Donnerstag 24 Mai 2012, 15:50

Gesundheitskonferenz in Ungarn

Die Gesundheit im Fussball stand am 22. und 23. Mai 2012 in Budapest im Mittelpunkt der FIFA-Medizinkonferenz, zu der Delegierte aus den 208 FIFA-Mitgliedsverbänden in der ungarischen Hauptstadt zusammentrafen.

Die zweitägige Fachveranstaltung und Austauschplattform war die zweite ihrer Art nach der Auftaktkonferenz in Zürich 2009. Dieses Mal wurde das Treffen erstmalig zeitgleich mit dem jährlichen FIFA-Kongress durchgeführt. Die Experten der Fussball-Medizin hatten somit Gelegenheit, den Verantwortlichen der weltweit 208 Mitgliedsverbände auf eindrucksvolle Weise die Bedeutung effektiver medizinischer Versorgung nahezubringen.

Aufgrund der Anwesenheit zahlreicher hochrangiger Vertreter der FIFA-Mitgliedsverbände stand der zweite Tag der Konferenz, der in Budapests Kongresszentrum HungExpo stattfand, im Mittelpunkt des Interesses. Präsident Joseph S. Blatter begrüßte die Delegierten mit dem Aufruf, dass alle, die im Fussball involviert sind, für die Gesundheit der Fussballer zusammenarbeiten sollten.

Lasst uns für die Gesundheit unserer Spieler zusammenarbeiten. Nicht nur die Spieler, sondern auch ihre Familien sollen von unseren Programmen profitieren.

"Die Gesundheit ist ein wichtiger Aspekt. Aus diesem Grund haben wir sie auf die Tagesordnung des Kongresses gesetzt", sagte er. "Ich bin kein Medizin-Doktor, ich bin ein Entwicklungs-Leiter", ergänzte er, an seine frühen Tage bei der FIFA erinnernd. "Aber Entwicklung heißt Erziehung, und dass man sich um die Menschen kümmert, die man erzieht. Und Menschlichkeit bedeutet, sich um die Gesundheit unserer Spieler zu kümmern. Lasst uns für die Gesundheit unserer Spieler zusammenarbeiten. Nicht nur die Spieler, sondern auch ihre Familien sollen von unseren Programmen profitieren."

Der erste Punkt der Tagesordnung war der Anti-Doping-Kampf. Professor Jiri Dvorak, medizinischer Leiter der FIFA, präsentierte die Strategie der FIFA bei der Bekämpfung von illegalem Drogenkonsum, und Dr. Martial Saugy vom Anti-Doping-Labor in der Schweiz erklärte den innovativen Ansatz des "Biological Profiling". Anschließend sprach der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), David Howman, über die gemeinsamen Maßnahmen, die seine Institution und der Fussball-Weltverband ergriffen haben, und bestätigte, dass die FIFA dem WADA-Code entspricht.

Notfallmedizin im Fokus In den letzten drei Monaten hat es im Fussball sechs Fälle von plötzlichem Herzstillstand gegeben. Während Fabrice Muamba von den Bolton Wanderers dank der Schnelligkeit und effizienten Reaktion des medizinischen Stabs am Platz überlebte, verstarben die anderen fünf Akteure auf tragische Weise, unter ihnen der italienische Serie-B-Spieler Piermario Morosini.

Daher war die Notfallmedizin einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung, insbesondere das Vorgehen des medizinischen Personals bei der Ersten Hilfe im Falle eines plötzlichen Herzstillstands. Professor Efraim Kramer von der Witwersrand-Universität in Johannesburg rief dazu auf, alle medizinischen Mitarbeiter in fussballspezifischer Herz-Lungen-Reanimation und im Gebrauch von automatischen Defibrillatoren einzuweisen. Kramer sagte, dass ein plötzlicher Herztod bei Fussballspielen "nicht verhandelbar" sei.

Howard Webb, der FIFA-Schiedsrichter, der die Partie zwischen Tottenham Hotspur und Bolton Wanderers leitete, bei der Muamba einen Herzstillstand erlitt, Jonathan Tobin, der Teamarzt der Bolton Wanderers, sowie Craig Hulse, ein amerikanischer Spieler, der einen plötzlichen Herzstillstand vor drei Jahren überlebte, berichteten auf der Bühne von ihren Erfahrungen.

Die Bedeutung der Notfallmedizin wurde wohl am besten von Hulse auf den Punkt gebracht, der sagte: "Der Fussball ist das Leben für Hunderte von Millionen Menschen, doch ohne Leben gibt es keinen Fussball."

Vorbeugung ein wichtiger Faktor Im Beitrag von Mario Bizzini, Astrid Junge und Colin Fuller vom FIFA-Zentrum für medizinische Auswertung und Forschung (F-MARC) stand eher die Vorbeugung und nicht die Heilung im Mittelpunkt. Sie beschrieben, wie das FIFA-Programm "Football for Health" dabei helfen kann, Verletzungen vorzubeugen, damit die Spieler erst gar nicht auf der Krankenbahre landen. Anschließend empfingen Dr. Michel D’Hooghe und Professor Dvorak auf der Bühne die Vertreter der Länder, die vom Programm "11 für Gesundheit" profitiert haben, wie etwa der Präsident des malawischen Fussballverbands, Walter Nyamirandu.

Während der zweite Tag der Konferenz den Medizinern als Plattform diente, um hochrangige Vertreter des Fussballs auf einige der drängendsten medizinischen Fragen hinzuweisen, war der erste Tag in der Semmelweis-Universität ganz dem Wissensaustausch gewidmet. Mediziner aus über 200 Mitgliedsverbänden weltweit trafen für eine Diskussionsveranstaltung zu Gesundheitsthemen zusammen.

Dr. Bert Mandelbaum aus den USA, Mitglied der Medizinischen Kommission der FIFA, begann die Beitragsreihe mit einem Überblick über die neuesten Trends im Bereich Knorpelregeneration. Anschließend hob Dr. Thor-Einar Anderson aus Norwegen die Bedeutung der strikten Anwendung der Fussballregeln hervor. Studien in Norwegen zeigten, dass ein härteres Durchgreifen der Schiedsrichter die Anzahl von Kontaktverletzungen verringere.

Dr. Philippe Tscholl vom F-MARC rief die Mannschaftsärzte dazu auf, die Verschreibung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) zu überdenken und zu reduzieren, insbesondere wenn sich einfache Schmerzmittel als ebenso effektiv erwiesen haben. Nach dem Vortrag von Professor Kramer zum plötzlichen Herzstillstand wurden die morgendlichen Diskussionen von Dr. D'Hooghe abgerundet, der die Notwendigkeit einer besseren Kommunikation zwischen den Nationalmannschaftsärzten und ihren Kollegen bei den Klubs unterstrich.

Workshops zur Fussball-Medizin Nach dem Mittagessen teilten sich die Teilnehmer in vier Gruppen auf, um die Praxis-Workshops zu besuchen, die sich um die aktuellsten Themen der Fussballmedizin drehten.

Im ersten Workshop gewannen die Teilnehmer Einblicke in die Rolle der Echokardiografie bei medizinischen Tests im Vorfeld von Wettbewerben, den Gebrauch von EKGs bei der Vorbeugung von plötzlichen Herzstillständen sowie in das korrekte Verfahren für die Untersuchung des Bewegungsspielraums von Knien, Hüft- und Leistenregion von Fussballern.

Auch im zweiten und dritten Workshop wurde die Theorie des Vormittags durch Präsentationen der zuvor beschriebenen Methoden in der Praxis veranschaulicht. Professor Kramer ließ auf seine leidenschaftliche Forderung nach Defibrillatoren im Stadion eine fesselnde Präsentation folgen, wie medizinisches Personal im Falle eines plötzlichen Herzstillstand reagieren sollte und zeigte den Teilnehmern, wie eine fussballspezifische Herz-Lungen-Reanimation durchgeführt wird. Bizzini vom F-MARC ging mit der Unterstützung von zwei Sportassistenten mit den Teilnehmern die verschiedenen Übungen durch, die das FIFA-Programm "Die 11+" ausmachen.

Die medizinischen und rechtlichen Fallstricke beim Konsum verbotener Substanzen oder der Zuhilfenahme von verbotenen Methoden waren Thema des vierten Workshops. Gurchuran Singh, malaysisches Mitglied der Medizinischen Kommission der FIFA, präsentierte einen Überblick über die Anti-Doping-Aktivitäten der FIFA und die in den WADA-Bestimmungen ausgeführten Auflagen sowie das Doping-Kontrollverfahren, das vor und während eines Wettbewerbs befolgt werden muss.