Samstag 18 Juni 2016, 13:48

Martas historischer Treffer

Ein Elfmeterpunkt und die Republik Korea. Damit begann die Geschichte. Und damit endete sie zwölf Jahre später.

In unserem Rückblick auf die 25-jährige Geschichte der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ halten wir einen Moment inne, um einen Torrekord unter die Lupe zu nehmen.

Wir springen zurück zum 23. September 2003. In Washington erzielte eine unbekannte, zierliche Spielerin den ersten Treffer in der Partie Brasiliens gegen die Republik Korea vom Elfmeterpunkt aus. Die Partie endete mit einem 3:0-Sieg Brasiliens. Es war das erste Tor der Stürmerin in diesem Turnier. Und es war auch die erste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™, an der sie teilnahm. Sie war damals gerade einmal 17 Jahre alt und trug bereits das brasilianische Nationaltrikot.

Mit der Zeitmaschine bewegen wir uns in rasanter Fahrt zum 9. Juni 2015. Die Canarinha tritt erneut zum Auftaktspiel einer WM an, Gegner sind erneut die Koreanerinnen und die Schiedsrichterin pfeift einen Elfmeter. Dieselbe Spielerin schnappt sich den Ball. Jetzt ist sie Spielführerin. Sie hat Muskeln, Erfahrung und Sicherheit hinzugewonnen. Sie wurde fünf Mal zur FIFA-Weltfussballerin des Jahres gekürt. Ihre Linksschüsse sind noch immer unhaltbar. Sie vergibt keinen Elfmeter und versenkt auch diesen im Netz. Anschließend gibt es mehr zu feiern als drei Punkte. Sie hat nämlich gerade einen langjährigen Rekord gebrochen. Es ist ihr 15. Treffer bei einer Frauen-WM. Sie nimmt zum vierten Mal an diesem prestigeträchtigen Turnier teil.

Im Olympiastadion von Montreal, demselben, in dem die Rumänin Nadia Comaneci 39 Jahre zuvor als erste Turnerin in der Olympiageschichte die Note 10,0 am Stufenbarren erhalten hatte, erreicht mit der 29-jährigen Marta eine weitere Frau einen Meilenstein, der in die Geschichte eingeht. Mit der Rückennummer zehn. An diesem Tag bricht sie den vier Jahre zuvor aufgestellten Rekord von Birgit Prinz und avanciert zur Rekordtorschützin der Frauen-WM.

Martas Lieblingstore 15 Tore in 15 WM-Spielen. Fünf davon per Elfmeter. Drei Treffer erzielte sie 2003 in den USA, sieben 2007 in China (wo sie als beste Torschützin mit dem Goldenen Schuh von adidas ausgezeichnet wurde), vier 2011 in Deutschland und nur ein einziges 2015 in Kanada.

"Es ist schwierig, ein Tor auszuwählen, ich habe viele geschossen", meint eine gut aufgelegte Marta lachend im Gespräch mit der FIFA. "Ich glaube, ich würde mich für die beiden Treffer entscheiden, die ich im Halbfinale in China gegen die USA erzielt habe. Beim ersten habe ich die Abwehr vor dem Strafraum überwunden und flach geschossen. Die Torfrau hat sich zwar noch lang gemacht und den Ball berührt, aber er ist trotzdem rein gegangen", erklärt sie.

"Und dann war da noch das vierte Tor. Ich war noch weit vom Tor entfernt und hatte eine Abwehrspielerin im Rücken. Ich habe mir den Ball auf eine Seite gespielt, und bin zur anderen gelaufen, habe ihn mir zurückgeholt, zwei weitere Verteidigerinnen ausgespielt und dann geschossen – mit rechts!", beschreibt sie die Situation, als sei sie selbst überrascht, dass ihr diese Aktion mit dem weniger starken rechten Fuß gelungen ist.

Als dritten Treffer wählt Marta ein Tor gegen den gleichen Gegner aus. "2011 habe ich auch gegen die USA getroffen. Ich habe einen hohen Ball volley genommen. Es war das 2:1, aber am Ende haben wir im Elfmeterschießen verloren", meint sie mit einer resignierten Geste.

Die U.S.-Spielerin Carli Lloyd, FIFA-Weltfussballerin des Jahres 2015, die bei beiden von Marta erwähnten Begegnungen auf dem Platz stand, spart nicht mit Lob für die Brasilianerin. "Ich habe sie immer bewundert. Sie ist eine phänomenale Spielerin. Im Hinblick auf Technik, Ballbeherrschung und Präsenz ist sie die Beste der Welt. Ich freue mich sehr für sie, denn sie hat die Entwicklung dieser Sportart zweifellos vorangetrieben", erklärte sie im Exklusiv-Interview mit FIFA.com.

Auch Birgit Prinz, die die Fussballschuhe 2011 an den Nagel hängte, erkannte schon früh, wie brillant Marta ist: "Sie ist eine hervorragende Spielerin. Das habe ich bereits bei mehreren Gelegenheiten gesagt. Es ist fantastisch, was sie mit dem Ball anstellen kann. In dieser Geschwindigkeit macht ihr das keiner nach."

Die gesunde Rivalität zwischen Marta und Prinz ist eine lange Geschichte mit vielen Kapiteln. Marta hat Prinz nicht nur als Rekordtorjägerin abgelöst. Die Brasilianerin stieß sie 2006 auch als FIFA-Weltfussballerin vom Thron, nachdem Prinz diese Auszeichnung zuvor drei Mal in Folge zuteil geworden war. Allerdings würde Marta ihre fünf individuellen Auszeichnungen sicher liebend gern gegen die zwei WM-Titel eintauschen, die die Deutsche für sich verbuchen kann.

Und daher erinnert sie sich trotz all der WM-Tore, die sie erzielt hat, vor allem an eines, das sie nicht erzielen konnte: einen Elfmeter gegen Deutschland im Finale der WM 2007 in China, der dem Blatt möglicherweise die entscheidende Wende gegeben hätte. Wird sie 2019 in Frankreich Gelegenheit zur Revanche bekommen?

Ihre Meinung zählt Welches Tor ist für Sie das schönste, das Marta je bei einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ erzielt hat?