Dienstag 08 März 2016, 10:48

Elleray: Weniger Kontroversen und Verwirrung

David Elleray war die perfekte Wahl für die Leitung des Teams, das vom International Football Association Board (IFAB) mit der Überarbeitung der Fussball-Spielregeln beauftragt wurde, um diese präziser und kompakter zu gestalten. Schließlich hatte er mehr als ein Jahrzehnt lang als Schiedsrichter unzählige Partien in der höchsten englischen Spielklasse geleitet und sich dabei großen Respekt erworben, bis er 2003 von seinem Amt zurücktrat.

Elleray legte die Neufassung der Spielregeln bei der 130. Jährlichen Generalversammlung des IFAB in Cardiff vor wenigen Tagen vor. FIFA.com sprach mit dem früheren Lehrer über einige der Änderungen.

FIFA.com:** **Welche Auswirkungen wird die Neufassung der Fussball-Spielregeln haben?** David Elleray:** Die Neufassung der Spielregeln soll einen leichteren Zugang zu den Regeln ermöglichen, und zwar nicht nur für Schiedsrichter, sondern auch für Trainer, Spieler und alle, die sich für den Fussball interessieren. So soll ein besseres Verständnis der Spielregeln erreicht werden. Wir haben die Regeln auch auf einen aktuellen Stand gebracht, denn sie waren teilweise hinter der Entwicklung des modernen Fussballs zurückgeblieben. Die Regeln sind jetzt viel kompakter formuliert; es sind ca. 10.000 Wörter weggefallen. Trotzdem oder gerade deswegen sind sie jetzt viel klarer formuliert, damit jeder die Schiedsrichterentscheidungen besser nachvollziehen kann.

Wer war an der Überarbeitung beteiligt?** **Die Überarbeitung erfolgte unter Federführung der Technischen Unterkommission des IFAB, die den größten Teil der Arbeit geleistet hat. Ich war mit der Leitung des Teams beauftragt. In den vergangenen 18 Monaten hatten wir regelmäßig Beratungen mit dem Beratungsgremium für Fussball und dem Beratungsgremium für Technik des IFAB. Genau deren Unterstützung war es auch, insbesondere die des Fussball-Beratungsgremiums mit Spielern und Trainern, die ein paar etwas 'radikalere' Änderungen ermöglicht haben, so dass alles deutlich schneller ablief, als wir erwartet hatten.

Wie wichtig sind diese beiden Beratungsgremien?** **Sie haben es uns ermöglicht, die ganze Fussballwelt effektiv einzubeziehen. Die Überarbeitung der Spielregeln ging weiter und erfolgte schneller, als wir erwartet hatten, und zwar dank der enormen Unterstützung von Spielern und Trainern aus den verschiedenen Konföderationen. Das IFAB hat jetzt eine bessere Vorstellung von den unterschiedlichen Fussballkulturen. Ich denke, dies gibt uns mehr Sicherheit, dass sich unsere Empfehlungen für den Fussball tatsächlich positiv auswirken.

Welche Ziele wurden mit der Überarbeitung verfolgt?** **Das anfängliche Ziel bestand darin, die Regeln sprachlich intensiv zu überarbeiten und die Struktur zu verbessern, um einen besseren Zugang zu den Regeln zu ermöglichen. Je intensiver wir uns allerdings mit den Regeln befassten, desto mehr Widersprüchlichkeiten fanden wir, und auch Formulierungen, die zu viele gegensätzliche, aber dennoch gültige Auslegungen zuließen. Das war für die Schiedsrichter und auch für den Fussball als Ganzes nicht hilfreich. Wir haben sehr darauf geachtet, die Regeln fair zu gestalten und Fairplay zu fördern. Im Hinterkopf stand dabei stets die Frage: 'Was würde man im Fussball erwarten?' Wir sind überzeugt, dass wir die Regeln sehr viel stärker an dem ausgerichtet haben, was die Beteiligten in bestimmten Situationen erwarten würden.

Können Sie uns kurz die wichtigsten Änderungen der Regeln aufzählen? Die Änderungen in Bezug auf die 'Dreifachbestrafung' gehören in gewisser Weise dazu. Weiterhin kann ein Spieler, der bei einem mit Gelber oder Roter Karte geahndeten Foul verletzt wurde, jetzt kurz auf dem Spielfeld behandelt werden und muss das Feld dazu nicht mehr verlassen, denn dies erschien unfair. Kommt es zu einem Foul außerhalb des Spielfelds, wird das Spiel jetzt mit einem Freistoß und nicht mehr wie bisher mit einem Schiedsrichterball fortgesetzt. Zur Eindämmung von unfairem Verhalten bei Strafstößen gibt es jetzt stärkere Sanktionen bei bestimmten Fehlverhalten des Schützen. Egal, ob der Strafstoß verwandelt wurde oder nicht gibt es jetzt stets einen Freistoß. Wenn sich der Torhüter zu früh bewegt und der Schütze den Strafstoß nicht verwandelt, gibt es eine Wiederholung und außerdem eine Gelbe Karte für den Torhüter.

Welche Vorteile bietet die überarbeitete Version? Die Auslegung sollte jetzt weltweit sehr viel einheitlicher erfolgen, denn wir haben viel deutlicher gemacht, was in bestimmten Situationen geschehen soll. Dies sollte für weniger Kontroversen und Verwirrung sorgen. Ich bin sicher, dass mehr Menschen die Regeln besser verstehen, denn das Buch ist jetzt viel klarer formuliert. Wenn die Leute die Regeln verstehen, wird sich die Akzeptanz von Schiedsrichterentscheidungen verbessern, nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei den Spielern und Trainern. Außerdem sind die Spielregeln jetzt erstmals geschlechtsneutral formuliert. Das macht deutlich, dass die Spielregeln und auch der Fussball an sich nicht nur für Männer da sind.

Erleichtert die Überarbeitung spätere Ergänzungen oder Änderungen der Spielregeln? Ich denke schon. Früher waren im vorderen Teil des Buches die Regeln aufgeführt und im hinteren Teil die Auslegungen der Regeln. Oftmals lasen die Leute nur den vorderen Teil und nicht den hinteren. Dass jetzt jeweils alles zusammengeführt wurde, macht die Sache in Zukunft klarer und leichter.

Wo können Fans, Spieler und Trainer die überarbeitete Version der Regeln finden?** Im Mai starten wird die Website des IFAB (theifab.com**). Das gesamte Regelbuch und die einzelnen Regeln werden dann zum Abruf bereitgestellt. Nach und nach werden wir immer mehr Schulungsmaterial auf der Website sehen, in dem die Regeln mit Beispielvideos von Regelverstößen und dem Umgang damit erläutert werden.

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