Mittwoch 14 März 2018, 06:36

Lloyd: "Ich bin motivierter als je zuvor"

  • Weltmeisterin von 2015 blickt zurück auf ihre drei WM-Teilnahmen

  • Die Mittelfeldspielerin freut sich auf Frankreich 2019

  • "Frankreich 2019 wird spektakulär werden"

Carli Lloyd hat praktisch alles erreicht, was eine ehrgeizige Fussballerin erreichen kann. Sie hat die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ gewonnen, zwei olympische Goldmedaillen errungen und wurde zweimal zur besten Spielerin des Planeten gewählt.

Nachdem sie den USA auf heimischem Boden zum Titelgewinn beim SheBelieves Cup verholfen hat, bereitet sich Lloyd nun mit ihrem neuen Klub Sky Blue FC in ihrem Heimatstaat New Jersey auf die Saison 2018 der National Women's Soccer League (NWSL) vor.

Wir wollten wissen, wie hoch ihre Motivation an der Schwelle zu den letzten Karrierejahren noch ist. FIFA.com stellte ihr diese und viele weitere Fragen in einem Exklusiv-Interview.

FIFA.com: Wie würden Sie das Jahr 2017 aus Ihrer Sicht zusammenfassen? Carli Lloyd: Offenkundig war es ein ziemlich geschäftiges Jahr. Ich habe in mehreren Teams gespielt. Ich habe für Manchester City gespielt, eine tolle Organisation, ein toller Klub, bei dem einige der weltbesten Spielerinnen unter Vertrag stehen. Ich habe die Zeit dort wirklich sehr genossen und hatte die Chance, in der Champions League und im FA Cup anzutreten. Ich habe mich bei Manchester ausgesprochen wohl gefühlt und bin sehr dankbar für diese Chance.

Ich gehöre zu den Menschen, die immer etwas dazulernen möchten. Anschließend konnte ich diesen Rhythmus mit in meinen alten Klub Houston Dash nehmen und einen Beitrag dazu leisten, dass wir die Playoff-Plätze erreicht haben. Leider habe ich mir auch eine Verletzung zugezogen und freue mich jetzt auf ein spannendes Jahr 2018.

Sie sind jetzt 35 Jahre alt. Sind sie noch genauso begeistert bei der Sache wie zu Beginn Ihrer Karriere? Wie hat sich Ihre Fussball-Leidenschaft im Laufe der Jahre entwickelt? Ich glaube, im Fussball gilt man mit 35 schon als alt. Die meisten Leute gehen von der irrigen Annahme aus, dass es ab diesem Alter bergab geht. Für mich ist das Alter nur eine Zahl. Ich achte immer auf meinen Körper, auf dem Platz und abseits davon, und fühle mich dank meines strikten Trainingsplans so fit wie eh und je. Ich fühle mich sehr gut, älter, aber auch weiser. Außerdem glaube ich, dass man mit zunehmender Erfahrung auch cleverer wird. Ich persönlich bin motivierter als je zuvor, da es sehr viele Leute gibt, die mich für zu alt halten, um im Fussball noch etwas zu bewegen und an frühere Leistungen anzuknüpfen. Ich warte nur darauf, ihnen das Gegenteil zu beweisen.

Nächstes Jahr steht ein großes Turnier an. Sicherlich hoffen Sie darauf, bei der WM in Frankreich dabei zu sein? Natürlich. Frankreich 2019 wird spektakulär werden. Daran gibt es keinen Zweifel. Frankreich ist ein Fussball-Land, und die Franzosen sind stolz darauf. Die französische Frauen-Nationalmannschaft ist unglaublich. Das wird bestimmt ein fantastisches Turnier, bei dem wir uns erneut von den stetigen Verbesserungen und vom Wachstum des Frauenfussballs überzeugen können. Zunächst einmal müssen wir uns natürlich die Teilnahme sichern, wir müssen uns qualifizieren. Dieser Prozess steht jetzt an. Ich persönlich gehe das Schritt für Schritt an. Ich versuche, mich als Spielerin zu verbessern und meinem Team weiterhin in jeder nur erdenklichen Weise zu helfen. Es wird nicht leicht werden, den Titel zu verteidigen, aber ich glaube auf jeden Fall, dass unser Team der Herausforderung gewachsen ist.

Verraten Sie uns Ihre schönsten Erinnerungen an die WM-Turniere, an denen Sie teilgenommen haben? Beginnen wir mit China 2017. Das war mein erstes großes Turnier. Die Medien erwarteten damals von uns, dass wir als WM-Sieger nach Hause kommen. Doch aus irgendeinem Grund hat es nicht geklappt. Ich war jung und habe alles aufgesaugt. Das war eine fabelhafte Weltmeisterschaft, bei der wir uns leider mit der Bronzemedaille begnügen mussten. Ich glaube aber, dass sie eine gute Vorbereitung für das Olympische Fussballturner 2008 war, das wir dann gewonnen haben.

Deutschland 2011 Das war eine phänomenale Weltmeisterschaft. Jedes Mal, wenn wir auf die Straße gingen, sahen wir Fans und Hinweise auf die Frauen-WM. Es war wirklich erstaunlich. Einer der denkwürdigsten Augenblicke, die mir in den Sinn kommen, ist wohl unser Spiel gegen Brasilien, bei dem der Ausgleichstreffer erst in der Nachspielzeit fiel. Die Partie ging dann ins Elfmeterschießen. Das war ein atemberaubender Moment. Abby erzielte den Ausgleichstreffer. Leider konnten wir das Finale gegen Japan nicht gewinnen, aber meiner Meinung nach geschieht alles aus einem Grund. Das war ein ziemlich niederschmetternder Augenblick, aber ich glaube, es war gleichzeitig auch der Startschuss für eine neue Erfolgsära im Frauenfussball der USA.

Kanada 2015 Die USA hatten 1999 die WM gewonnen, und nach 16 Jahren mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen wollten wir wirklich etwas Großes schaffen. Wir haben versucht, diesen Meilenstein zu erreichen, und am Ende ist es uns gelungen. Was ich von der WM 2015 mitnehme, ist unser Weg zum Titelgewinn. Es begann weniger gut als erhofft, obwohl sich die richtigen Ergebnisse eingestellt haben. Wir haben versucht, einen Rhythmus zu finden und unsere Gegner abzuhängen.

Der 5:2-Sieg im Finale gegen Japan war ein fantastisches Erlebnis, denn wir haben das Spiel nicht nur gewonnen, sondern einen ausgesprochen überzeugenden Sieg eingefahren. Da so viele USA-Fans dort waren, haben wir uns in Kanada wie zu Hause gefühlt, und die Augen der ganzen Welt waren auf uns gerichtet. Es war das Spiel mit der größten Zuschauerzahl vor Ort und an den Fernsehgeräten. Das war ungeheuer gut für den Frauenfussball und für uns in den USA. Es war wunderbar, auf dem Podest zu stehen und die Trophäe entgegenzunehmen.

Und wie sieht es mit Ihren Erinnerungen an die WM 1999 in den USA aus? Ich weiß noch, dass ich mir mit meiner Schwester ein Spiel im Giants-Stadion in New Jersey angeschaut habe. Ich erinnere mich an die Spielerinnen, an die Fans – an die tolle Atmosphäre. Dieser Augenblick ist mir im Gedächtnis geblieben, denn an diesem Tag habe ich mir gesagt, dass es fantastisch wäre, für mein Land zu spielen. Damals habe ich nicht geahnt, dass dieser Traum eines Tages wahr werden würde. In einem solchen Moment glaubst du nicht, dass dieses Ziel tatsächlich greifbar ist. Es war einfach toll, das zu erleben – und jetzt ist es super, eine Tätigkeit ausüben zu können, die ich liebe.