Donnerstag 04 Januar 2018, 13:22

Chilavert nimmt in Jeju das Tor ins Visier

  • Das Bild zeigt José Luis Chilavert bei einem Freistoß gegen Slowenien

  • Er war der erste Torhüter, der bei einer WM-Endrunde einen direkten Freistoß trat

  • Der legendäre Paraguayer erzielte in seiner Karriere mehr als 50 Tore

Dass Torhüter versuchen, Freistöße zu halten, ist nichts Ungewöhnliches. Dass sie sie auch schießen, kommt hingegen sehr viel seltener vor. Dieses Bild zeigt eine dieser außergewöhnlichen Situationen. Wir sehen José Luis Chilavert, der eben kein gewöhnlicher Torhüter war.

Der legendäre Paraguayer war einerseits ein herausragender Schlussmann, der es auf 74 Länderspiele brachte und bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Frankreich 1998™ dank seiner starken Leistungen zwischen den Pfosten ins Team des Turniers gewählt wurde. Wahrhaft außergewöhnlich machte ihn indes sein Können am anderen Ende des Spielfelds. Denn Chilaverts Freistöße und Elfmeter brachten ihm den Status einer Legende ein.

Der frühere Star von San Lorenzo und Velez Sarsfield beendete seine Karriere mit mehr als 50 Toren. Inspiriert wurde er von dem Peruaner Teofilo Cubillas, der bei der FIFA Fussball-WM 1978 mit dem Außenrist einen Treffer gegen Schottland erzielte. "Als ich dieses Tor sah", so Chilavert später, "da beschloss ich, dass auch ich Freistöße ausführen wollte."

Allerdings hatte Chilavert damals noch nicht geplant, Torhüter zu werden. "Am Anfang habe ich beim Kicken mit meinen Freunden in der Nachbarschaft meist als Stürmer gespielt, und ich war ziemlich gut", sagte er 2010 in einem Interview mit FIFA.com. "Aber irgendwann spielten wir mal 'Singles' gegen 'Verheiratete' und mein Bruder, der mich ein bisschen beschützen wollte, steckte mich kurzerhand ins Tor. Ich hab ein paar starke Paraden gezeigt und meine Sache ganz gut gemacht."

Der Rest ist Geschichte, wie es so schön heißt. Doch dass Chilavert zunächst als Feldspieler aktiv gewesen war, bereicherte sein Können enorm. "Oft wird einfach der schlechteste oder der pummeligste Spieler ins Tor gestellt, oder aber derjenige, der den Ball mitbringt", so Chilavert. "Für mich war es jedenfalls sehr hilfreich, dass ich früher als Stürmer gespielt hatte, denn ich konnte mit beiden Füßen ziemlich kraftvoll schießen.

Doch am Anfang konnten sich viele mit meiner Spielweise nicht anfreunden. Als ich 1988 bei Real Zaragoza erstmals mit dem Ball am Fuß nach vorn ging, flippten die Fans regelrecht aus und brüllten, ich solle sofort zurück ins Tor gehen. [Aber] wenn man als Torhüter einen guten Schuss hat, dann sollte man das nutzen. Später habe ich dann angefangen, sehr intensiv Freistöße und Elfmeter zu trainieren, bis man mir diese Aufgabe auch im Spiel übertrug."

Chilavert verwandelte in seiner Karriere zahlreiche Freistöße und Elfmeter für seine Klubs und seine Nationalmannschaft. Besonders denkwürdig ist ein Schuss aus der eigenen Hälfte im Spiel zwischen Velez Sarsfield gegen River Plate. Bei der WM gelang ihm zwar nie ein solcher Treffer, doch zumindest hat er es versucht.

1998 in Frankreich führte der Kapitän von Paraguay als erster Torhüter einen direkten Freistoß aus und zwang den bulgarischen Schlussmann zu einer Glanzparade. Das Bild zeigt ihn bei einem anderen sehenswerten Freistoß – dieses Mal bei der WM 2002 gegen Slowenien. Auch dabei musste der gegnerische Torhüter sein ganzes Können aufbieten, um ein Tor zu verhindern.

"Trainer sehen das gar nicht gern, sie denken, dass das Team dadurch in Gefahr gerät. Aber wenn ein Torhüter nun einmal besser bei Freistößen ist, als die Feldspieler, warum sollte man es dann nicht versuchen?", so Chilavert über seine Freistöße.

"Ich habe im Fussball so ziemlich alles gesehen und gemacht. Den größten Stolz empfinde ich allerdings, weil ich das Bild des Torhüters für alle Zeiten verändert habe. Früher galten wir oft als die Dummen, die nur vor dem eigenen Tor herumhingen und wenn wir einen Fehler machten, hagelte es Kritik. Aber das hat sich geändert. Wir haben gezeigt, dass wir weitaus mehr leisten können und sogar Spiele gewinnen können."

Hätten Sie's gewusst? Chilavert war der torgefährlichste Torwart aller Zeiten, bis er 2006 von dem legendären Rogerio Ceni von São Paulo übertroffen wurde.