Mittwoch 31 Juli 2019, 07:00

Stiller Held mit klarer Botschaft

  • Die BodenseeKickers sind die ersten PluSport-Fussballer im Kanton Thurgau

  • Für Yannick Cavallin ist Integration von Behindertenfussball eine Herzensangelegenheit

  • "Mit dem Fussball kann man sehr viel erreichen"

Woran denkt man, wenn man das Wort Fussball-Held hört? Vielleicht an Cristiano Ronaldo, der unzählige Titel und persönliche Auszeichnungen gewonnen hat. Oder an Mario Götze, der 2014 im WM-Finale gegen Argentinien das entscheidende Tor für Deutschland geschossen hat. Doch es gibt auch die stillen Helden, die nicht im Mittelpunkt stehen und mit Hilfe des Fussballs versuchen einen Unterschied zu machen. Einer dieser Helden ist Yannick Cavallin.

Seit einigen Jahren leitet er die BodenseeKickers, ein Fussballteam für Menschen mit Handicap. Mit großem Engagement kämpft der gegen Ausgrenzung und setzt sich für die Integration von Behinderten ein. "Als Pfadiführer habe ich mich bereits für Menschen eingesetzt, die außerhalb der Gesellschaft stehen. Ich konnte es nicht mit ansehen, wie man mit dem Finger auf sie gezeigt hat. Ich habe diese Menschen anders angesehen, denn ich habe gemerkt, dass sie besondere Fähigkeiten haben und dass man von ihnen etwas bekommt, was man im normalen Leben nicht so bekommt: Wertschätzung. Sie sind dankbar für alles, was Du machst."

Zu den BodenseeKickers kam Cavallin, als er auf der Suche nach einer geeigneten Sportgruppe für seinen Sohn war. "Ich habe schon länger gewusst, dass es eine Sportgruppe gibt die samstags in Scherzingen trainiert und habe mir gesagt: 'Schaun wir dort doch einfach mal vorbei'. Zuerst wollte unser Sohn eigentlich nicht richtig. Er ist sehr groß gewachsen, über zwei Meter. Er hat Probleme mit der Motorik und bei ihm sind auch autistische Züge festgestellt worden. Er ist zwar kein Autist, aber es geht in den Bereich Autismus-Spektrum-Störungen. Als wir zu der Gruppe gestoßen sind, hat es gleich von der ersten Minute an gepasst."

Eine geradezu schicksalhafte Begegnung - für beide Parteien. "Als ich zu der Sportgruppe gekommen bin, hat es noch an Führung gefehlt. Ich habe dann gesagt, dass ich es gerne machen würde und versuchen möchte, die Akzeptanz in der Gesellschaft zu erhöhen."

Seitdem hat sich viel getan. Die BodenseeKickers konnten dank der unermüdlichen Arbeit Cavallins vor drei Jahren eine Kooperation mit dem FC Kreuzlingen eingehen und dessen Netzwerk nutzen. "Wir sind im Klub sehr gut aufgenommen worden. Am Anfang war noch Distanz vorhanden und man musste sich ganz langsam annähern. Das ist völlig normal. Jetzt fruchtet das langsam. Die Spieler der ersten Mannschaft freuen sich, wenn wir dort am Rand stehen. Sie freuen sich auch, gemeinsam mit uns zu trainieren. Spieler kommen zu ins Training und zeigen Übungen, oder der Trainer der ersten Mannschaft schaut vorbei. So wächst das ganze zusammen, und die Akzeptanz wird immer größer", erklärt Cavallin. Kein Wunder, dass viele seiner Kicker zu Fans des FC Kreuzlingen geworden sind und durch die Kooperation an Selbstbewusstsein gewonnen haben.

Es geht jedoch nicht nur um Fussball. Rund um die Uhr ist Cavallin & Co für seine Spieler da. Hilft ihnen bei finanziellen Dingen, beim Ausfüllen von Formularen oder beim Bewerbungen schreiben. Und das alles in seiner Freizeit! "Sie merken, da ist einer, der nicht nur Fussball im Kopf hat. Es geht um das Ganze. Im Fussball kannst Du viel erreichen. Aber ich möchte mehr, ich möchte, dass es wie eine Familie ist."

Sein ehrenamtliches Engagement blieb nicht unbemerkt. Vor drei Jahren wurde er vom Schweizer Fernsehen für die Auszeichnung "Helden des Alltags" nominiert und nutze die Chance, den Bekanntheitsgrad seiner BodenseeKickers weiter zu erhöhen - wovon auch andere Mannschaften profitierten. Nicht nur die Anfragen stiegen, sondern auch die Anzahl der Spieler. Wo zunächst nur sechs oder sieben Spieler auf dem Platz standen, sind es nun 15 oder mehr. Pionierarbeit, die ihres gleichen sucht.

Doch es kann noch viel mehr getan werden, damit der Handicap-Fussball nicht nur "vom Rand aus angesehen wird", wie Cavallin betont. "Ich finde, dass sich mehr bekannte Fussballvereine engagieren sollten. Man sollte nicht nur an Integration denken, sondern auch Spielerinklusion betreiben."

Wenn Sie mehr über die BodenseeKickers und die Arbeit von Yannick Cavallin erfahren möchten, klicken sie HIER.