Freitag 05 Januar 2018, 08:22

Cúper und Ägypten bleiben bescheiden

  • Ägypten nimmt zum dritten Mal an der FIFA-WM teil

  • Die vorherigen Teilnahmen waren 1934 und 1990 in Italien

  • Ägypten tritt in Gruppe A gegen Russland, Saudiarabien und Uruguay an

Héctor Cúper ist ausgesprochen zufrieden. Seine Worte, Gesten und der Elan, mit der er uns seine Ansichten mitteilt, belegen dies. Wie sollte es auch anders sein, denn schließlich hat er Geschichte geschrieben, als er sich mit Ägypten  nach 28 Jahren zum ersten Mal wieder für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ qualifizieren konnte.

Doch das ist noch nicht alles. Der erfahrene argentinische Trainer, der bereits Klubs vom Format Inter Mailands und des FC Valencia trainiert hat und zwei Titelgewinne in der UEFA Champions League für sich verbuchen kann, scheint sich auf der Trainerbank der Ägypter noch einmal neu erfunden zu haben. Cúper: "Hier fühle ich mich wieder wie ein Fussballtrainer."

Wir wollten wissen, welche Faktoren ausschlaggebend für seinen Erfolg in Nordafrika waren. Der Trainer nennt fünf Punkte, die seinem Team zur Qualifikation für Russland 2018 verholfen haben und dank derer er auch auf der Weltbühne eine gute Figur machen will.

Bescheidenheit an erster Stelle "Es macht mich sehr zufrieden, dass ich hier eine hervorragende Gruppe von Spielern angetroffen habe, die sehr bescheiden sind. Das ist heute im Fussball mit seinen vielen Stars und Berühmtheiten schwer zu finden. Die Spieler sind auch hier Stars, aber mit Charaktereigenschaften und Gewohnheiten, die mir ein gutes Gefühl gegeben haben. Ich fühle mich wirklich wie ein Fussballtrainer!

Wenn man jemanden von etwas zu überzeugen versucht, ist das oft schwierig, weil die Spieler gewisse Eigenheiten und Hierarchien haben. Hier haben jedoch Bescheidenheit und Disziplin die Oberhand behalten. Das hat uns den Erfolg gebracht. Diese Faktoren und die Tatsache, dass wir alle an einem Strang gezogen haben."

Stabile Defensive hat Vorrang "Nach unserer Ankunft ist uns zunächst aufgefallen, dass es dem Team an einer soliden Abwehr mangelte. Im modernen Fussball geht es immer darum, schön zu spielen, und das bedeutet, in Ballbesitz zu bleiben und den Ball stetig zirkulieren zu lassen. Doch darüber hinaus brauchen wir auch eine gute Abwehr, und dieser Aspekt hat dem Team seinen Charakter gegeben.

Ich wusste, dass wir mindestens einen Treffer erzielen würden, manchmal auch mehrere. Nun mussten wir versuchen, keine Tore zu kassieren, und das hat gut geklappt. Wenn es schief gegangen wäre, hätte man uns vielleicht als zu defensiv kritisiert und noch weitere Kritikpunkte gefunden." Doch die Realität sah anders aus. 28 Jahre war die letzte WM-Teilnahme schon her. Wir spielen vielleicht keinen brillanten Fussball, aber wir sind ein bescheidene, hart arbeitende und disziplinierte Truppe, die auf die kleinen Details achtet, die ein Fussballspiel entscheiden können."

Einer wie jeder andere Nach der Rolle des in Topform aufspielenden Mohamed Salah, der gerade zu Afrikas Fussballer des Jahres gewählt wurde, befragt entgegnete Cúper: "Das Beachtlichste an der Rolle von Mohamed Salah ist, dass er ein Spieler wie jeder andere war. Was das bedeutet? Das bedeutete viel. Er hat fast alle Tore erzielt, geackert und sich ins Zeug gelegt wie alle anderen. Er hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt. Er hatte keinerlei Privilegien. Das klingt vielleicht banal, aber es ist sehr wichtig.

Er ist ein enorm talentierter Spieler, aber dennoch bescheiden. Die Leute sagten: 'Die Nationalmannschaft, das ist Salah und zehn weitere Spieler.' Ich habe immer entgegnet: 'Das mag schon stimmen, denn er kann Spiele entscheiden, aber auch, weil er sich den anderen nicht überlegen fühlt.' Das ist bei allen angekommen, bei ihm selbst und bei seinen Teamkameraden. Es gab keinerlei Probleme mit dem Ego."

Trainer mit Bodenhaftung "Meine beste Erfahrung hier in Ägypten war, dass ich bescheidener geworden bin. Als Trainer legt man häufig einen gewissen Hochmut an den Tag und sagt den Spielern Dinge wie: 'Das ist so, ich mache das schon einige Jahre'. Hier habe ich mich als Teil des Teams gefühlt. Ich musste keine Befehle erteilen, sondern erklären und überzeugen – ohne laut zu werden.

Ich musste gewissermaßen von meinem Podest steigen und aufhören zu sagen: 'Ich habe schon dieses und jenes gemacht und erreicht.' Ich bin wieder zu einem einfachen Fussballtrainer geworden, der ein Ziel erreichen will und dazu größtmögliche Unterstützung leisten und maximales Verständnis aufbringen muss."

Eine Einheit mit den Fans "Die Leute sind glücklich, fast schon etwas übermotiviert. Im Augenblick sind sie überzeugt davon, dass wir die Gruppenphase überstehen werden. Kürzlich sprach mich jemand im Supermarkt an und sagte: 'Wir können die WM gewinnen.' Na ja, ist gibt keine Regel, die uns das verbieten würde, also werden wir es versuchen. Ich kann nicht sagen: 'Nein, das ist unmöglich.' Aber leicht wird es nicht werden. Wir müssen uns und den Fans bewusst machen, wer wir sind.

Wir werden gegen enorm starke Mannschaften antreten, und ich bin sicher, dass wir unsere Sache gut machen werden. Wir sind in einer tollen Gruppe gelandet und arbeiten an der Minimierung unserer Fehler. Bei der WM kann ein einziger Fehler dich schon das ganze Spiel kosten. Wir werden versuchen, unsere Fehlerquote ganz klein zu halten. Dann werden die Leute auch weiterhin zufrieden mit uns sein, denn wir bilden eine unglaubliche Einheit, die wir unbedingt erhalten wollen."