Freitag 12 August 2016, 07:50

Appiah: "Ghana kann es ins Halbfinale schaffen"

Ghana wird nicht umsonst das Brasilien Afrikas genannt - alle Fussballfans kennen die Qualitäten der Black Stars.* *Seit den 70er-Jahren sind sie auf dem ganzen Kontinent für ihre technische Klasse bekannt. Wie für 19 andere Teams beginnt auch für die Ghanaer im letzten Drittel des Jahres die Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™. Ihre Gruppe hat es in sich: Die Gegner lauten Ägypten, Uganda und Kongo.

FIFA.com sprach mit dem ehemaligen Nationaltrainer Ghanas, Kwesi Appiah, über die Chancen auf eine erfolgreiche Qualifikation des Teams um Asamoah Gyan und über das Niveau der Konkurrenz. "Im modernen Fussball gibt es keine kleinen oder großen Mannschaften mehr", beginnt der Coach, der das ghanaische Team nach Brasilien 2014 führte. "Der Fussball in Afrika hat sich enorm entwickelt. Man muss vor allen Gegnern auf der Hut sein. Wenn sich Ghana qualifizieren will, wird es jedes Spiel sorgfältig vorbereiten müssen", warnt er.

"Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, so glorreich die Vergangenheit auch sein mag. Wir werden vor allem die Spielweise und die besten Akteure Ägyptens, Ugandas und Kongos sorgfältig studieren müssen. Wenn es uns gelingt, unser bestes Niveau zu erreichen, werden wir uns qualifizieren. Aber es wird kein Spaziergang", so der Coach.

Appiah gehörte zum Trainerstab, der mit Ghana das bis dahin beste Ergebnis seiner WM-Geschichte erzielte. In Südafrika 2010 stießen die Black Stars bis ins Viertelfinale vor, in dem sie Uruguay nur knapp nach Elfmeterschießen unterlagen.

"Der Schlüssel des Erfolgs war die Entscheidung von Cheftrainer Milovan Rajevac, die Nationalelf beim Afrika-Cup in Angola mit Spielern aus der U-20-Auswahl zu verstärken", sagt Appiah zu jenem Erfolg. "Im Jahr zuvor hatten die Junioren in Ägypten die Afrikameisterschaft ihrer Altersklasse gewonnen. Nach diesem Wettbewerb ist ihr Niveau enorm gestiegen, und wir haben die Mannschaft bis zur WM zusammengehalten. Sie waren jung und hörten auf unsere Ratschläge. Das Team war damals eine starke Einheit, was zu dieser exzellenten Turnierleistung beitrug."

Und er ergänzt: "Außerdem haben wir unsere Gegner aufmerksam studiert. Die gesammelten Informationen haben wir genutzt, um für jede Partie unsere Strategie festzulegen."

Der Traum vom Halbfinale**** Alle sind sich einig, dass Ghana in Südafrika 2010 dem Einzug ins Halbfinale zum Greifen nahe war. Vier Jahre später in Brasilien hingegen war schon im Viertelfinale kein afrikanisches Team mehr vertreten. Dennoch hegen die Ghanaer nach wie vor die gleiche Hoffnung, eines Tages die Runde der letzten Vier zu erreichen. Warum nicht in Russland 2018?

"Ich glaube, dass dies bei der nächsten WM in Russland möglich ist", sagt Appiah über diesen Traum. "Es hängt natürlich von den Planungen der afrikanischen Verbände für ihre Nationalmannschaften ab. Auch die externen Bedingungen, wie beispielsweise die Kontinuität eines Kaders, dürfen nicht vergessen werden. Der Gewinner der letzten WM, Deutschland, hat über mehrere Jahre hinweg das gleiche Team und den gleichen Trainerstab beibehalten. Wenn sich jemand verletzte oder bestimmte Akteure aus Altersgründen ausschieden, wurden ein oder zwei neue Spieler integriert. Es mangelt den afrikanischen Nationalmannschaften an den langfristigen Strategien, um die letzten Runden einer WM zu erreichen", kritisiert er.

"Ich glaube, dass Ghana über exzellente Spieler sowie ein eingespieltes Kollektiv verfügt", bekräftigt Appiah. "Wenn eine gute Vorbereitung gemacht wird, haben wir große Chancen, das Halbfinale zu erreichen. Es sind mindestens 23 Spieler vorhanden, die einen Platz in der Startelf für sich beanspruchen können und in den besten Klubs spielen. Bei Verletzungen sind alle Positionen doppelt besetzt. Keiner ist unersetzlich."

Zum Abschluss des Interviews möchte Kwesi Appiah den afrikanischen Mannschaften, die den Kontinent in Russland vertreten werden, eine Botschaft mit auf den Weg geben, damit sie so weit wie möglich kommen. "In Afrika machen wir im Gegensatz zu den großen Mannschaften keine Pläne für die nächsten vier oder acht Jahre. Vor jeder Teilnahme suchen wir die besten verfügbaren Spieler und vernachlässigen die Stabilität. Die Afrikaner müssen lernen, langfristig zu denken, denn wir verfügen über exzellente Spieler", rät er.

"Eine WM beschränkt sich nicht nur auf die drei Begegnungen der ersten Runde. Um das Halbfinale zu erreichen, müssen wir die Arbeit im Vorfeld leisten und unseren Nationalspielern eine Gewinnermentalität einimpfen."