Mittwoch 29 November 2017, 11:00

Puyol: "Ich will der Gesellschaft zurück geben, was der Fussball mir gegeben hat"

Der Name Carles Puyol ist untrennbar verbunden mit der Stadt Barcelona. Im zarten Alter von 17 Jahren kam der Verteidiger mit dem charakteristischen Wuschelkopf ins berühmte Jugendinternat La Masia. Von dort aus wurde er zur Klub-Legende. Seine gesamte Profi-Karriere verbrachte er bei Barça – und avancierte dort zum Titelsammler.

Wir treffen uns mit der FIFA-Legende zum Exklusivgespräch in der Stadt. Als wir ankommen, hat Puyol gerade einen fast zehn Kilometer langen Lauf über die belebte Carretera de les Aigües hinter sich, die sich durch die Hügel über Barcelona schlängelt. Diesen Pfad kennt Puyol wie seine Westentasche. Schon in seinen glorreichen Zeiten als Spieler legte er hier zusätzlich zum regulären Training seine Sonderschichten ein. Sein Wille, auch nach der aktiven Laufbahn mehr zu tun als nötig, zahlt sich jetzt aus.

"Ich will der Gesellschaft zurück geben, was der Fussball mir gegeben hat", erklärt Puyol ganz sachlich. "Denn dadurch bin ich der, der ich heute bin."

Diese Einstellung ist es auch, die Puyol zur zentralen Figur im Programm der FIFA-Legenden macht. Er gehört zu jener Gruppe ehemaliger Spitzenspieler und -spielerinnen, die sich im Namen der FIFA weltweit dafür einsetzen, den Fussball weiterzuentwickeln und Fairplay, Respekt, Gleichheit, Solidarität und Frieden zu fördern. Der Gewinner der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ verkörpert all das perfekt.

"Nicht jeder hat das Glück, erreichen zu können, was ich erreicht habe", so Puyol. "Es waren zweifellos meine Eltern mit ihrer Erziehung, die mich gelehrt haben, hart aber fair zu sein, und dabei gleichzeitig bescheiden hinsichtlich allem, was man erreicht hat."

Gefragt, was einen Spitzenspieler ausmacht, wiederholt Puyol das vielzitierte Barcelona-Mantra vom Rädchen in der gut geölten Maschine.

"Man muss immer alles geben, das ist eine Binsenwahrheit", mein Puyol. "Aber das allein genügt nicht. Man muss sich auch als Teil der Mannschaft sehen. Für Egoismus ist weder auf dem Spielfeld noch abseits davon Platz. Nur als Mannschaft kann man Großes erreichen. Jeder im Team muss alles geben und in der Form seines Lebens sein. Nur dann hat man überhaupt eine Chance."

Leben als FIFA-Legende Seine neue Rolle als Vorbild für junge Fussballerinnen und Fussballer auf aller Welt hat Puyol rasch angenommen. Wenn er spricht, hören andere zu.

Vor der FIFA U-17-Weltmeisterschaft reiste er unlängst nach Indien – und war von Fans umringt, kaum dass er angekommen war. Sie folgten ihm auf Schritt und Tritt in Scharen. Bald darauf gingen auch die Ticketverkäufe durch die Decke. Plötzlich hatte die U-17-Weltmeisterschaft einen viel höheren Stellenwert. Plötzlich war die Entwicklung des Fussballs in Indien ein großes Thema.

Doch nicht nur Indien profitierte von Puyol. Vor dem FIFA Konföderationen-Pokal reiste das katalanische Urgestein nach Russland, um Aufmerksamkeit auf das Volunteers-Programm zu lenken, den vielen Freiwilligen aus Russland und anderen Ländern öffentlich zu danken und ihnen damit die redlich verdiente Anerkennung zu zollen. Als Medien später spekulierten, der Rasen im neuen Krestowski-Stadion von Sankt Petersburg könne zum Eröffnungsspiel noch nicht fertig sein, reiste Puyol umgehend wieder nach Russland.

Dort betrat er persönlich den Rasen. Auf einer Pressekonferenz später am Tag stellte er klar, dass der Platz bereits bespielbar war. Nötigenfalls sei binnen 15 Minuten alles bereit. Schnell entzog er den Spekulationen damit allen Nährboden. Als FIFA-Präsident Gianni Infantino im Dezember 2016 nach dem tragischen Flugzeugabsturz der Mannschaft von Chapecoense in Kolombien zur Beisetzung nach Brasilien reiste, war Puyol mit dabei.

Etwas zurückgeben Während unseres Gesprächs winken Jung und Alt Barcelonas Sport-Idol vom Bürgersteig aus zu. Viele bitten auch um ein Selfie. Puyol kommt allen Anfragen ganz selbstverständlich lächelnd nach.

In den Augen der Menschen spiegelt sich dabei nicht nur die Freude über die unerwartete Begegnung mit einer lebenden Legende, sondern auch Dankbarkeit. Mit seinen Auftritten hat Puyol Leute glücklich gemacht. Das hat man ihm nicht vergessen. Geschätzt wird jedoch auch sein Einsatz für übergeordnete Ziele.

"Fussball ist letztlich Sache von Fussballern", sagt Puyol mit Blick auf das Programm der FIFA-Legenden. "Wir haben die Erfahrung, die wir gern an die FIFA weitergeben."

Wenn Carles Puyol, der alles gewonnen hat, was es im Fussball zu gewinnen gibt, seinem Sport auch nach seiner grandiosen Karriere noch einmal so viel gibt wie als aktiver Spieler, dann haben die FIFA-Legenden ein großartiges Beispiel, dem sie nacheifern können.