Montag 10 April 2017, 10:16

WM-Rekorde und ihre Hintergründe: Cafú

  • Der brasilianische Verteidiger spielte in drei WM-Endspielen - Rekord

  • Spitzname ‘Pendolino’ (Schnellzug)

  • Mit dem Titelgewinn 2002 stellte er einen neuen Rekord auf

Selbst mit Ende 30 jagte Cafú immer noch unermüdlich die Außenbahn hinauf und hinunter, was Sir Alex Ferguson zu dem bekannten Ausspruch verleitete, der Brasilianer müsse wohl "zwei Herzen" haben.

Cafú zeigte sich zwar dankbar für das Lob, konnte diese Theorie jedoch entkräften. Doch er verfügt über etwas anderes, das ihn einzigartig macht und worum ihn alle anderen Spieler beneiden. Es handelt sich um die Medaillen von drei FIFA WM-Endspielen, nämlich 1994, 1998 und 2002.

Der Spieler Cafús Beziehung zur Weltmeisterschaft begann indes schon lange vor dem ersten dieser drei Endspiele. Schließlich wurde er am 7. Juni 1970 geboren, dem Tag, an dem sich die brasilianische Seleção mit Pelé, Jairzinho und Co. auf dem Weg zum WM-Titelgewinn in Mexiko gegen den damaligen Titelverteidiger England durchsetzte. Die Hebamme hoffte inständig darauf, wenigstens das Ende der Partie noch sehen zu können – und tatsächlich erblickte der kleine Marcos Evangelista de Moraes, der später den Spitznamen Cafú bekam, kurz vor dem Schlusspfiff das Licht der Welt.

Dieses Baby sollte zu einem der besten Verteidiger aller Zeiten heranwachsen. Cafú ist mit 142 Einsätzen für die Seleção auch Brasiliens Rekord-Nationalspieler. Von seinen drei WM-Endspielen hat er zwei gewonnen, eines davon als Kapitän des Teams. Zudem führte er sein Land bei der Copa América zwei Mal und beim FIFA Konföderationen-Pokal ein Mal zum Titelgewinn.

Cafú genießt auch in Italien den Status einer Legende. Hier gewann er den Scudetto mit AS Rom und mit dem AC Mailand. Mit dem norditalienischen Klub holte er zudem den Titel in der UEFA Champions League und bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft. Mit seiner außerordentlichen Energie und Ausdauer glänzte Cafú in der Verteidigung ebenso wie im Angriff und beeindruckte damit die Zuschauer. Die Fans in Italien gaben ihm schon bald den anerkennenden Spitznamen 'Pendolino' (nach dem damals modernsten italienischen Schnellzug).

Der Rekord Mehrere Spieler hatten bereits lange vor Cafú zwei WM-Endspiele bestritten und viele davon (aus Italiens großartigen Mannschaften der 1930er Jahre und den brasilianischen Teams der Nachkriegszeit) hatten die Trophäe auch zwei Mal gewonnen.

Und dann war da natürlich noch der große Pelé. Er hatte vor Cafús Geburtsjahr 1970 bereits bei den WM-Auflagen 1958 und 1962 gespielt und jeweils den Titel gewonnen. Allerdings hatte er sich 1962 schon in der Gruppenphase verletzt und somit den Rest des Turniers und auch das Finale versäumt.

Dass er den wohl größten brasilianischen Fussballer aller Zeiten einst übertreffen würde, war wohl das letzte, woran Cafú dachte, als er am 17. Juli 1994 erstmals in einem WM-Finale zum Einsatz kam.

Der junge Verteidiger hatte mit dem FC São Paulo zwei Mal in Folge die Copa Libertadores und den Interkontinental-Pokal gewonnen und wurde nach dem Turnier in den USA zu Südamerikas Fussballer des Jahres gewählt. Doch im WM-Finale gegen Italien in der Rose Bowl stand er nicht in der Startaufstellung. Nach nur 21. Minuten musste Cafú allerdings den verletzten Jorginho ersetzen. Der neue Mann trug maßgeblich dazu bei, dass Brasilien ohne Gegentor blieb und die Südamerikaner sich im Elfmeterschießen gegen die Azzurri durchsetzen konnten.

Vier Jahre später erlebte Cafú (diesmal von Anfang an dabei) ein ganz anderes Endspiel. Die Brasilianer spielten ungeordnet und scheinbar auch demoralisiert und verloren klar mit 0:3 gegen Gastgeber Frankreich.

Doch Beste für Cafú sollte indes erst noch kommen: Am 30. Juni 2002, wenige Wochen nach seinem 32. Geburtstag, führte Cafú Brasilien in Yokohama zu einem denkwürdigen 2:0-Sieg gegen Deutschland und schrieb dabei ein Stück WM-Geschichte.

Er feierte seinen Rekord, indem er auf ein wackliges Rednerpult kletterte und seine Liebe für zwei seiner großen Leidenschaften zum Ausdruck brachte. Auf sein Trikot hatte er den Namen seines Heimatviertels in São Paulo gekritzelt. Zudem rief er laut eine Liebeserklärung an seine Frau aus, während er den Pokal zum zweiten Mal in seinem Leben in die Höhe stemmte: "Regina, eu te amo" (Regina, ich liebe Dich).

Die Erinnerungen "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass noch einmal jemand in drei WM-Finals spielt und empfinde es als Ehre, dass ich der einzige Fussballer bin, dem das gelang. In all den Jahren war kein anderer großer Fussballer bei drei WM-Endspielen dabei.

"Dass ich 1994 in den USA von der Bank kam, war kein Schreck für mich, denn ich war gut vorbereitet. Wenn man zu einer WM fährt, muss man jederzeit auf einen Einsatz vorbereitet sein. Ich bekam meine Chance im WM-Finale. Das war genau die Möglichkeit, die ich benötigte, um der ganzen Welt zu zeigen, was ich leisten konnte.

Das Elfmeterschießen war für uns nicht unbedingt aufregend. Wir hofften, dass es schnell vorbei sein und wir wissen würden, ob wir Champions sind oder nicht. Der Druck auf die fünf ersten Schützen war natürlich viel größer als bei uns, die wir nur zugeschaut haben.

1998 trafen wir dann leider auf eine bessere Mannschaft. Frankreich hat in dieser Partie sehr stark gespielt. Oft wird auch gesagt, dass Brasilien nicht gut gespielt hat, aber damit schmälert man die Leistung Frankreichs. Wir haben schlichtweg nicht gut genug gespielt, um die Franzosen zu besiegen.

Es ist sehr viel leichter, eine Gruppe von Spielern zu führen, die unbedingt den Erfolg will, als eine Gruppe, die an sich zweifelt oder gespalten ist. Das brasilianische Team von 2002 ließ sich sehr leicht führen, denn alle verfolgten das gleiche Ziel, nämlich Weltmeister zu werden. Bei einem solchen Zusammenhalt im Team hat man es als Kapitän sehr leicht, insbesondere wenn keine aufgeblasenen Egos dabei sind.

"Ich hatte nicht im Voraus geplant, '100% Jardim Irene' auf mein Trikot zu kritzeln oder Regina zu danken. Denn ich hätte mir das alles nie zuvor träumen lassen. Regina ist jetzt seit mehr als 30 Jahren mit mir zusammen. Ich denke, es war nur fair, dass ich ihr in diesem Moment für alles gedankt habe, was wir zusammen durchgestanden hatten. Was Jardim Irene angeht, das ist das Viertel, wo ich geboren wurde und aufwuchs und wo ich jetzt auch meine Stiftung habe. Ich wollte den Menschen dort beweisen, dass auch jemand aus diesem Armenviertel ohne echte Perspektiven ein großer Sportler und ein guter Mensch werden kann.

Es gibt nichts Schöneres, als Weltmeister zu werden und diesen Pokal in die Höhe zu stemmen. Das ist der Traum eines jeden Fussballers, und natürlich auch jedes brasilianischen Kapitäns. Der Gewinn der Weltmeisterschaft ist die höchste Auszeichnung im Fussball. Das ist der Gipfel. Mehr kann man nicht erreichen."