Mittwoch 09 März 2016, 13:14

Erst Lehrer, dann WM-Teilnehmer?

Wer hätte das gedacht? Vor zehn Jahren war Dennis López ein junger Lehrer aus Honduras, der sich bemühte, den nachfolgenden Generationen im Schulunterreicht etwas beizubringen. Heute hat er mit Klassenräumen nicht mehr viel zu tun, arbeitet jedoch nach wie vor auf eine bessere Zukunft hin. Er möchte sich mit Guatemala zum ersten Mal für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ qualifizieren.

El Profe (der Lehrer), wie er auch genannt wird, kam in Honduras zur Welt. Dort wuchs er auch auf und startete seine Spielerkarriere, wobei er versuchte, seine Lehrtätigkeit und den Fussball unter einen Hut zu bringen. 2009, nach sechs Monaten in der ersten honduranischen Liga, sollte ein Angebot des guatemaltekischen Klubs Deportivo Jalapa sein Leben jedoch verändern.

"Die Lehrtätigkeit war für mich aufgrund der Ausbildung, die meine Eltern mir ermöglicht hatten, eine berufliche Alternative", berichtet der 30-jährige Innenverteidiger im Exklusiv-Interview mit FIFA.com. "Ich habe diese Option genutzt, gleichzeitig aber immer von einer Profilaufbahn geträumt. Daher habe ich diese Chance wahrgenommen, und Gott sei Dank kann ich heute sagen, dass ich es geschafft habe", so der kräftige, 1,86 Meter große Verteidiger.

"Ganz allgemein glaube ich, dass ich es im Fussball aufgrund meiner pädagogischen Ausbildung leichter habe", fährt er fort. "Es fällt mir auf dem Spielfeld und abseits davon leichter, auf meine Teamkameraden einzugehen. Ich kann besser mit den unterschiedlichen Charakteren umgehen und verschiedene Situationen meistern. Einige Trainer haben mir gesagt, ich könne Konzepte so vermitteln, dass sie wirklich bei meinen Teamkameraden ankommen", so die Analyse des Spielers, der seit 2013 bei CSD Municipal unter Vertrag steht.

**Entscheidung für Guatemala

  • ***Der Innenverteidiger überquerte die Grenze ins benachbarte Guatemala und setzte sich dort mit guten Auftritten durch. 2014 bot man ihm dann an, für die guatemaltekische Nationalmannschaft zu spielen. "Ich habe einen Großteil meiner Karriere in Guatemala verbracht. Das Land hat in sportlicher Hinsicht viel für mich getan. Als man dann auf mich zukam und anfragte, ob ich dabei sein wollte, sah ich darin eine gute Möglichkeit, mich mit dem zu bedanken, was ich am besten kann, nämlich Fussball spielen", meint der Verteidiger mit ernster Stimme.

Ein Jahr später erlebte er dann den bewegendsten Augenblick im Nationaltrikot. Guatemala trat im Hin- und Rückspielmodus gegen Antigua und Barbuda an, und auf dem Spiel stand der Einzug in die Gruppenphase der Nord-, Mittelamerika- und Karibik-Qualifikation für Russland 2018. Im Hinspiel hatte das Team aus der Karibik sich mit 1:0 durchgesetzt, und die Guatemalteken mussten nun zu Hause mit zwei Toren Differenz gewinnen, um den Sprung in die nächste Runde zu schaffen.

Nach der ersten Halbzeit stand ein torloses Remis auf der Anzeigetafel. Im zweiten Durchgang erzielte Guatemalas Star Carlos El Pescadito Ruiz dann das 1:0, und die Zuschauer im Estadio Mateo Flores schöpften Hoffnung und gingen begeistert mit. Die Spannung stieg. Der Siegtreffer, ein Kopfballtor in der 75. Minute, war dann López vorbehalten.

"Ein Verteidiger ist immer glücklich, wenn kein Gegentor fällt oder das Team in der Defensive gute Arbeit leistet. Das Tor war eine Belohnung für die Mannschaft, für die Arbeit, die wir im Laufe der Woche geleistet hatten. Deshalb haben wir den Treffer auch so überschwänglich gefeiert und uns riesig darüber gefreut. Es ist nicht einfach, ein Tor zu erzielen, vor allem in der Qualifikation", sagt er noch immer sichtlich bewegt.

Weiter Geschichte schreiben** *Dank seines Treffers spielt Guatemala nun in Gruppe C der vierten Runde um einen von zwei Startplätzen für die abschließende Sechserrunde. Derzeit rangiert das Team mit drei Punkten aus zwei Spielen auf dem dritten Platz, mit nur einem Punkt Rückstand auf den Tabellenführer USA. In der nächsten Partie kommt es nun zum direkten Aufeinandertreffen mit den Stars and Stripes*. "Das ist eine sehr komplette Mannschaft, die hervorragende Spiele abgeliefert hat. Dieses Jahr haben sie in mehreren Freundschaftsspielen weiter an sich gearbeitet, doch wir sollten nicht so sehr über den Gegner nachdenken, sondern uns vielmehr auf das konzentrieren, was wir selbst leisten können."

Trainer Walter Claverí, der das Amt erst im Januar übernommen hat, wird hier seinen Einstand in der WM-Qualifikation geben. "Der Trainerstab hat ganz klare Vorstellungen davon, wie wir spielen sollen. Uns bleibt wenig Zeit, uns auf die Partie vorzubereiten, nur zwei oder drei Trainingseinheiten. Doch das Team ist recht aufnahmefähig, und in den Testspielen konnten wir uns durchsetzen."

Daher wollen sich die Chapines auch gegen eine solche Traditionsmannschaft der Region nicht unterkriegen lassen und ihren Weg fortsetzen. "Unsere Stärken sind der Zusammenhalt, die gute Ballbehandlung, unsere Einsatzbereitschaft und Entschlossenheit. Wir versuchen immer, den Ball so schnell wie möglich zurückzuerobern. Rechnerisch können wir noch weiterkommen, und solange das der Fall ist, werden wir weiter kämpfen", meint er.

Auf persönlicher Ebene hat Dennis López ein weiteres erklärtes Lebensziel: Nachdem er die Fussballschuhe an den Nagel gehängt hat, möchte er ins Klassenzimmer zurückkehren und wieder als Lehrer arbeiten. "Wenn ich wieder unterrichte, wäre es schön, sagen zu können, dass ich eine WM gespielt habe. In diesem Stadium der Qualifikation denke ich einfach immer wieder darüber nach. Und natürlich würde ich den Menschen in Guatemala gern eine Freude machen, die sich danach sehnen, die blau-weiße Flagge ihres Landes bei einer WM zu sehen", meint er abschließend.