch im Rennen. Gegen wen würden Sie am liebsten antreten? Ich habe immer davon geträumt, einmal gegen Boca zu spielen, aber am liebsten natürlich in der Bombonera [lacht], weil das meiner Meinung nach eines der fantastischsten Stadien der Welt ist. Aber natürlich wäre auch ein Duell bei der Klub-WM super.

Und wie wäre es mit einem Sieg gegen Grêmio, den Erzrivalen von Internacional? Erst einmal müssen wir gegen sie spielen, da kann man nicht gleich von einem Sieg ausgehen [lacht]! Alle vier Halbfinalisten sind sehr gut. Ich verfolge die Copa Libertadores mit Begeisterung. Das Niveau ist sehr hoch, und das Team, das am Ende bei der Klub-WM dabei sein wird, wird Südamerika gut vertreten.