Pressemitteilung

Fédération Internationale de Football Association

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Freitag 03 Juni 2016, 14:12

Anwälte der FIFA legen Zwischenbericht zu internen Ermittlungen und Einzelheiten zu den Vergütungen für ehemalige hochrangige Funktionäre vor

Die Anwälte von Quinn Emanuel, die die internen Ermittlungen zu möglichen Vergehen bei der FIFA durchführen, veröffentlichten heute Einzelheiten zu den Verträgen mit und den Vergütungen für eine kleine Gruppe ehemaliger FIFA-Funktionäre.

"Die Beweise scheinen das koordinierte Vorgehen von drei ehemaligen hochrangigen FIFA-Funktionären zu belegen, sich durch jährliche Gehaltserhöhungen, WM-Bonuszahlungen und andere Belohnungen allein in den letzten fünf Jahren um CHF 79 Millionen zu bereichern", erklärte Bill Burck, Partner bei Quinn Emanuel.

Die Vergütungen gingen an den ehemaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, den ehemaligen Generalsekretär Jérôme Valcke und den ehemaligen stellvertretenden FIFA-Generalsekretär Markus Kattner, der auch Finanzdirektor der FIFA war.

Die Ermittlungen haben Beweise für Verstöße gegen die Treuepflicht hervorgebracht und Fragen an der Rolle des FIFA-Vergütungsausschusses aufgeworfen.

Die ersten Ergebnisse zeigen klar, dass die Zahlungen und Verträge weitere und genauere Untersuchungen erfordern. Die FIFA hat diese Informationen an die Schweizer Bundesanwaltschaft weitergeleitet und wird auch das US-Justizministerium entsprechend informieren. Die FIFA bekennt sich damit klar zur Zusammenarbeit mit den Behörden und zu ihrer Nulltoleranzpolitik gegenüber jeglichen Verfehlungen. Die FIFA wird die betreffenden Verträge und Zahlungen auch der Ethikkommission zur Prüfung unterbreiten.

Quinn Emanuel nannte die folgenden Einzelheiten zur Untersuchung:

  • Am 23. Mai gab die FIFA die sofortige Beendigung des Vertrags mit dem damaligen stellvertretenden Generalsekretär Markus Kattner bekannt. Grund war dessen Verletzung der Treuepflicht gegenüber der FIFA aufgrund von Dokumenten und Beweisen, die während der internen Untersuchung gefunden worden waren.

  • Die Dokumente und Belege wecken auch ernsthafte Zweifel an der Art und Weise, wie einige heikle Vertragsänderungen zugunsten von Sepp Blatter, Markus Kattner und Jérôme Valcke bewilligt wurden. Folge der Änderungen waren massive Zahlungen in Höhe von mehreren zehn Millionen Dollar an die beiden ehemaligen FIFA-Funktionäre in Form von Gehalts- und Bonuszahlungen zwischen 2011 und 2015.

  • Die neuen Dokumente und Beweise scheinen insgesamt ein koordiniertes Vorgehen der drei ehemaligen FIFA-Funktionäre zu belegen, sich durch jährliche Gehaltserhöhungen, WM-Bonuszahlungen und widerrechtliche Abgangsentschädigungen zu bereichern.* *

Mehrere Vertragsänderungen zwecks weiterer Zahlungen

Aus dieser Grafik hier geht klar hervor, dass es für jeden Funktionär nicht nur einen Vertrag gab. Es gab mehrfach Vertragsänderungen, die oft in enger Abfolge bewilligt wurden.

Die verschiedenen Verträge wurden zudem oft am gleichen Tag mit Sepp Blatter, Jérôme Valcke und Markus Kattner abgeschlossen. Und vor allem waren die Daten sehr verdächtig. Einige Beispiele:

  • 30 April 2011:  Kurz vor der Präsidentenwahl Ende Mai 2011, als Sepp Blatter gegen Mohamed bin Hammam antrat und ungewiss war, ob Sepp Blatter wiedergewählt würde, wurden die Verträge sowohl mit Jérôme Valcke als auch mit Markus Kattner um 8,5 Jahre bis 2019 verlängert, verbunden mit einer großen Erhöhung ihrer Grundgehälter und Bonuszahlungen. Jérôme Valcke und Markus Kattner wurden auch großzügige Abgangsregelungen gewährt, die ihnen eine volle Zahlung – bis zu CHF 17,5 Millionen bzw. CHF 9,8 Millionen (siehe Tabelle hier) – zusicherte, sollte ihr Anstellungsverhältnis mit der FIFA beendet werden, was bei einer Nichtwahl von Sepp Blatter wahrscheinlich gewesen wäre.

Darüber hinaus enthielten die beiden Verträge zwei weitere Klauseln:

  • eine Beendigungsklausel, wonach Jérôme Valcke und Markus Kattner selbst bei einer begründeten Beendigung des Vertrags der volle Vertragswert ausgezahlt würde (bis zu einem Maximum von CHF 8,5 Millionen),

  • eine Haftungsklausel, die die FIFA verpflichtet, alle ihre Rechtskosten und damit verbundenen Geldstrafen und Entschädigungszahlungen zu übernehmen, selbst bei einer Verurteilung.

Die beiden Klauseln scheinen gegen zwingendes Schweizer Recht zu verstoßen.

  • 1. Dezember 2010:  Sepp Blatter, Jérôme Valcke und Markus Kattner erhalten für die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika Sonderbonuszahlungen von CHF 23 Millionen. Diese Zahlungen wurden rückwirkend – vier Monate nach Abschluss der Weltmeisterschaft – und offenbar ohne entsprechende vertragliche Grundlage gewährt.

Zusätzliche WM-Bonuszahlungen

Hinsichtlich weiterer Bonuszahlungen, die eindeutig mit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft verbunden sind, ist nennenswert, dass Jérôme Valcke und Markus Kattner im Oktober 2011 für die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien Bonuszahlungen von insgesamt CHF 14 Millionen zugesprochen erhielten. Im Juni 2014 wurde ihnen für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland ein Anspruch von insgesamt CHF 15,5 Millionen gewährt.

Bewilligungsverfahren

Auch wenn die Ermittlungen von Quinn Emanuel noch nicht abgeschlossen sind, ist bereits klar, dass vor 2013, als die FIFA einen Vergütungsausschuss bildete, die Personen, die die Verträge unterzeichneten, grundsätzlich auch diejenigen waren, die die Verträge bewilligten. Sie hatten die dafür erforderlichen Befugnisse und sagten einfach der Lohnbuchhaltung und der Personalabteilung, die bei der FIFA in der Regel für Arbeitsverträge zuständig ist und Markus Kattner unterstellt war, wem wie viel zu zahlen war.

2013 bildete die FIFA innerhalb der Audit- und Compliance-Kommission einen Vergütungsausschuss, der die Vergütung des Präsidenten, der Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, des Generalsekretärs und des stellvertretenden Generalsekretärs festlegt. Der Ausschuss wird vom Vorsitzenden der Audit- und Compliance-Kommission geleitet. Als weitere Mitglieder gehören ihm der Vorsitzende der Finanzkommission und ein unabhängiges Mitglied an.

2013 begann der Vergütungsausschuss mit der Prüfung von Verträgen und setzte sich für eine Senkung des Bonus und des Gehalts von Sepp Blatter ein. Die Vergütung von Jérôme Valcke und Markus Kattner tastete der Ausschuss allerdings nicht an. 2013 und 2014 bewilligte der Vergütungsausschuss stattdessen beträchtliche Zahlungen an Jérôme Valcke und Markus Kattner, die im Oktober 2011 für die Weltmeisterschaft in Brasilien vereinbart worden waren. Im Juni 2014 bewilligte er darüber hinaus ein Paket von WM-Bonuszahlungen an die beiden für Russland 2018 in Höhe von insgesamt CHF 15,5 Millionen.

Vertragsabschluss mit Markus Kattner nach US-Anklage

Am 27. Mai 2015 gab das US-Justizministerium weitreichende Anklagen gegen internationale Fussballfunktionäre bekannt und verhaftete im Hotel Baur-au-Lac in Zürich mehrere Personen. Zwei Tage später wurde Sepp Blatter als FIFA-Präsident wiedergewählt. Am 30. Mai tagte der Vergütungsausschuss und gewährte Markus Kattner eine zusätzliche Vertragsverlängerung um vier Jahre, womit sein Vertrag statt bis Ende 2019 bis Ende 2023 lief. Bei einer Entlassung hätte Markus Kattner damit Anspruch auf Gehalts- und Bonuszahlungen für über acht Jahre in Höhe von CHF 9 Millionen. Der Vertrag enthält zudem ebenfalls die besagten Beendigungs- und Haftungsklauseln. Der Abschluss eines Vertrags mit dem FIFA-Finanzdirektor (CFO) unmittelbar nach Bekanntgabe der Korruptions- und Betrugsvorwürfe des US-Justizministeriums gegen Fussballfunktionäre ist bemerkenswert.

Quinn Emanuel ist der Ansicht, dass die ersten Erkenntnisse weitere Untersuchungen zu diesen Verträgen und Zahlungen erfordern. Die FIFA hat diese Informationen an die Schweizer Bundesanwaltschaft weitergeleitet und wird auch das US-Justizministerium entsprechend informieren. Die FIFA bekennt sich damit zur Zusammenarbeit mit den Behörden. Die FIFA wird die betreffenden Verträge und Zahlungen auch der Ethikkommission zur Prüfung unterbreiten.

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